VENENUM
„Trance of Death“
(Death Metal)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 17.03.2017
Label: Sepulchral Voice
Webseite: Homepage
Heutzutage hat man als Rezensent eine unglaubliche Anzahl von Alben auf einem USB-Stick und weiß manchmal nicht, was man als nächstes antesten soll. So ging es mir und ich dachte, dass ich auf dem Weg zur Arbeit halt mal in dieses Album reinhöre. Death Metal steht auf meinem Speiseplan nicht ganz oben und dennoch wollte ich dem Album mal seinen Alibidurchlauf gönnen. Das Ende der Geschichte: ich kam zu spät zur Arbeit, weil ich noch im Auto sitzen blieb und zwei Songs hören musste, weil das bis dahin gehörte so unglaublich packend war.
VENENUM sind eine Mogelpackung! Der erste oberflächliche Eindruck ist, dass es sich um versierten Death Metal handelt, aber in Wirklichkeit hat die Band aus Bayern einen ganzen musikalischen Kosmos in 50 Minuten grandioser Musikalität eingefangen. Natürlich regiert überwiegend der Death Metal, der mich an die guten 1990er Jahre erinnert, in denen das Genre dank der Experimentierfreudigkeit einiger Bands seinen Höhepunkt hatte und ich denke, dass genau da von VENENUM angeknüpft wird. Referenzen aus dem Death Metal könnten MORBID ANGEL, DEATH oder auch NOCTURNUS sein, obwohl diese Referenzen lediglich als ganz grober Hinweis zu verstehen sein sollen, denn VENENUM sind so viel mehr… eine gewisse progressive Haltung ist ihnen nicht abzusprechen, denn die Songs sind allesamt so abwechslungsreich gestaltet, dass mir manchmal der Herz vor Wonne überläuft und das Hirn auf Autopilot schaltet. Trotz der Tatsache, dass man sich sehr viel Gedanken beim Songwriting gemacht zu haben scheint, ist es kein Kopfalbum per se, sondern alles wirkt so organisch, echt und authentisch, dass mir auch nach dem x-ten Durchlauf regelmäßig eine Gänsehaut über den Körper huscht. Mit welcher Leichtigkeit Breaks gesetzt werden und auch mal ein Klavier in den Sound integriert wird, beeindruckt mich ganz massiv.
Es gibt viele ähnliche Alben, wie dieses, aber keines wie „Trance of Death“. Die Mischung aus Herz und Hirn, Gefühl und Verstand, Perfektion und Chaos ist ganz selten so gelungen, wie auf diesem Album. Oder um es mit einem meiner Lieblingsaphorismen zu umschreiben: „Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein“, was der Band zweifellos gelingt.
Sind die ersten drei Songs plus Intro schon sehr gut, gibt es zum Schluss das dreiteilige „Trance of Death“ zu hören. Und da tanzen eure Synapsen den Todesblei-Tango. Alles, was ich bisher positiv hervorgehoben habe, zählt hier noch einmal im Quadrat.
Neben typischen Death Metal-Parts und einem unverschämten Groove schüttelt sich der Gitarrist Soli aus dem Ärmel, die Genregrenzen sprengen. Das gute an der Sache ist, dass man nie in Versuchung kommt zu sagen, dass es „ein Death Metal-Album ist, bei dem ein paar Metal-Soli auftauchen“. Nein; der Sound und die Musik der Band, ich wiederhole mich, ist so organisch, dass ein aufbröseln in einzelne Genreeinflüsse völlig sinnlos ist, weil dieses Album nur so existieren kann, wie es ist. Der Einsatz von Keyboards / Orgel etc. in dem progrockigen „Trance of Death Part II – Metanoia Journey“, welches mich gerne an AYREON erinnert, ist genial konzipiert und ebnet den Weg zum alles überragenden dritten Teil der „Trance of Death“-Trilogie namens „There are no other worlds“.
Die erste Hälfte ist geprägt vom Death Metal, aber die zweite Hälfte ist Kunst, welche über jeden Kategorisierungsversuch erhaben ist, weil sie in sich ruht und nicht besser hätte werden können. (chris)