REVIEW

LACRIMOSA „Revolution“ (Gothic)

LACRIMOSA

„Revolution“
(Gothic)

Wertung: Geht so

VÖ: 07.09.2012

Label: Hall Of Sermon

Webseite: www.lacrimosa.com

LACRIMOSA waren zu Beginn der 90er Jahre neben DAS ICH für mich die absolute Verkörperung des deutschsprachigen Gothic welcher auch „Neue Deutsche Todeskunst“ genannt wurde. Unvergessen intensiv werden immer Alben bleiben wie „Einsamkeit“ oder „Satura“ auch wenn diese heute nur noch schwer konsumierbar sind. Doch mehr und mehr wandelte sich der Musikstil des Tilo Wolff vom klassischen Pianospiel mit schwer leidender Stimme zum Bombast-Symphonic-Metal mit einer nur noch wenig ergreifenden Gesangsleistung und ebenso verflachenden Wortgewalt. Somit endete meine Interesse an der Schweizer Band zum Jahrtausendwechsel und nun nach 12 Jahren und vier Studioalben Pause, bin ich nun mit dem inzwischen 11. Studioalbum konfrontiert welches 22 Jahre nach dem ersten Demotape in die Läden kommt. Interessanter Job also!

Leider habe ich nur sechs der 10 neuen Stücke zur Bewertung zur Verfügung stehen. Allerdings kann ich mich allein am Titel des ersten Stücks anstoßen, denn ein Songtitel der da „Irgendein Arsch ist immer unterwegs“ heißt, wäre im lyrischen Wortschatz der 90er Jahre nicht denkbar gewesen. Aber die Zeiten ändern sich halt. Musikalisch hat der Stil der letzten Jahre allerdings weiterhin bestand. Kräftige Gitarren, welche neuerdings von niemand geringeren als KREATORs Mille Petrozza beigesteuert werden, und die kräftige orchestrale Begleitung sind wirklich perfektioniert. Ok, den „Besserwisser“-Text des Openers finde ich eigentlich aus früherer Sicht kaum würdig, gesanglich lässt es Tilo hier recht rau und voller Nachdruck angehen. Songs mit der weiblichen Stimme von Partnerin Anne Nurmi sind auch nicht mehr aus dem Bild von LACRIMOSA weg zu denken. „If The World Stood Still A Day“ kommt mit einer mystischen Grundstimmung und explodiert im Refrain fast zum Death Rock.  „This Is The Night“ und „Feuerzeug“ sind beides sehr energiegeladene Stücke wobei beim zweitgenannten der 70er Orgeleinsatz schon auffällig ist. Der 11 Minuten lange Song „Rote Sinfonie“ gefällt mir bei der zur Verfügung stehenden Auswahl an Stücken am besten, da dieser doch sehr an die epochalen Stücke der Vergangenheit erinnern. Ruhige Songphasen, explosive Zwischenstücke, orchestrale Soliparts und dazu eine stimmliche Ambivalenz, zeugen von einer nach wie vor vorhandenen Fähigkeit ein opulentes Opus zu komponieren. Der Titelsong besteht aus mächtigen Gitarren und einem bösen grimmigen Gesang und es wird zur Revolution aufgefordert.

Also ich weiß wieder warum ich dieser Band den Rücken gekehrt habe. Ist zwar alles wirklich gut komponiert und umgesetzt aber das, was mich einst an der Musik von LACRIMOSA fasziniert hatte, ist einfach nicht mehr da. Keine Feinfühligkeit, ein Seelenschmerz, keine Sensibilität und kein  Ausdruck  des Zweifels am eigenen Dasein. Also wo ist noch der Bezug zur Bedeutung des Bandnamens? War trotzdem mal wieder nett zu hören, LACRIMOSA Fan kann ich mich allerdings nicht mehr nennen. (michi)