EMPFEHLUNG, REVIEW

THANATEROS „Insomnia“ (Folk/Goth Rock)

THANATEROS

„Insomnia“
(Folk/Goth Rock)

Wertung: Sehr gut

VÖ: 27.09.2019

Label: Calygram Records

Webseite: Homepage / Facebook / Wikipedia

In den sogenannten 00er Jahren veröffentlichte die Band um Mastermind und einziger Konstante Ben Richter vier Alben und eine Single. Neben reichlich Live Auftritten (Festivals, Konzerte mit IN EXTREMO, UMBRA ET IMAGO oder FIELDS OF THE NEPHILIM ) gelang es THANATEROS auch, die einschlägigen Gazetten mit ihrer Verschmelzung von Celtic Folk und Goth Rock zu überzeugen und sich eine größere Fangemeinde aufzubauen. Mit dem aktuellen Werk gibt es nun einen Neustart und zum zweiten Mal (bereits zwischen „Into the Otherworld“/ 2005 und „Liber Lux“/ 2009 gab es einen Komplettwechsel) hat Ben seine ganze Mannschaft ausgetauscht. Mit den neuen Mitstreitern Marcus Hotz (Drums), Chrys Ryll (Bass), Chris Lang (Gitarre/ u.a Phosphor) und Christof Uhlmann (Violine/ u.a. Zwielicht) hat sich die Band neu formiert und auch der Gesamtsound wurde etwas runderneuert, so sind die traditionellen Instrumente aus dem Irish-Folk nur noch akzentuiert und selten erkennbar, allerdings ist die typische, perfekt in den treibenden Klangspektren integrierte Violine erhalten geblieben. Zudem kommt das Werk wesentlich düsterer daher.

Das tiefdüstere Intro „everything starts…“ mit flüsterndem Erzählgesang geht schnörkellos ins treibende „Wait form me“ über. Während in den Strophen die Rhythmusfraktion etwas zurückhaltender agiert, lässt sie es im Refrain so richtig krachen und liefert einen durchdringen Wall of Sound. Bens Vocals besitzen neben dem dunklen Klang auch das nötige Quentchen Rauheit, womit dem Gesamtgebilde eine Verschmelzung von Gefühl und Härte gelingt.

Die aktuelle Videosingleauskopplung „The Lost King“ ist eine Spur härter inszeniert und besitzt erneut eine Hookline mit latenter Ohrwurmgarantie. Wie bereits auf den früheren Alben, versucht man den Songaufbau (Intro, Strophe, Refrain, Laut/Leise Spiel) sehr facettenreich darzubieten. Dabei zeigt sich die Violine immer als hilfreiches Stilmittel. Der Text ist gespickt mit hoffnungslosen „Anekdoten“ über das Vergehen.

Das folgende, mit der gleichen gothrockigen Vehemenz dargebotene „Ctulhu rising“ dürfte auf der Kurzgeschichte „Ctulhus Ruf“ von H.P. Lovecraft fußen. Nachdem mit dem Zwischenspiel „that is not dead“ ein schleppender metallischer Moloch mit Screams den Fluss kurz unterbricht, folgt das ruhig und getragen inszenierte „Black Tide“. Besonders gelungen sind hier die rauen Vocals, welche dem melancholischen Treiben einen gelungenen Kontrapunkt entgegensetzen. Musikalisch eine balladeske und in Harmonie getränkte Umarmung zwischen sphärischem Dark Wave und einer tränenreichen Violine.

„Graken“ ist inspiriert vom ersten Teil der Graken Triologie von Andreas Brandhorst („Feuervögel“). Musikalisch zieht man das Tempo wieder an. Das wütend herausgeschriene „welcome to the dream“ zu Beginn wird uns gleich noch mal begegnen.

Mit dem vertonten Aphorismus „welcome to the dream…“ gibt es erneut einen kurzen Zwischentrack, bevor sich das durchdringende „from the Pain“ langsam entblättert. Dieser Song dürfte am ehesten mit Früher verglichen werden. Auch weil er dieses schwelgerische Element der Melodie beherbergt und trotzdem dieses ästhetisch durchdringende Klangspektrum des Dark Waves in die Manege wirft.

Die letzten beiden Songs, „when worlds collide“ und „Wärmetod“ (übrigens ist nur der Titel in Deutsch), sind schwermütige Dystopien. Es könnte THANATEROS verschachtelte Erzählung zum Klimawandel oder einfach die Beschreibung dessen sein, was uns (bzw. unserem Planeten) in rund fünf Milliarden Jahren blüht, wenn im Zentrum der Sonne aller Wasserstoff verbraucht ist. Im Endeffekt sind es bildhafte Metaphern für so manches Traumerleben, bzw. Beschreibungen für das Wechselspiel zwischen Traumwelt und seinen verschiedenen Antonymem, wobei sich immer ein wandern zwischen den Welten ergeben kann.

Vom Arrangement her ist vor allem „Wärmetod“ wunderschön gestaltet und glänzt mit einer hymnenhaften Hookline und breitet die Melancholie über sphärische Flächen aus. „Everything ends…“ beendet nicht nur das Werk, sondern umrahmt es zusammen mit „Everything starts…“ perfekt.

Fazit: Auch wenn sich der Sound (etwas) geändert hat, brauchen „alte“ Fans keine Angst zu haben und können bedenkenlos zugreifen. Aufgrund der atmosphärischen Dichte, der innewohnenden Düsternis und der Verschmelzung von Melancholie und treibenden Dark Rock Klängen in Verbindung mit wavig verspielten Arrangements, gelingt THANATEROS ein Comeback, welches durchaus in der Tradition des deutschen Goth Rocks und Bands wie Pink Turns Blue, Love Like Blood oder Dreadful Shadows steht. Textlich gibt es einen roten Faden, der sich mit den Irrungen und Wirrungen des Schlafes, der Schlaflosigkeit und des Traums beschäftigt. Stellt euch vor, Sigmund Freud wäre ein Science Ficton Autor gewesen, würde nicht überall Phallussymbole sehen und sinniert mit Nietzsche über die Horrorliteratur des 19. Jahrhunderts. (andreas)