REVIEW

GHOST TWIN „Love Songs For End Times“ (Industrial Synth Pop/Gothic)

GHOST TWIN

„Love Songs For End Times“
(Industrial Synth Pop/Gothic)

Wertung: Gut+

VÖ: 04.06.2021

Label: Artoffact / Cargo

Webseite: Homepage / Bandcamp / Facebook

GHOST TWIN sind ein dunkles Synthpop-Duo aus Winnipeg, Kanada, das energische Synthesizer, heftig pulsierende Bässe, verträumte Gitarren und eine eindringliche Vokaldichotomie kombiniert, bei der Barock auf Industrial trifft, mit Live-Video-Percussion, die das Kopfkino durch eine Cut-Up-Technik mit okkulter Ästhetik speist. So mal die galante Beschreibung, welche die Plattenfirma als Empfehlungsarie zusendete.

Lassen wir mal die überbordende, vor markanten Schlagwörtern strotzende Einleitung außer acht (auch wenn sie gar nicht so falsch ist), haben wir es hier mit einem betörenden Electro-Wave Album, dessen lakonischer Liebreiz durch den wunderschönen, ergreifenden Gesang von Karen entsteht. Aber auch ihr Mann Jaimz Asmundson weiß in passenden Momenten zu überzeugen, so klingt das wabernde, dennoch erhabene „Death note“ im Refrain wie eine elektronische Variante von Dead can Dance‚ „Severance“, während der Gesamteindruck ein wenig an Kalinkaland Bands wie Chandeen erinnert. Angesichts der fein verwobenen Melodielinien (teils mit dem wundervollen Staub der 80iger dekoriert) in Verbindung mit dem gefühlvollen Timbre sollten auch Fans von Invisible Limits zugreifen. Der Opener „Strobe Light“ lanciert eine verstörende, dennoch harmonische Elektronik. Die innewohnende Kühle wird in bester Cold Wave Manier in die Gehörgänge getröpfelt. Der Untergrund ist flächig mit einer sphärischen Note versehen. Die Einleitung von „Blue Sunshine“ könnte Kubricks „2001“ einleiten, bevor man hier die Pop-Maschinerie anwirft und einen Ohrwurm zelebriert, der zudem angesichts des Gesangs etwas fragiles besitzt. „Pet Ceremony“ agiert sehr verträumt, die exzessiven, fast Industrial-artigen Flächen besitzen diese Eleganz, wie man es sonst nur Bands der 80er kennt. Die analoge Vehemenz weicht der Moderne, ohne die Vergangenheit zu negieren. Das ungezügelte „Become Control“ liefert zu Beginn eine krachige Geräuschkulisse, wie man sie sonst eher von Formel1-Rennen kennt. Danach stampfende Beats, ein unterschwellig etwas aggressiverer männlicher Gesang, dazwischen immer wieder instrumentale, fast cineastische Einsprengsel. Etwas ruhigere Industrial-Töne lässt man beim folgenden „Illuminati“ agieren, wobei das Gesamtgefüge dann doch etwas treibender inszeniert wird. Im folgenden „give me more“ gibt es wieder die geballte Ladung Synth-Pop mit geschickt gesetzter Ruhepause. Zum Ende gibt es mit dem sehr ruhigen „Good Intentions“ einen romantischen Ausklang.

Fazit: Ein im Gesamtbild gelungenes Werk, welches phasenweise gar die Einleitung übertrifft. Tanzbar im Mark, dennoch mit dem melancholischen Klang düsterer Eleganz behaftet. Gesanglich und songwriterisch auf hohem Niveau, wobei das Duo trotz verschiedenster Extravaganzen ihr Hauptaugenmerk auf die Eingängigkeit legt. (andreas)