EMPFEHLUNG, REVIEW

FILM „Tucker & Dale Vs. Evil“ (Horror)

Originaltitel: Tucker & Dale vs Evil

Herstellungsland: Kanada

Erscheinungsjahr: 2009

Regie: Eli Craig

Wertung: Empfehlung!

Darsteller:  
Katrina Bowden, Alan Tudyk
Chelan Simmons, Tyler Labine
Brandon Jay McLaren, Christie Laing
Jesse Moss, Sasha Craig
Alex Arsenault, Philip Granger
Travis Nelson, Tye Evans

Der gute alte Backwoodhorror, ein immer wieder gern gesehenes Genre, das genau wie das Zombie- oder Slasher-Subgenre bestimmten Regeln und Mechanismen unterliegt, die in jedem neuen Beitrag neu zusammengemixt werden, ohne dem ganzen tatsächlich eine neue Note abgewinnen zu können. Denn seien wir mal ganz ehrlich, seit Tobe Hoopers Genre Klassiker „The Texas Chainsaw Massacre“ hat sich dieses Subgenre kaum weiterentwickelt. Abseits der immer expliziteren Gewalt- und Perversionsszenarien modernerer Beiträge zu diesem Thema mal abgesehen, folgen auch diese dem immer gleichen Pfad. Seien es nun „Wrong Turn“, „Wolf Creek“, „Storm Warning“, „Plague Town“, „Timber Falls“, „Das Haus der 1000 Leichen“, „Frontiers“  oder die jeweiligen Neuauflagen von „The Hills Have Eyes“ oder eben „The Texas Chainsaw Massacre“ samt Fortsetzungen, inhaltlich sind es lediglich Variationen des immer gleichen Themas: Eine Gruppe von Stadtmenschen gerät im Hinterländle an degenerierte, vorzugsweise inzestuöse Hinterwäldlerpsychopatensippen, die meistens aus Nahrungs- oder Fortpflanzungsgründen oder einfach aus perverser Freude am Töten und Quälen, Jagd auf die potentiellen Opfer machen.

Umso erfreulicher ist es, dass „Tucker & Dale Vs. Evil“ dieses festgefahrene Konzept auf äußerst humorvolle Art und Weise aufbohrt, in dem der Film Täter- und Opfer-Verhältnisse kurzerhand auf den Kopf stellt. Dabei beginnt auch dieser Film nach bewährtem Muster, in dem eine Truppe Klischee-College-Kids in die Wildnis zum Campen fährt und an einer Tankstelle (der obligatorische Tankstellen-Stop darf in keinem guten Backwood-Horrorfilm fehlen!!!) Bekanntschaft mit zwei überaus merkwürdigen, ungepflegten Hinterwäldlern machen. Als einer der beiden auch noch mit einer Sense bewaffnet auf die Gruppe zumarschiert und psychopatisch lachend nach dem Grund ihres Aufenthaltes fragt, ist die Sache für die anscheinend Horror-Film geschulten College Kids ganz klar: diese Typen sind gefährlich und so verlässt die Truppe fluchtartig die Tankstelle.

Dabei meinte es der schüchterne Dale, der mit seinem besten Kumpel Tucker ebenfalls ein Wochenendtrip in der Wildnis unternimmt, überhaupt nicht böse. Denn die kauzigen Hinterwäldler sind einfach nur etwas unerfahren im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht und besonders der introvertierte Dale hat große Probleme mit seinem Selbstbewusstsein. Als die beiden dann auch noch Allison, eine Freundin der College-Kids nach einem Unfall aus dem Wasser zerren und diese mit in ihre Hütte nehmen, um sie zu versorgen, gehen die College Kids von einer Entführung oder gar Schlimmerem aus und blasen zum Großangriff auf die beiden sympathischen Trottel.

Was nun folgt, ist ein äußerst amüsantes Scharmützel, das gekonnt mit den Genrekonventionen spielt und Szenenweise zu einer genialen Parodie auf dieses Subgenre mutiert. Gerade die erste Filmhälfte schäumt geradezu über vor skurrilen Einfällen und haarsträubenden Szenarien. So gehören die unbeabsichtigte Kettensägen-Attacke von Tucker, der mit selbiger versehentlich in ein Wespennest sägt und dann wild Kettensägen schwingend durch die Botanik auf die College-Kids zu rennt, was diese natürlich als Angriff interpretieren, ganz klar zu den Highlights in Sachen Horror-Komödie. Die „Gegen- Attacken“ der aggressiv agierenden College-Kids auf die beiden harmlosen Hillbillies, gestalten sich als so bescheuert, dass sich die vermeintliche Opfergruppe gnadenlos selbst dezimiert, so dass Tucker und Dale bald davon ausgehen müssen, es ihrerseits ebenfalls mit psychopatischen Teenagern zu tun zu haben, die im Wald Massensuizid begehen wollen. Und so bietet der Film ein herrliches Szenario, in dem der Zuschauer seiner Schadenfreude freien Lauf lassen kann und ungeniert dabei zusehen kann, wie ein Opfer nach dem anderen in sein selbstverschuldetes Verderben rennt.

Leider schafft es der Film nicht ganz, dass Tempo und die Kreativität der ersten Filmhälfte permanent aufrecht zu erhalten. Dale’s wiederentdecktes Selbstbewusstsein und sein Techtelmechtel mit Allison wirken zwischendurch etwas zäh und nehmen immer wieder das Tempo aus dem Geschehen. Und im letzten Drittel hat man schon fast das Gefühl, dass die Macher ihr ganzes Pulver schon verschossen haben, denn das lustvolle, humoristische Aufbohren der Genremechanismen weicht immer mehr einem eher konventionellen Ablauf, der zwar trotzdem unterhalten kann, den witzigen Esprit der ersten Filmhälfte jedoch etwas vermissen lässt. Das ganze läuft dann auf einen eher mäßigen Showdown hinaus, der zwar immer noch den Trumpf der verschobenen Täter/ Opfer- Konstellation gekonnt ausspielt, aber darüber hinaus wenig Neues bzw. keine Steigerung mehr bieten kann.  Und so wird die Erwartungshaltung, die sich nach der ersten Hälfte aufgebaut hat, doch etwas enttäuscht.

Aber, ganz ehrlich, dass ist nur meckern auf hohem Niveau, denn „Tucker & Dale Vs. Evil“ ist trotzdem noch sympathisch genug, um bei eingefleischten Horrorfans punkten zu können. Man merkt in jeder Szene, dass hier Leute am Werk waren, die dieses Subgenre mit all seinen Stärken und Schwächen, wie aus dem FF kennen, verstehen und lieben. Des Weiteren werden hier zwei sympathische Anti- Helden präsentiert, die jeder Fan gleich in sein Herz schließt. Insgesamt ist „Tucker & Dale Vs. Evil“ also eine gelungene Hommage mit gelegentlichen parodistischen Spitzen an ein Genre, dass wir alle aufgrund seiner Simplizität so schätzen. Des Weitern prognostiziere ich dem Film einen garantierten „Mehrseher- Bonus“, denn es lohnt sich in diesem liebenswerten Sammelsurium an Backwoodhorror-Klischees auf muntere Zitatenjagd zu gehen. Ein Bonus, der vor allem für die Kenner des Genres und Liebhaber der großen Klassiker zutrifft. Insgesamt ist „Tucker & Dale Vs. Evil“ also mehr als nur einmal sehenswert… ! (sebastian).