FEINE SAHNE FISCHFILET
„Scheitern & Verstehen“
(Punk)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 09.11.2012
Label: Audiolith
Webseite: www.feinesahnefischfilet.de
Der Name FEINE SAHNE FISCHFILET klingt einigermaßen skurril. Als ich den Namen das erste Mal hörte, war einer meiner ersten Gedanken: Ist das womöglich ein neues Musikprojekt von Helge Schneider? Doch weit gefehlt! Vielmehr handelt es sich um eine Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern, die absolut empfehlenswerte Rockmusik spielt. Gelegentlich geht es auf der Scheibe etwas rauer zur Sache, extreme Brachialgewalt wird man aber vergeblich suchen. Dafür gibt es gut strukturierte Songs zu hören, die sehr rhythmisch und sehr melodisch sind. An eingängigen Refrains herrscht kein Mangel. Charakteristisch für die Truppe ist der Einsatz von zwei Trompeten, wodurch der Sound ein gehöriges Maß an Pepp erhält. Sänger „Monchi“ agiert in der Regel in einer mittleren Tonlage. Zumeist singt er sonor, die Grenze zum Brüllen wird nur selten überschritten. Gelegentlich kommt ein zweiter Sänger zum Einsatz. Außerdem sorgt es für Abwechslung, dass bei einem Lied („3 ½ Meter Lichtgestalt“) vor allem eine Frau den Gesang übernimmt.
Die deutschen Texte (nur ein Lied ist in englischer Sprache) behandeln oft politische Themen. Beispielsweise wird die Abschiebung von Flüchtlingen durch den deutschen Staat kritisiert. Zudem rechnet man in bester Punktradition mit Nazis und Rassismus ab. Im Gegenzug wird die antifaschistische Solidarität beschworen (vor allem bei den Tracks „Stumpfe Parolen“ und „Riot In My Heart“). Das Engagement von FSF gegen rechtsextreme Strukturen wirkt besonders nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die Band aus einem Bundesland stammt, in dem die NPD im Landtag sitzt. Bei der Beschäftigung mit den unpolitischen Dingen dieser Welt geht es um Liebe, Freundschaft, Partys, Alkoholexzesse, Lebenskrisen und einiges mehr. Bei einer Punkband versteht es sich ja fast von selbst, dass die Themen mit einer gewissen Hemdsärmlichkeit angepackt werden. Aber erfreulicherweise wird die Grenze des guten Geschmacks dabei von FSF nur selten überschritten. Generell versteht es die Gruppe sehr gut, die Abgründe des menschlichen Daseins zu beleuchten. Doch auch die schönen Seiten des Lebens werden immer wieder gekonnt in Szene gesetzt.
Alle Songs der Scheibe sind hörenswert. Eine Auswahl der vielen Highlights: Das Lied „In unseren Augen“ ruft die Morde der Zwickauer Terrorzelle NSU auf sehr eindringliche Weise in Erinnerung. Besonders die raue musikalische Dynamik des Refrains zollt der erschreckenden Geschichte der Mordserie angemessen Tribut. Die Nummer „Komplett im Arsch“ ist hingegen der perfekte Soundtrack für alle Hörer, die gerade mit sich und der Welt auf Kriegsfuß stehen. In musikalischer Hinsicht bietet dieses Lied, das als erste Singleauskopplung fungierte, einen packenden Wechsel zwischen melancholischen und aggressiven Stimmungsbildern. Und schließlich gelingt FSF am Ende der CD mit dem balladesken Gute-Laune-Song „Weit hinaus“ ein rundum stimmiger Lobgesang auf die Magie, die von echter Freundschaft ausgeht. Dort heißt es: „Wir fliegen weit hinaus / Keine Grenzen im Kopf – nicht mal den Horizont / Wir schenken uns Kraft / Uns beflügelt die Freundschaft / Das ist das, was uns glücklich macht.“ Mal sehen, wohin FSF in den nächsten Jahren noch hinfliegen werden. Angesichts dieser überzeugenden Scheibe dürfte es sich lohnen, den Weiterflug der Band im Auge zu behalten. (stefan)
Offizielles Video der ersten Singleauskopplung „Komplett im Arsch“:
Offizielles Video der zweiten Singleauskopplung „Mit Dir“:
[youtub JtGg5xvOyjE]