REVIEW

ALWA GLEBE „Against The Pain“ (Chanson/ Minimalistik Wave)

ALWA GLEBE

„Against The Pain“
(Chanson/ Minimalistik Wave)

Wertung: Gut+

VÖ: 27.09.2019

Label: STF Records/Cuptose Records

Webseite: Homepage

Um zum biografischen Ursprung der Sängerin zu gelangen, muss man weit zurückblicken. Ende der 70er war sie Mitbegründerin der New Wave Band „Index Sign“, danach diverse Studioprojekte, Philosophie und Germanistik Studium, ’99 Debütalbum, 6 Jahre danach ihr Zweitwerk „Irrlichter“. Und nun, fast anderthalb Dekaden später das Drittwerk. Alwa Glebe hat sich Zeit, viel Zeit gelassen, um mit „Against the Pain“ da anzuknüpfen, wo „Irrlichter“ aufhörte. Reduzierte, dunkle Elegien, eine sanftmütige, leicht zerbrechliche Stimme. Philosophisch angehauchte Texte. Sehnsuchtsvolle, betörende Requien verpackt in minimalistische Klangspektren, welche den Fokus jederzeit auf den Gesang lenken.

Weit zurückblicken muss man auch, wenn man die beiden Coverversionen auf dem Album betrachtet. „Strictly Confidential“ von Roxy Music und Lou Reeds „You Wear It So Well“ stammen aus den frühen 70ern und werden hier mit der nötigen Demut vor dem Original neu interpretiert. Hinzu kommt mit „I felt a Funeral, in my Brain“ die Vertonung eines Gedichtes von der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson.

Die dadaistischen Klanglandlandschaften verschmelzen mit dem Gesang, die Ruhe und Sanftmut wird latent konterkariert von Texten, welche zum Nachdenken anregen, welche in der Gesamtheit aber auch das Staunen im Hörer erwecken. Wie eine wärmende Decke umhüllt dich das Klagelied, lässt dich fallen, tief… reicht dir aber die Hand. Die Trauer als verführerische Welt, in die du entfliehen willst, ganz tief…

Im Unterschied zu den ersten beiden Alben singt Alwa diesmal in Englisch. Das könnte auf eine internationale Ausrichtung deuten. Und internationalen Medien dürften durchaus zum Vergleich „weiblicher Nick Cave kommen“, gerade in Bezug auf die letzten beiden Alben des Meisters.

Der Titelsong und auch das folgende „be your side“ sind von akustischen Saiten bestimmt. Akzentuiert gibt es kleine Tasten-Einsprengsel. Das Gesamtbild wird ein wenig sphärisch in Szene gesetzt. Dazwischen erzählt Alwa ihre Geschichten, mit einer dunklen Stimme legt sie die Verzweiflung auf den Altar der verschiedenen Gefühlswelten. Egal, ob sie weitergeht, in Erinnerungen schwelgt oder einfach ihre Gefühle bildhaft beschreibt, sie hinterlässt einen Eindruck, dessen Eleganz in Verbindung mit der Musik eine Ästhetik hervorruft, welche dich in der Wärme kühlt und in der Kälte wärmt. „Don’t be scared“ könnte klanglich in Island beheimatet, während „Happy Days“ konträr zum Titel eine Ödnis in musikalische Formen presst, welche Soundtrack-artig daher kommen.

Fazit: Insgesamt ein Werk, welches die Sinne berührt, egal ob als Depressivum oder als autogenes Training für entspannte Rotwein-Abende. Alwa Glebe gelingt immer der Spagat zwischen Hingabe, Demut, Zerbrechlichkeit und dem eigenbestimmten, schwungvollen und lebenbejahenden Exkurs durch verschiedene Facetten der Trauer. Bei manchen Texten würde man sich einen kleinen Ausbruch wünschen, es würde aber der Erhabenheit der Gänze zuwider laufen. Begleitet wird Alwa Glebe von einem alten Bekannten, seit „Index Sign“-Zeiten ist dies Lennart Lessmann. Die ersten beiden CD’s der Dame sind ausverkauft, eine Neuauflage wird es nicht geben, aber nächstes Jahr ist eine VÖ geplant, mit den Songs der ersten Alben. (andreas)