FILM+HÖRSPIEL

FILM „Night Ripper“ (Giallo)

Alternativtitel: Das Monster von Florenz; Il Monstro di Firenze

Produktion: Italien, 1986

Blu-Ray-Veröffentlichung: 05.06.2015

Wertung: gut

Regie: Cesare Ferrario

FSK: 18

Darsteller: u.a. Leonard Mann, Gabriele Tinti, Franzesca Muzio, Federico Pacifici…

Genre: Giallo

Studio: filmArt

Inhalt:
Florenz 1968. Ein unbekannter Schlitzer hat es auf eine Reihe von Liebespaaren abgesehen. Die Pärchen werden zuerst bestialisch getötet und danach im Genitalbereich verstümmelt. Ein Buchautor bemüht sich, in das Wesen des Täters einzudringen, von dem er annimmt, dass er durch traumatische Kindheitserinnerungen geprägt, den Hass auf seine Eltern auslebt, während er sinst ein normales gewöhnliches Leben führt.

Die Polizei kann und will mit den Thesen des Autors nichts anfangen. Erste Ergebnisse der Ermittlungen deuten auf einen Sektenkult, schwarze Messen und sogar eine ganze Gruppe von Mördern hin. Ein in sich unschlüssiges Bild. Währenddessen meuchelt das Monster von Florenz unaufhaltsam weiter.

Dieser Film ist etwas ganz Besonderes, nicht nur in filmhistorischer Giallo-Betrachtungsweise, sondern auch an sich. Der Film beruht auf wahren Begebenheiten und während der letzte Mord, dem man dem Monster von Florenz zuschreibt am 08.09.1985 verübt wurde, ist der Film über ihn bzw. seine Taten bereits 06.04.1986 veröffentlicht worden. Da dürfte es nicht weiter verwundern, dass die Polizei und Staatsanwaltschaft vor Wut die Rasiermesser gewetzt haben dürften, denn schließlich waren die Morde zu diesem Zeitpunkt nicht nicht gänzlich aufgeklärt und der Mörder noch auf freiem Fuß. Hat eigentlich jemand jemals das Alibi von Cesare Ferrario überprüft? Vielleicht wollte mit diesem Film jemand sein Gewissen erleichtern… jaja, ich weiß, ich lese zu viele Verschwörungsgeschichten…

Fakt ist, dass der Mörder niemals gefasst werden konnte und der Film lediglich eine Idee serviert, die sich ziemlich an dem typischen Giallomuster orientiert: Kindheitstrauma, Sex, unerwiderte Sehnsucht nach Nähe mit anschließender Gewalteskalation. Weniger giallytypisch ist die Tatsache, dass die Morde überwiegend mit einer Pistole verübt werden. Optisch wurde der Film an sich recht „bieder“ inszeniert, wenn man Großmeister wie Argento, Bava, Martino oder auch Fulci im Hinterkopf hat. Aber das tut dem Film und der Spannung keinen Schaden an, denn irgendwie ist er eine Mischung aus Giallo und Polizieschi, da Ferrario aus beiden Genres sehr viele Zutaten nimmt und seine Version der Geschichte erzählt und ich finde den Film ziemlich unterhaltsam, auch wenn er nicht zwingend zu den Sternstunden des Giallos gezählt werden muss.

Interessant ist natürlich bei diesem Film auch das Ende, denn Ferrario begeht nicht den Fehler, einen Täter zu präsentieren, sondern lässt es mit einer fiktiven, irgendwie (alp-)traumhaften Gerichtsverhandlung zu Ende gehen… geschickter Schachzug, der vor allem 1986 dafür gesorgt haben dürfte, dass man sich als Zuschauer auf dem Weg vom Kino nach Hause extrem häufig umgeschaut haben dürfte. Was hat sich wohl der echte Killer gedacht, als er den Film gesehen hat? Gab es eine Reaktion? Hach, dieser Film hat auch fast 30 Jahre nach Entstehen das Potential, den Zuschauer weit über den Abspann hinaus zu beschäftigen.

Wie man es von filmArt gewohnt sein darf, haben die Jungs bei der Aufbereitung wirklich alles gegeben! Das Bild möchte ich als sensationell beschreiben, weil ich den Film schon als Variante von „Madison Home Video“ besitze und auf dieser Version sieht man in den Nachtszenen nüschte… Bisher durfte der Zuschauer raten, was am Zelt des Liebespaares so vor sich ging, aber endlich, mit dieser Neuauflage, sieht man, was vor sich geht. Durch die grausame Bildqualität der alten Auflage bin ich gewillt in Jubelschreie auszubrechen und filmArt eine Extraportion Applaus zu spendieren. Die Farben sind klar und kräftig, die Helligkeit ist endlich angemessen und mitunter ist das Bild auf Blu-Ray erstaunlich scharf. Das Bildformat ist übrigens 1.66:1 und liegt in Full HD vor. Die alte Disc wird nun jedenfalls ihr Dasein als Bierdeckel fristen dürfen.

Der Sound ist angemessen (DTS HD-Master Audio auf Blu-Ray und Dolby Digital 1.0 Mono auf DVD) und es sind die deutsche und italienische Tonspur enthalten.

Als Extras hat man die alternative, italienische Schnittfassung dabei und ein Booklet, welches sich mit dem Film und der realen Vorlage ausgiebig beschäftigt und zudem gibt es diese Veröffentlichung als Blu-Ray / DVD-Combo.

Sicher, ist ein Ferrario kein Argento, aber das muss er auch nicht sein; Freunde des italienischen Krimis kommen bei „Night Ripper“ aka „Das Monster von Florenz“ aka „Il monstro di Firenze“ definitiv auf ihre Kosten. (chris)