Die Berliner Dark Metal Formation EDEN WEINT IM GRAB widmet sich auf ihrem neuen, dem bereits achten Album dem Thema “Mord”. Jeder Song behandelt einen konkreten Mordfall, teils historisch belegt, teils aus der Feder von Song- und Textschreiber Alexander Paul Blake. Blake stand dann auch für einige Fragen zum „Mordarchiv“ zur Verfügung. Ein Review gibt es hier. (eller)
Herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Es hat mir wieder gut gefallen, wenngleich mein Lieblingsalbum „Geysterstunde II“ nicht getoppt werden konnte. Ich hoffe, ihr konntet weitere gute Kritiken einfahren in den letzten Wochen.
Blake: „Danke. Wir haben sehr viel positives Feedback bekommen und ich selbst bin auch rundum zufrieden – auch nach etwas Abstand nun. Dass man es nie allen recht machen kann, liegt in der Natur der Sache, denn Geschmäcker sind verschieden. Für mich persönlich ist ‚Tragikomödien …’ unser bisher bestes Album, aber ich mache das auch viel an Dingen wie der Produktion und der musikalischen und gesanglichen Performance fest, wo wir uns denke ich sehr weiterentwickelt haben. Außerdem mag ich diese gesunde Härte des Albums. Klar sind auf ‚Geysterstunde II’ auch viele gute Songs, aber als Künstler steht einem eh immer das neuste Album am nahesten, da man sich ja mit seiner Musik entwickelt. Ich finde es auch schwierig, Alben zu vergleichen, da jede Platte den Sound einer bestimmten Zeit einfängt, den wir später auch mit viel Mühe nicht mehr wirklich reproduzieren könnten. Und unser Bestes geben wir eh immer ;-)“
Auf dem neuen Album stehen Morde im lyrischen Mittelpunkt. Seit wann reifte die Idee, jetzt in so eine Richtung zu gehen?
Blake: „Kann ich zeitlich gar nicht so genau festmachen. Ich hatte das Gefühl, dass das Geyster- und Jenseitsthema langsam ausgereizt ist und wir alles dazu gesagt haben. Das Thema Mord kam jetzt weniger auf, weil es mich privat so faszinieren würde, sondern weil ich das Gefühl hatte, dass es gut zu EwiG passen würde und wir in diesem Kontext einige schaurige Geschichten erzählen könnten. Dadurch, dass bei EwiG immer diese düster-morbide-lyrische Parallelwelt gibt, ist es schwer, mal eben beispielsweise über Privates zu singen – das würde die es aus meiner Sicht kaputt machen. Daher arbeiten seit wir vielen Jahren in konzeptuellen Kontexten und nehmen uns privat zugunsten des Gesamtkunstwerks zurück.“
Über welche Quellen hast du die historisch belegten Mordfälle gefunden? Das muss doch eine längere Recherche gewesen sein, oder?
Blake: „Bücher und das Internet. Manche Fälle kannte ich auch schon und habe dann noch mal die Details nachgelesen. Ehrlich gesagt, hat sich bei mir da so ein bisschen der Fokus verschoben. Früher hätte ich wahrscheinlich unendlich viel Zeit in die Texte und Recherche investiert. Mittlerweile versuche ich, die Texte schnell zu schreiben und blühe eher in Produktionsdetails auf. Ich bin auch versierter im Textschreiben und sie gehen mir leichter von der Hand. Aber das ist auch ein Grund, weshalb etwa die Hälfte der Lyrics eigene Geschichten behandeln. Ich hatte genug eigene Idee und wollte meine Zeit eben nicht in der Bibliothek verbringen, sondern im Studio ;-)“
Zeitlich spielen die Geschichten oftmals im 19. Jahrhundert. Ist hier besonders viel Spannendes passiert oder ist das erstmal nur Zufall?
Blake: „Weder noch. Es ist einfach die Welt, in der sich EwiG generell ganz gerne bewegen. Unsere Outfits sehen ja auch nicht aus wie aus der Gegenwart. Aber ich finde, wir sind da nicht dogmatisch. ‚Menschenfeuer’ ist zum Beispiel ein Track mit brandaktuellem Bezug, da er von einem Anwalt handelt, der sich vor ca. zwei Jahren in einem New Yorker Park anzündete, um gegen die Ausbeutung der Natur durch den Menschen zu protestieren.“
Mussten die eigenen und auch die historisch belegten Fälle besondere Anforderungen bzw. Kriterien erfüllen, um zu einem EwiG Text zu werden?
Blake: „Nein, das war reine Gefühlssache. Ist es immer. Ich schreibe meist vorher Texte und dann habe ich beim Songwriting meist eine klare Intuition, was gut genug ist, um verwendet zu werden und wozu gut passt bzw. sich mit der Musik ergänzt.“
Hast du eine Lieblingsgeschichte im „Mordarchiv“ und wenn ja, warum ist es diese?
Blake: „Das wechselt. Besagtes ‚Menschenfeuer’ eben wegen der Message oder ‚Soundtrack für den Massenmord’ zum Beispiel, weil es ein Anti-Kriegs-Song ist, was es bei EwiG ja vorher auch noch nicht gab. Aus handwerklicher Hinsicht wiederum bin ich auf die Lyrics von ‚Annabel’ besonders stolz. Was die Geschichte angeht, würde ich ‚Der Meysterdetektiv’ wählen, weil es eine Adaption von Poes ‚Murders In The Rue Morgue’ ist, das ich immer sehr mochte.“
Wird es inhaltlich auf dem nächsten Album mit „Mordgeschichten“ weiter gehen oder ist das Konzept schon abgeschlossen?
Blake: „Ich denke, das Thema ist abgeschlossen. Klar könnte man nun noch Dutzende Mordgeschichten ausgraben und erzählen, aber ob wir da wirklich noch so viele neue Facetten zu Tage befördern könnten, bezweifle ich. Und es soll ja auch nicht vorhersehbar werden. Nur weil wir von ‚Geysterstunde’ zwei Teile gemacht haben, sollte das nicht zur Regel werden.“
Musik und Lyric passen aus meiner Sicht von der Stimmung her auch mit dem Thema Mord wieder sehr gut zusammen. Wie schafft ihr das nur immer wieder? 😉
Blake: „Frag ich mich auch 😉 Ich fürchte, auch das kann ich wieder nur unzureichend beantworten. Wir machen einfach und folgen unserer Intuition. Das Kuriose ist, je älter ich werde, habe ich das Gefühl, desto weniger gibt es eigentlich zu der Musik zu sagen, da sie für sich spricht und es doch auch schön ist, wenn ein paar Mysterien verbleiben.“
Um den Lesern mal einen kleinen Überblick zu geben, was an Aufwand in einem Album alles drin steckt. Wieviel Arbeit ist so ein Album für euch?
Blake: „Puh, sehr viel. Ehrlich gesagt so viel, dass es mich immer wieder an die Grenze bringt, da die Band für uns ja pures Freizeitvergnügen ist, da sie finanziell nichts einbringt, gleichzeitig aber rund um einen Release oft der Aufwand wie für einen Full Time Job notwendig ist. Also, das Songwriting empfinde ich immer noch als recht entspannt. Ich bin da mittlerweile recht routiniert und merke schnell, ob eine Idee funktioniert, sodass zwischen dem leeren Bildschirm und einem Demo, das im Grunde schon zu 70 bis 80 Prozent dem fertigen Song gleicht, im Schnitt innerhalb von 3 bis 5 Stunden entsteht. Auch ‚Tragikomödien …’ habe ich innerhalb von 2 bis 3 Monaten geschrieben. Danach bekommen die anderen die Demos und machen sich Gedanken dazu.
Bis ich dann mit jedem Musiker zu allen Songs die Parts aufgenommen habe, vergehen meist viele Monate. Das ist viel Stückwerk. Der Mix kann mitunter recht nervenaufreibend sein und hat in der Vergangenheit oft viele Wochen gedauert, da sehr viele Korrekturlisten hin und her gehen. Diesmal haben mich die anderen weitestgehend einfach machen lassen, wodurch es entspannter war. Allerdings kommen dann, wenn das Album eigentlich fertig ist, noch Dinge wie das Artwork und Videoproduktion, die ich beide auch selbst gemacht habe, Tourorga, Promotion, Webseiten- und Social Media-Betreuung, Vertriebskoordination etc. hinzu. Dazu gehen hunderte Mails hin und her. Nicht zu vergessen: unser Winter Solitude Shop. Wir verschicken nach wie vor jede Sendung selbst und freuen uns natürlich über jede Bestellung, da uns dies hilft, die Unkosten wieder zu decken, aber rund um den Release packt man dann teils tagelang nur Päckchen und wuchtet sie zur Post, während man zeitlich eigentlich noch die Promotion antreiben müsste, die Songs für die kommende Tour üben und sich noch um seinen daily Job und die Familie kümmern müsste 😉 Aber es macht halt einfach immer solch einen Spaß, diese Musik zu machen und mit der Welt zu teilen, dass man es am Ende doch wieder auf sich nimmt.“
In Kürze, im Januar und Februar, geht es dann auf Tour mit WISBORG (Review hier lesen). Wie kam es zu dem Zusammenschluss mit WISBORG und sind für 2020 auch weitere Auftritte geplant?
Blake: „Wir haben uns bei einem gemeinsamen Konzert in Hannover kennengelernt, gut verstanden und sind irgendwie in Kontakt geblieben. Ich finde, sie sind eine der spannendsten neuen Bands da draußen und wir fanden es eine interessante musikalische Mischung, gerade weil nicht beide Bands genau in dieselbe Schublade passen.“
Du hast ja noch einige andere Bands am Laufen, z.B. THE HALO TREES (Review hier lesen). Wie sieht deine weitere Planung aus, was kommt als nächstes an die Reihe? 🙂
Blake: „Wir arbeiten schon das ganze Jahr über am zweiten und sogar dritten The Halo Trees-Album. Von daher ist aus dieser Ecke in den nächsten Jahren viel Output zu erwarten. Lighthouse In Darkness gibt es auch noch, ein Studioprojekt von Sängerin Helen Vogt und mir. Das Debüt kam dieses Jahr sehr gut an, allerdings mahlen die Mühlen da sehr langsam, wir haben bestimmt sechs, sieben Jahre für das erste Album gebraucht. Wir wollen ein zweites Album machen, aber ich kann nicht sagen, wann es so weit sein wird, da Helen viele andere Verpflichtungen hat. Und bei EwiG müssen wir dann mal in ein, zwei Jahren wieder sehen, ob uns etwas für ein neues Album einfällt. Nun spielen wir erstmal die Tour und planen darüber hinaus noch nichts konkret. Alle weiteren Bands, in denen ich mal aktiv war, existieren ja nicht mehr oder laufen nun ohne mich. Daher sind es im Grunde nur noch zwei richtige Bands und eben ein entspanntes Studioprojekt – aber das reicht dann auch ;-)“