FAUN
„Luna“
(Folk/MA/Mystik/Märchen)
Wertung: Gut
VÖ: 05.09.2014
Label: Universal, We Love Music
Wie viele andere auch, konnte mich die Neuausrichtung der Band und die damit einhergehende Veröffentlichung „von den Elben“ nicht überzeugen. Nun sind zwei weitere Jahre ins Land gezogen und die Erwartungshaltung an „Luna“ ist eine ganz andere. Natürlich war ich auch neugierig, wie die Faune auf die Kritik aus dem eigenen Fanhaus reagieren und ob ihr beschrittener Mainstreampfad weiter abgegrast wird.
Eröffnet wird das Werk mit einem mystisch-verspielten anderthalb minütigen Prolog. Diesem folgt die aktuelle Singleauskopplung „Walpurgisnacht“. Wegen des eingängigen Refrains sicherlich dezent „kommerziell (massentauglich)“ arrangiert, allerdings ragen hier die instrumentalen Parts heraus, die sich irgendwo zwischen Renaissance, Klassik und Mittelalter ein zu Hause suchen und gleichzeitig die Eingängigkeit der Hookline konterkarieren. Für „buntes Volk“ hat man sich mit In Extremo-Sänger „das letzte Einhorn“ verstärkt. Sein raues Organ sorgt für eine kantige Note, während textlich durchaus Plagiatsvorwürfe von den Berlinern und dem Dichter Seume kommen könnten. Bereits zum frühen Zeitpunkt wird deutlich, dass man wesentlich nuancierter die Songs darzustellen weiß. Die Instrumente schaffen sich mehr Raum, die Rhythmik wird mit reichlich Percussion und Drums auch mal treibend und die Keys liefern eher Grundlagenarbeit. Hinzu kommen natürlich die klanglich gelungenen, unterschiedlichen Schattierungen im Gesang. Dabei besitzen sowohl die femininen, wie auch die maskulinen Stimmbänder eine gefühlvolle Wärme, welche in Verbindung mit zarten Tonagen durchaus Gänsehautfeeling hervorrufen.
Ein wunderschönes, melancholisches Kleinod ist das balladeske und ruhig intonierte „Hekate“, welches zudem mit klangvollen Chorälen aufwarten kann. Unterschwellig schleicht sich, trotz der sanftmütigen Ausrichtung, ein kleiner Hauch der Düsternis in den Song. „Frau Erde“ erklingt als verträumtes Wiegenlied, wobei der Chorus ein wenig an Mila Mar erinnert, während die Strophen durch das Cello eine ganz besondere Klangfarbe bekommen. Für mich der Höhepunkt ist aber „blaue Stunde“, hier vereint Faun all ihre Stärke. Warmer Gesang, schwungvolle Elegie, verspielte Dudelsäcke, schräge Instrumentalparts, dezente anorganische Klänge und eine Melodie, die sich schnell im Gehörgang festsetzt.
„Cuncti Simus“ ist ein spätmittelalterliches, traditionelles Lied, welches von Sonja in Latein gesungen wird. Hier agiert Faun mit feinen sakralen Ingredienzen, während das passend betitelte „hörst du die Trommeln“ klar auf die Schlagwerk-Rhythmik abgestimmt ist und dem Stück eine tranceartige Klanglandschaft schenkt.
Fazit: Im Großen und Ganzen gibt es wenig Kritikpunkte. Gesänge (inkl. Backings und Choräle) und Instrumente ergänzen sich perfekt, der Sound im Gesamtkontext beherbergt reichlich Abwechslung, die instrumentalen Parts sind unaufdringliche, wohldosierte Beigaben, welche die Atmosphäre auflockern und gleichzeitig an frühe Werke (bzw. Live Auftritte) der Band erinnern. Die folkige Seite besitzt ausreichend traditionelle Einflüsse, die klassische Komponente beherbergt vor allem dimensionierte Eleganz, während die mittelalterlichen Entitäten ein wenig mehr Pesthauch vertragen könnten. Dafür hat man die Mystik und die Romantik zurückentdeckt. Verbesserungen wünsche ich mir in textlicher Hinsicht. Ein wenig weg von Strophe-Refrain Diktat und ein hin zur Erzählung würde gut tun, besonders im Sinne eines Konzeptalbums. Wenn man sich Eichendorff als Traditionel aussucht, ist natürlich ein Kitschhauch gegeben. Aber alles kritisieren ist heuer wieder „klagen auf hohem Niveau“. Im nächsten Frühjahr gibt es die Musik auch Live als „zauberhaftes Bühnenspektakel“ zu sehen/hören.
Zusatz: Der visuelle Haptiker wird seine wahre Freude am Cover Artwork haben. Das farblich wunderschön gestaltete Digi Pack wird in einem imprägnierten Pappschuber aufbewahrt. Dazu kommt ein 40seitiges Buch mit Texten, Erklärungen und 3 Bonus Tracks hat diese Version auch zu bieten. (andreas)