REVIEW

WALDSEEL „Schleier unentdeckter Pforten“ (Black Metal)

WALDSEEL

„Schleier unentdeckter Pforten“
(Black Metal)

Wertung: sehr gut

: Dezember 2017

Label: Eigenproduktion

Webseite: Facebook

Bekomme ich einen WALDSEEL oder SHARDS OF A LOST WORLD-Release auf den Tisch, was zum Glück recht häufig passiert, gerate ich gern in Schwadronieren über den Untergrund. Aber auch im Untergrund, der eigentlich von Idealisten bevölkert sein sollte, gibt es Probleme und genau wie SHARDS OF A LOST WORLD ist WALDSEEL mit der neuen EP „Schleier unentdeckter Pforten“ beinahe vor die Wand gefahren. Grund dafür ist erneut NGR Records, die diese EP eigentlich als Vinyl auf den Markt bringen sollten. „Dank“ diverser Ungereimtheiten ist es aber dazu leider nicht gekommen und WALDSEEL bringt die EP in Eigenregie auf den Markt. Auf der Facebook-Seite der Band gibt es dazu die entsprechenden Infos. Schade eigentlich, denn auch wenn ich den älteren Veröffentlichungen der Ein-Mann-Band gerne lausche, stellt „Schleier unentdeckter Pforten“ ein echtes Highlight im umfangreichen Schaffen des Niedersachsen dar.

Einen großen Anteil an der Qualität der EP hat sicherlich die Produktion, die weitaus professioneller klingt, als auf den vorangegangenen Scheiben. Man hört die Feinheiten, von denen man früher nicht sicher sein konnte, dass sie existieren, deutlicher heraus und auch wenn das Becken dir immer noch ein Loch ins Hirn schießt, ist das schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ganz besonders festmachen kann ich diese These beim Song „Herbstgesang und Wintergeist“, der bereits 2015 der Titeltrack der gleichnamigen EP war. Der Song hat sich unglaublich entwickelt, sowohl durch die Produktion, als auch durch die spielerische Entwicklung WALDSEELs. Gut war der Song schon immer, aber jetzt ist er verdammt stark. Mit seinen gut sechs Minuten ist er herrlich abwechslungsreich und besonders begeistern mich sowohl der melodiöse Leadgitarrenpart und die Stelle, an denen klar und pathetisch gesungen wird. Diese Parts erinnern mich durchaus an „Das Leben vor dem Tod“ von SIMPLE EXISTENZ (immer noch ein grandioses Album, nebenbei bemerkt) und belegen, dass WALDSEEL gewachsen ist.

Aber auch bei „Der Moment“ ist es einerseits die melodiöse Leadgitarre, die den Song in eine spannende Richtung lenkt und auf der anderen Seite der manische Gesang und wieder glaube ich, dass sowohl die Produktion, als auch die Entwicklung Schuld daran trägt. Früher regierten auf den Alben, da kann ich allerdings nur für mich sprechen, die archaische Wut, die Emotionen, die in der heutigen, weichgespülten Gesellschaft eher negiert, als ausgelebt werden und mit „Schleier unentdeckter Pforten“ kommt zu diesem Punkt noch die Finesse dazu.

Abgerundet wird die EP mit dem Titeltrack (samt tollen Akustik-Break) und den beiden englisch-sprachigen Titeln „Abducted by the cold“ (sehr reduzierter Song mit einem schräg-geilen Mittelpart) und dem schnelleren „Return the disease“, die allesamt ebenfalls punkten und den typischen WALDSEEL-Stil (meist im Midtempo gehaltener atmosphärischer Black Metal) gekonnt fortführen.

Wer bisher noch keine WALDSEEL-Veröffentlichung sein Eigen nennt, wird mit Schleier unentdeckter Pforten einen extrem guten Einstieg erwischen. (chris)