EMPFEHLUNG, REVIEW

NEW MODEL ARMY „Between Wine And Blood“ (Independent Rock)

NEW MODEL ARMY

„Between Wine And Blood“
(Independent Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 05.09.2014

Label: Attack Attack

Webseite: www.newmodelarmy.org

Vor einem Jahr hat NEW MODEL ARMY das Studioalbum „Between Dog And Wolf“ veröffentlicht – ein fulminantes Werk, das insbesondere durch seine dichte Atmosphäre und seine tolle Schlagzeugrhythmik beeindruckt. Nun gibt es einen Nachschlag namens „Between Wine And Blood“, der sogar aus zwei CDs besteht. Die eine CD ist eine EP mit sechs neuen Studiosongs. Die andere CD ist ein Livealbum, das ausschließlich Musik der letztjährigen Veröffentlichung enthält. Leider sind nicht alle 14 Songs von „Between Dog And Wolf“ auf der Live-CD enthalten, sondern nur 11. Doch der genaue Blick auf die Titelliste stimmt versöhnlich: Die stärksten Tracks des letztjährigen NMA-Meilensteins befinden sich auf der aktuellen Live-CD.

Die Liveversionen sind kaum von den Studiofassungen zu unterscheiden – und das liegt nicht nur an der durchgängig sehr guten Tonqualität. Denn egal auf welchen Faktor man achtet – Instrumentierung, Klangfarbe, Struktur, Tempo usw. – es gibt nur wenige Unterschiede zu entdecken. Zum Beispiel wird der Refrain des Songs „Between Dog And Wolf“ von einer markant aufjaulenden Gitarre begleitet, die bei der Studioversion fehlt. Und bei „Did You Make It Safe?“ klingen die Gitarrenriffs beim instrumentellen Mittelteil deutlich kräftiger als in der Studiofassung. Doch trotz solcher Details: Die Regel, dass es live härter zur Sache geht, trifft auf diese CD nur sehr bedingt zu.

Die typischen Livefaktoren (Applaus, pathetische Liedansagen, Zwischenrufe, Raumgefühl beim Hören) spielen zwar eine Rolle, aber eine recht dezente. Justin Sullivans Stimme klingt ausnahmslos sehr gut: Kräftig und ausdrucksstark, wie man es eben von ihm gewohnt ist. Besonders bei den beiden Topballaden „Summer Moors“ und „Knievel“ wird das sehr greifbar, weil dort – wie bei den Studiofassungen – die Instrumentierung sehr zurückhaltend ausfällt. Und tatsächlich gelingt es Justin beim packenden Refrain von „Knievel“ noch eine Nuance berührender zu klingen als bei der Studioversion.

Nicht nur die Live-CD bietet viel Abwechslung, auch die 6 Songs der Studio-EP sind aus recht unterschiedlichem Holz geschnitzt. In Sachen Härtegrad, Instrumentierung, Struktur und Tempo wird fast alles geboten, was für die Band seit den 1980er Jahren typisch ist. Am beschaulichsten wabert die Ballade „Happy To Be Here“ durch den Raum: Ein schöner, geradezu meditativer Song, bei dem auch Naturklänge (Regen, Gewitterdonner) eine Rolle spielen.

Etwas impulsiver kommt „Devils Bargain“ um die Ecke. Das Lied lebt vor allem von der charismatischen Stimme Justins: Bei den Strophen zaubert er mit seinem beschwörenden Sprechgesang eine bedrohliche Atmosphäre, beim Refrain singt er voller Leidenschaft und gibt so der Nummer den nötigen Drive. Auch wegen der tollen Trommelrhythmik ist „Devils Bargain“ der stärkste Track der EP.

Die beiden aggressivsten und schnellsten Stücke sind „Angry Planet“ und „Guessing“. Vor allem dank des wilden Bass- und Gitarrenspiels wirkt die Band hier recht roh und ungestüm. So zornig klang NMA beim letzten Studioalbum an keiner Stelle. Beide Songs sind echte Volltreffer! Schlechte Songs gibt es auf der EP keine, allerdings finde ich die Stücke „According To You“ und „Sunrise“, beide im mittleren Härte- und Tempobereich angesiedelt, nicht so stark wie die übrigen Tracks.

Die Texte behandeln – wie gewohnt – zumeist die vielfältigen Probleme des menschlichen Daseins. Der allgemeine Wahnsinn auf dem Strafplanet Erde wird mehrfach sehr treffend beschrieben. Eine Kostprobe aus dem Lied „Guessing“: „fate comes quicker than a bullet to the back of the head“. Doch mitunter wird auch etwas Positives zum Ausdruck gebracht (was ja schon beim Titel des Songs „Happy To Be Here“ anklingt).

Fazit: Eine empfehlenswerte Doppel-CD! Bei NMA bleibt im Wesentlichen alles beim Alten. Die Band klingt zwar mittlerweile etwas weniger aggressiv als früher, doch die Qualität der Musik ist unverändert hoch. Dass es Justin Sullivan seit mittlerweile 35 Jahren gelingt, derart meisterliche Klänge aus dem Hut zu zaubern, kann nur als veritables Wunder bezeichnet werden! (stefan)