EMPFEHLUNG, REVIEW

MERCIFUL NUNS „A-U-M“ (Gothic Rock)

MERCIFUL NUNS

„A-U-M“
(Gothic Rock)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 07.04.2017

Label: Solar Lodge

Webseite: Homepage / Facebook

Auch mit ihrem neunten Werk begeben sich die MERCIFUL NUNS in eine Welt, dessen Schnittmenge zwischen Theosophie und Philosophie liegt. AUM dürfte den meisten zunächst nicht viel sagen, es besagt aber das Gleiche wie OM, wobei diese Silbe bei Hindus, Jainas und Buddhisten als heilig gilt.

Der Titelsong eröffnet auch gleich den immerwährenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen. Typisch für die Nuns die Verschmelzung von bedrohlichen Soundkreation (hier im Intro) und druckvollen, tief im traditionellen Goth Rock verwurzelten Passagen. Nicht zuletzt begeistert der ausdrucksstarke Gesang Artauds, der sich pathetisch über die nebulösen Klänge erhebt um später doch in Eins mit der Musik zu verschmelzen. Der Beginn und das überraschend abrupte Ende des Openers beinhaltet die typische, verschwörerische Eleganz, welche mit enormer Rhythmik, gleichwohl von einer atmosphärischen Dichte getragen wird. Der Gesang pendelt zwischen crawleyscher Erdzähldramatik und druckvollen Tiefton Eruption. Die Ruhe kehrt kurz mit „Beyond Nirwana“ ein, bevor das Schlagwerk seine Energie dezent in den Song fließen lässt und ein sphärischen Klanggebilde mit Goth-Saiten Artauds Gesang unterlegt. Betörende Hooklines und eingängige Melodielinie inklusive. Auch „Lightwaves“ besitzt dieses elegische Moment. Ganz ruhig mit Detailverliebtheit schleicht sich der Song in die Gehörgänge, ein Psychodrama in Musik… nein, nicht gepresst, sondern galant integriert.

Etwas elektronischer kommt „eternal decay“ daher. Überraschend die wavige Eleganz im Mittelteil, welche fast schwelgerisch an The Cure der späten 80er erinnert. Besonders gelungen, die Kollaboration von druckvollen Gesangspassagen und dieser eingängigen, fast poppigen Melodie.

Ganz anders, das tragische „Lost Chords of the sun“, welches in seiner musikalisch-stimmlichen Verzweiflung ein wenig an Fields „Last exit“ erinnert.

Fazit: Der neunte Teil ihrer epischen Reise durch pansophische Traditionen, heilige Weisheiten und mystische Erkenntnisse wird jeden Goth Rocker begeistern. Der Gedankenwelt Artauds zu folgen bleibt schwer, zu sehr bleibt hier einiges im Dunkeln und bietet der Interpretationsfreude reichlich Nahrung. Im Endeffekt begibt sich der Hörer auf eine wundervolle Entdeckungsreise und nebenbei erfährt das Bewußtsein einen hingehaltenen Knochen, an dem es reichlich zu knabbern hat. Die Fans bekommen genau das, was man erwartet, aber immer mit einem kleinen, neuen Sahnehäubchen dekoriert. (andreas)