REVIEW

ILLUMINATE „Ein Ganzes Leben“ (POP-Romantik-Wave)

ILLUMINATE

„Ein Ganzes Leben“
(POP-Romantik-Wave)

Wertung: Gut

VÖ: 23.02.2018

Label: Gallery (Indigo)

Webseite:  Facebook / Homepage / Wikipedia

Die Karlsruher Formation um Mastermind Johannes Berthold feiert doch tatsächlich ihr 25-jähriges Jubiläum und veröffentlicht dazu ihr 19tes (!!) Album. Es gibt wohl nur wenige, die derartige Zahlen der Band zugetraut hätten. Und das Ganze mit einer vertonten Form der naiven Malerei (unbekümmert und phantasievoll). Reichlich Pathos, reichlich Kitsch und reichlich Polarisierung stellt man auf die Altäre der Melancholie. Deren parfümierte Ausformung der Romantik des späten 19.Jahrhunderts zu huldigen scheint. Eingesprengselt verzieren harsche Saiten (Gitarrist Jörn Langenfeld hat die Band nach den Aufnahmen verlassen) die sanftmütigen Klangspektren, welche ihre Atmosphäre der pianoesken Darbietung entleihen. Fragile weibliche Stimmen (Choräle) und der typisch angeraute (Sprech)gesang von Johannes versehen die Tonagen mit Weltschmerz-Texten mit teils sozialkritischen Anstrich.

Ein orchestral in Ruhe badendes Intro führt in das Werk, wo der Titelsong gleich den Reigen bittersüßer Melodien eröffnet. Der Song ist fein austariert zwischen verspieltem Synth Pop und samtenen Gitarren Wave. Die betörende Note erhält das Stück natürlich durch die weichen weiblichen Vocals. Welche sich perfekt mit Herrn Bertholds Stimmbänder vermählen. Die drei Sängerinnen Sylvia Berthold, Mareike Makosch, Fenja Makosch liefern nicht nur einen guten Job in Bezug feminines Psychodrama ab, sondern sorgen mit ihrer zarten Darbietung zur Vervollständigung eines Gesamtkunstwerks. Als hätte Nietzsche van Gogh’s Ohr in Strohballen versteckt schleicht das Album davon, liefert perfekten Deutschpop mit schwarzer Galle, welche auf dem Harmoniebogen eines wellenloses Meeres schwimmt. Ein bißchen Zusammenfassung im Mittelteil der Review, bevor wir zum besten Song des Albums kommen. „Selbsterkenntnis“ glänzt mit einer introvertierten Vehemenz, die Gefühle spukt, welche fortan zu Perlen zu werden. Eine elegante Tragik in einer vollkommen harmonische Einheit verschmelzt. Die Selbsterkenntnis als schwierigstes Mahnmal der eigenen Daseinsfürsorge. Bitterkeit bleibt und liefert den perfekten Brückenschlag zum folgenden „Alleine mit dir“, ein in Theatralik badender Song voller durchdringender Sentimentalität. „Auf deinen Strahlen“ glänzt mit einer sakralen Grundstimmung. Die nebulös verruchte Romantik badet im See der Harmonie, sorgt für ruhige Momente und zelebriert genau so viel Bombast wie nötig um nicht überladen zu wirken.

„Was wollt ihr hören“ erinnert von der Melodie her (vor allem zu Beginn) an „big big world“ von Emilia. Mit „kleine Menschen“ liefert man eine Liebeserklärung an Kinder. Herzzerreißend mit erstsprachlichen Kindergedöns gesampelt („Mama“). Insgesamt schwächelt der Song, ein fehlendes Korsett scheint zudem melodietechnisch diesen Song zum schwächsten des Albums werden. Das ist Schade. Ein zentrales Sinnbild der Romantik wird in „die blaue Blume“ besungen. Songwriterisch geschickt wird die Sehnsucht in ein zerbrechliches Kleinod gekleidet und lässt doch die Sinne schärfen, für ein Abgleiten in Tagträumereien.

Fazit: Eine Wohlfühloase für den schwarzromantischen Melancholiker. Ein opulentes Kunstwerk voller epischer Klanglandschaften. Man merkt dem Album und der Band natürlich die Vorliebe für die Melange von opulenten Pop Rock a la Queen und traditioneller Klassik, welche mit reichlich barocken Bombast daherkommt, an. (andreas)