REVIEW

FILM „F“ (Horror/Thriller)

Originaltitel: F

Herstellungsland: Großbritannien

Erscheinungsjahr: 2010

Wertung: Gut

Regie: Johannes Roberts

Darsteller:
David Schofield, Eliza Bennett, Ruth Gemmell, Juliet Aubrey, Emma Cleasby, Finlay Robertson, Roxanne McKee, Tom Mannio, , Max Fowler, Mike Burnside, Christopher Adamson, Jamie Kenna

Die zunehmende Gewaltbereitschaft jugendlicher Straftäter findet nicht nur in den Schlagzeilen diverser Tageszeitungen vermehrt Beachtung. Nein, auch im Kino wird das Thema regelmäßig ins Zentrum einschlägiger Genre-Produktionen gestellt. „Eden Lake“, „The Strangers“ oder „Harry Brown“ seien da kurz erwähnt. Der britische Horrorthriller „F“ geht sogar noch einen Schritt weiter und degradiert die jugendlichen Kapuzenpulliträger zu gesichtslosen, eiskalten Mordmaschienen ohne den geringsten Anflug von Emotion oder Rationalität.

Der alt gediente Londoner Highschool-Lehrer Robert verpasst einem seiner Schüler für eine Klassenarbeit die Note „F“ (das englische Pendant zu ungenügend), was dieser mit einem gepfefferten Faustschlag ins Gesicht des Lehrers goutiert. Dieser Zwischenfall führt zum Erstaunen von Robert nicht zum Schulverweis des Raufboldes, sondern zu seiner eigenen Beurlaubung. Die Tat hinterlässt bei dem Lehrer deutliche Spuren, so gibt er sich dem Alkohol hin, seine Frau und seine Tochter wenden sich von ihm ab und er selbst beschäftigt sich nur noch mit den immer drastischer werdenden Zahlen der gewalttätigen Übergriffe jugendlicher Straftäter gegen Lehrer. Als er nach Monaten seinen Dienst in der Schule wieder antritt, scheinen seine schlimmsten Vorahnungen war zu werden: nach dem Schulschluss verschafft sich eine Truppe vermummter Gestalten zutritt zur verlassenen Schule, um Jagd auf die noch anwesenden Lehrer zu machen…
„F“ will weder eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Jugendgewalt an Schulen, noch eine ernst gemeinte Kritik am Bildungssystem in Großbritannien sein. Der Film benutzt die Thematik lediglich als Aufhänger für ein kleines, fieses Slasherszenario in einem unverbrauchten Setting. Und das funktioniert über weite Strecken erstaunlich effektiv, auch wenn rückblickend weitaus mehr drin gewesen wäre. Denn der Film hat ein gravierendes Problem. Ausgerechnet seine Hauptfigur schafft es nicht, als Sympathieträger zu funktionieren. Das geht schon beim „Trauma“ des Lehrers los, dass so kurz und knapp abgehandelt wird, dass es der Zuschauer gar nicht plausibel genug nachvollziehen kann, um es als solches zu akzeptieren. Darüber hinaus ist diese Figur viel zu unsymphatisch gezeichnet und bietet keinerlei Identifikationsmöglichkeit für den Zuschauer. Der eingestreute Konflikt zwischen Ehefrau und Tochter wird höchstens angerissen und bleibt für den Zuschauer über weite Strecken völlig im Unklaren. Auch die weiteren Lehrerfiguren werden höchstens angerissen oder schlichtweg auf ihre Profession beschränkt (z.B. strenge Direktorin, sportliche Sportlehrerin etc.). Was bei den Nebenfiguren noch zu verschmerzen wäre, schlägt jedoch bei der Hauptfigur ordentlich negativ zu Buche, denn so fehlt die Motivation des Zuschauers sich um seine Hauptfigur wirklich zu sorgen.

Dass es der Film dennoch schafft, der mangelnden Figurenzeichnung zum trotz ein wirklich bedrohliches Szenario aufzubauen, liegt an der angenehm altmodischen, ja geradezu klassischen Inszenierung der eigentlichen Bedrohung in Form von gesichtslosen, wieselflinken und unberechenbaren Angreifern. Es besteht für den Zuschauer keinen Zweifel, dass diese Typen durch und durch böse sind. Ja, im Kopf des Zuschauers findet gar eine Entmenschlichung dieser Übeltäter statt, da einem anstelle von Gesichtern einfach nur schwarze Löcher entgegen blicken, sie kein einziges Wort sprechen und sich scheinbar lautlos und blitzschnell bewegen können. Der unheilvolle und wirklich gelungene Soundtrack (mit seinen Flüsterstimmen und verzerrtem Kindergesang deutlich inspiriert von diversen Dario Argento Werken, wie z.B. „Suspiria“ oder „Phenomena“), der die Attacken dieser Truppe untermalt, trägt sein möglichstes dazu bei, diese Gestalten wirklich Furcht einflössend und leicht mystisch angehaucht in Szene zu setzen. Und auch die Regie hat ihre Hausaufgaben gemacht und spielt mit den Zuschauer genau das Suspense-Spiel was John Crapenter in seinem Meisterwerk „Halloween“ schon auf die Spitze trieb: er lässt die Zuschauer immer ein bisschen mehr wissen als die Protagonisten im Film, lässt die Angreifer schon lange vor der eigentlichen Attacke im Hintergrund auftauchen und ihre Opfer belauern, was unweigerlich dazu führt, dass der Zuschauer Teil des Geschehens wird, das Unheil lauern sieht und am liebsten aktiv in die Handlung eingreifen will, um die potentiellen Opfer zu warnen. In diesen Szenen fesselt der Film durch diesen psychologischen Kniff ungemein und schafft es mehr als einmal, den Zuschauer eiskalt in den Nacken zu packen. Nicht aus zu denken wie diese Szenen gewirkt hätten, hätte man wirklich mit den Figuren mitgefiebert.

Mutig und für die Atmosphäre sehr zuträglich ist allerdings, dass der Film trotz seiner deutlichen Slasher-Ausrichtung drastische Splatterszenen einspart. Viele der Mordszenen werden höchstens angedeutet oder blenden in den entscheidenden Momenten aus. Wer hier also ein blutiges „Highschool- Massaker“ erwartet (wie es der reißerische deutsche Untertitel mehr als überdeutlich suggeriert), könnte enttäuscht werden. Harmlos ist der Film aber deshalb bei weitem nicht, denn man bekommt die ein oder andere übel zugerichtete Leiche zu sehen. Des Weiteren ist die gnadenlose, eiskalte Konsequenz, mit der hier wirklich sämtliche Figuren gemeuchelt werden, schon beeindruckend. Das Ende des Films ist dann ebenfalls ein zweischneidiges Schwert, denn einen wirklich gelungenen Endspurt legt der Film nicht hin. Stattdessen läuft der Film langsam und eher unspektakulär aus. Das hebelt zwar die Erwartungshaltung an den, für das Genre üblichen, finalen Gegenschlag der Opfer gegen ihre Peiniger aus, und entlässt den Zuschauer so mit einem wirklich mulmigen Gefühl in die Dunkelheit des eigenen Wohnzimmers, dramaturgisch jedoch läuft dieser Abschluss eher ins Leere, was den Film unfertig bzw. nicht richtig zu Ende gedacht wirken lässt.

Insgesamt ist „F“ ein erstaunlich beunruhigender und fieser kleiner Horrorthriller, der es schafft, eine unheilvolle Atmosphäre aufzubauen und den Zuschauer mehr als einmal eiskalt zu erwischen. Hätte man etwas mehr Wert auf die Figuren, insbesondere der Hauptfigur gelegt, es hätte eine echte Genre- Perle werden können. So reicht es leider „nur“ zu einem ganz guten, Slasher-Thriller, der seinen Möglichkeiten etwas hinterher hinkt. (sebastian)