INTERVIEW

DESASTER :: Ein Pläuschchen mit Kuschke

Ja, da habe ich es doch tatsächlich nach 16 Jahren geschafft, mal wieder in die Zeche Carl nach Essen zu fahren. Anlass dafür war das Endzeit Festival (-> Hier geht’s zum Bericht) mit DESASTER, TRAITOR, DESTROY THEM, DECAPTACON. Mitten im Gewühl lief mir Markus „Infernal“ Kuschke über den Weg und da ließ ich mich nicht länger bitten und habe mit ihm eine Runde gequatscht. http://www.total-desaster.com/ (holger)

H: Hey Alter. du bist doch Markus oder?

M: Ja, richtig.

H: Ich hatte Peppi gefragt, ob es möglich sei, mit dir ein Interview zu machen. Er meinte dass das wohl kein Problem wäre. Hat er dich darauf schon angesprochen?

M: Nö, hat er nichts davon gesagt, können wir aber gerne machen.

H: Okay cool. Ich habe jetzt aber nichts aufgeschrieben oder so was und wäre auch eher an einem privaten Smalltalk interessiert, aber wenn es gut läuft kann ich sicher was draus machen.

M: Ja, gerne. Am besten wir gehen mal in den Backstage Bereich, dort ist es ruhiger.

 

Gesagt getan bin hinter dem Kuschke her getingelt, der sichtlich erheitert war, dass Jemand ihn interviewen wollte *hehehe Rockstars eben. Und ehe ich mich versah, habe ich geschnallt, dass der Backstagebereich die große Konzerthalle der Zeche war. Im Vorfeld muss ich sagen, dass Markus ein echt total lieber Mensch ist, ein äußerst lockerer Zeitgenosse, der seinen Status genießt und mit dem man sich wirklich gerne unterhält.

H: Meine Güte. Das letzte Mal, das ich hier drin war, ist 16 Jahre her.

M: Echt?

H: Ich glaube ja. Das war die Black Lava Tour mit Satyricon und Khold, die haben da auf der Bühne gestanden.

M: Aha, cool.

H: Okay. Wenn ich mich recht erinnere, hat sich „Hellfires Dominion“ letztes Jahr zum 20sten Mal gejährt.

M: (grinst mich an) Ja, das ist richtig.

H: Habt ihr irgendwas gemacht deswegen, einen Special Gig oder ähnliches?

M: (Lauthals) Nein. (Dann wieder leise) das haben wir nicht gemacht. Ich finde das irgendwie ein bisschen übertrieben. Jede Band feiert ihr Xtes Alben Jubiläum mit immer groß Tara, das müssen wir nicht machen. Aber dieses Jahr haben wir 30 Jahre Band-Jubiläum, da werden wir auf jeden Fall was starten.

H: Ja, meist steckt auch immer nur Kohle machen dahinter, aber ist es denn nicht dennoch schön, sich daran zu erinnern, was man früher so erreicht oder vollendet hat? Quasi alles nochmal zu durchleben? Oder meinst du, es würde die Leute nicht ansprechen? Ich finde die Scheibe auf jeden Fall richtig Hammer und würde mir den Hals abschrauben, wenn ihr das alles live spielen würdet *hehehe

M: Wir sind ja dabei, die alten Scheiben nochmal auf Vinyl rauszuhauen. Die „Hellfire´s Dominion“ ist ebenfalls als Doppel-LP bei Merciless erschienen, noch pünktlich letztes Jahr zum 20-jährigen Jubiläum der Scheibe. Das war schon toll, nochmal alte Fotos zu sichten für das Layout und sich die alten Aufnahmen aus dem Proberaum anzuhören. Auf der Bonus LP sind die Songs des Albums nochmal als Rehearsal Version zu hören. Das ist teilweise schon interessant, wie sich ein paar Parts von den Studioaufnahmen unterscheiden, also wie sich die Songs dann nochmal entwickelt hatten. Ich finde die Scheibe ja auch echt stark, wobei mein Lieblingsalbum von uns selbst eher das „Tyrants“ ist. Aber alle Songs live zu spielen, fänd ich eher langweilig, da spielen wir lieber immer ein Best Of Set aus allen Alben. Auf dem Bang Your Head spielten Twisted Sister mal die komplette „Stay Hungry“. Da fand ich auch, dass die sich lieber 2-3 Songs davon gekniffen hätten und lieber ein paar andere Songs hätten spielen sollen. Ohne uns jetzt mit denen vergleichen zu wollen, haha! Aber du verstehst, was ich meine? Zur Zeit arbeiten wir übrigens am Re-Release von „A touch of medieval darkness“. Das Debut-Album wurde ja schon gebootlegt, deshalb haben wir damit bis zum Schluss gewartet.

H: Ja, ich weiß was du meinst. Also bekommen wir heute auch kein 20 Jahre „Hellfires Dominion Set“ zu hören, nein?

M: Nein, nein, alles ganz normal. 2 neue Songs sind mit auf der Setlist.

H: Hm, schade. Also ich bin etwas in den 90ern stehen geblieben und zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass das letzte, was ich von Desaster kenne, die „Tyrants of the Netherword“ ist und habe echt überlegen müssen, wann ich euch zuletzt live gesehen habe. Ich dachte erst, es wäre 2001 auf dem Wacken gewesen, wo es so übel geregnet hat, aber dann fiel mir der Gig auf dem Rock Hard ein. Was war denn da mit eurem altem Drummer los? Der hatte ja echt Probleme hinterher zu kommen, eine bisschen Radfahren hätte wohl gut getan, oder?

M: Ja das und weniger saufen vor allem… Auf dem Wacken hat es geregnet echt? Das weiß ich gar nicht mehr.

H: Na ja, zumindest war es nass. Ich habe die letzen Jahre Desaster nicht mehr so verfolgt. Bei der Masse an Bands, die es gibt, geht vieles auch unter und ich habe mich gefragt, warum man euch nicht öfters live sehen kann. Wäre da mehr gewesen, hätte ich das sicher mitbekommen. Ihr spielt nicht viele Konzerte, oder? Wie viele Gigs macht ihr im Jahr?

M: Ja so 10 bis 12

H: Ja echt, doch so viele?

M: Ja, meist im Ausland.

H: Ja richtig, stimmt, ganz vergessen Brasilien und so.

M: Lateinamerika ist eher rückläufig, aber angrenzendes Ausland läuft ganz gut. Also, wir kriegen schon jeden Tag Angebote in Übersee zu spielen, aber meine Reiselust hat doch arg nachgelassen in den letzten Jahren, haha!

H: Warum so wenige Konzerte in Deutschland?

M: Ach, ich denke, hier gibt es echt ein Überangebot und ich will auf keinen Fall, dass die Leute auf ’nem Festival sagen: Ach, schon wieder DESASTER? Da geh ich lieber an den Bierstand! Tourneen werden heutzutage auch nicht besucht, wer geht schon noch unter der Woche auf ein Konzert? Nee, da suchen wir uns aus den ganzen Angeboten lieber die besten aus und spielen seltener. Und ein gutes Angebot bedeutet nicht, dass es die meiste Gage gibt, sondern dass die Umstände passen, wie z.B. dass wir mit Bands spielen, die wir selbst mögen und gerne live sehen. Oder dass es wie hier in der Zeche auch Koks und Nutten gibt, haha!

H: Okay, hehehe. Noch einmal zurück zu „Hellfires Dominion“. Ich hatte die Scheibe erst Ende des Jahres mal wieder raus gekramt und ganz vergessen, was für eine geile Platte es ist. Was ist dir eigentlich wichtiger Metal oder Melodie?

M: Hm. Denke Metal, denn Metal geht auch ohne Melodie.

H: Hast du schon mal eine Tonart bestimmt?

M: Nein, mit Theorie habe ich nichts zu tun.

H: Okay, alles gut. Ist auch echt besser so, glaube es mir. Als ich die „Hellfires Dominion“ wieder raus gekramt hatte, habe ich wieder Bock gekommen, einen Songs von euch zu covern. Wir hatten, als wir damals anfingen, immer „Past Present Forever“ gespielt. „Mein“ alter Schlagzeuger fand den Song immer so toll, deswegen hatte ich mir die Riffs neulich mal wieder drauf gepackt. Ich muss echt sagen, so eine Scheiße kann sich auch nur ein Linkshänder ausdenken *hehehe

M: Haha, eigentlich ist die Anfangsmelodie ja von Running Wild geklaut, harhar!!!

H: Echt? Krass. Meinst du, du hättest die gleiche/n Songs/Musik so auch als Rechtshänder geschrieben? Ich meine, das was du damals gemacht hast, war ja, bis auf die üblichen Einflüsse, stilistisch recht eigenständig. Oder denkst du, dass das Links/Rechts Kontinuum dabei keine Rolle spielt(e)?

M: Nee, glaube nicht, dass das irgendeinen Einfluss hatte. Obwohl, wer weiß? Das komische ist ja: Ich bin eigentlich Rechtshänder, aber schon mit 13 hab ich den Besenstiel beim Bangen immer links rum gehalten! Das hat sich irgendwie besser angefühlt.

H: *hehehe Okay. Das ist schon fast alles, was ich wissen wollte. Ich würde dir gerne eine CD von meiner Band geben. Das ist jetzt schon fast 12 Jahre her und die Lieder sind teilweise fast 20 Jahre alt.

M: Echt? So alt ist das? Kenne ich gar nicht.

H: Ich hoffe, der schlechte Sound stört dich nicht. Denke, die Riffs werden dir gefallen.

M: Nein, nein. Sound ist egal.

H: Es gibt 4 Scheiben, die mich musikalisch beeinflusst haben. Das ist die „Hellfires Dominion“, die „Nemesis Divina“, die „Arising Realm“ von Ragnarok und „Born oft he flickering“ von Old Mans Child.

M: Höre ich mir auf jeden Fall mal an…

H: Du bist gut 5 Jahre älter als ich und somit in den 80ern mit Musik groß geworden und ich sage mal, du kommst ja mehr so aus der Thrash Ecke. Kannst du mir erzählen, wie es damals dazu gekommen ist, dass Black Metal sich so verbreitet hat. Damit meine ich jetzt nicht Dimmu Borgir und Dissection, sondern wirklich die Zeit von 1990 bis, na ja, sagen wir mal „Mother North“ im Fernsehen lief. Ich kann mich noch wage dran erinnern, dass selbst Nuclear Blast Black Metal boykottiert hatte.

M: Das war ja genau der Reiz damals: Sogar der Death Metal, der kurz vorher Ende 80er/Anfang 90er geboomt hat ohne Ende, war halt langweilig geworden mit den ganzen Kapellen, die dann Death Metal in Jogginghosen und mit christlichen Texten (!) gespielt haben. Da kamen dann die Norweger um die Ecke mit ihren (Selbst-) Morden, Kirchenbrandstiftungen und dem ganzen krassen Scheiß, das beeindruckte natürlich die Jugend! Das war damals purer Underground und nach der Wende vor allem erstmal im Osten populär. Klar, später haben dann die Medien und großen Plattenfirmen das aufgegriffen und ausgeschlachtet, aber das ist ja nix Neues.

H: Ich denke, du wirst Einflüsse von frühen Darkthrone und Satyricon Werken nicht leugnen und ich will da auch gar nicht weiter drauf eingehen und mal gleich zur Inspiration übergehen. Was oder was hat dich damals oder auch heute noch zum Musik machen inspiriert bzw. was inspiriert dich? Liest du viel? Gehst du wandern oder schließt du dich mit 2 Gramm nepalesischem Dope und 6 Flaschen Budweiser im Keller ein? *hehehe

M: Haha! Ich denke, die größte Inspiration ist immer erstmal die Musik an sich, also, dass was man so hört und womit man aufgewachsen ist. Wenn dazu noch gewisse äußere Faktoren dazu kommen, wie z.B. ein paar Flaschen leckeres Bier oder ne coole Umgebung wirkt das natürlich inspirierend. Aber zumindest bei mir isses so, dass ich da nix erzwingen kann. Manchmal hab ich ne Songidee, wenn ich tatsächlich durch unsere schöne Gegend wandere, manchmal aber auch ganz banal beim Kacken oder Autofahren, haha! Auch der Gemütszustand spielt eine große Rolle, bzw. wegen der unterschiedlichen Stimmungen, aus denen ich heraus komponiere, entstehen eben auch ganz unterschiedliche Songs, mal hart und aggressiv, mal episch und melancholisch. Ich denke, dass ist auch immer noch das, was DESASTER auszeichnen, dass die Songs eben auch unterschiedliche Stimmungen und verschiedene Atmosphäre erzeugen.

H: Hätte ich selbst nicht besser beschreiben können. Cool. Irgendeine Meinung zum „Lords Of Chaos“ Film?

(lachen beide)

M: Ich hab ihn noch nicht gesehen, hab aber auch irgendwie gar nicht viel Bock, den zu gucken.

H: Ich auch nicht. Ja, ich denke, das soll es gewesen sein. Ich danke für die Zeit und das Pläuschchen. Denke wir sehen uns später auf’n Bier, was?

M: Das machen wir…

Nach 20 Jahren als Musiker habe ich eine weiter Person getroffen, die mich damals inspiriert hat, mir überhaupt eine Gitarre zu kaufen. Nach Taake, Isvind und Dodheimsgard reihen sich Desaster in die Liste der tributierten Bands ein. Horns up, bang or be banged. (holger)