Die Bochumer Formation kommt zurück und sie kommt zurück mit einem genialen neuen Werk! (-> Review hier lesen)
Vorab vielen Dank an Kai und Falk für die ausführliche Beantwortung der Fragen! Als uns Falk damals anschrieb, konnte er wohl nicht wissen, dass hier beim Amboss ein Fan der ersten Stunde „arbeitet“. Nur ganz kurz: Ich weiß heute noch, wo ich damals die „Way to Salvation“ kaufte und ich kann mich gut erinnern, als mich eine Dame beim Psyche Konzert 1987 in Dortmund auf ein interessantes Konzert mit eben dieser Band aufmerksam machte. Nichts wie hin… tolles Konzert… irgendwo übernachtet… zu gefühlt hundert Personen in einem (gefühlt) besetzten Haus. Und zurück nach Hause mit einen Gepäck an Erinnerungen. Und dann hab ich sie gefunden (1,5 Jahre später), die erste VÖ von SD… gekauft (natürlich), zusammen mit einer Band, welche ebenfalls Schwarz-Weiß-Cover zu lieben schien (Every new Dead Ghost).
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können (Jean Paul). Der Geschichte Beginn hat heuer der Geschichte Gipfel.
(Fragen sind von Andreas, Fotos von www.secret-discovery.com/)
Erstmal Glückwunsch zum neuen Album. Ich halte es für perfekt austariert zwischen Härte, Melancholie, Melodie und Düsternis. Wo seht ihr die Stärken des Werkes? Gab es im Entstehungsprozess auch Reibungspunkte?
Danke Dir! Ich sehe die Stärken eindeutig darin, dass die Songs genügend Zeit hatten zu reifen. Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Songs geschrieben und genau diese haben es jetzt auf das Album geschafft – einzelne Songs sind bis zu 3 Mal überarbeitet und da wir diesmal keine Plattenfirma im Nacken hatten, die uns unter Zeitdruck setzt, haben wir uns die Ruhe gegönnt, den Songs die Zeit zu geben, die sie brauchten. Wir konnten dementsprechend auch aus einem recht großen Pool an Songs schöpfen, um das Album so perfekt wie möglich zu konzipieren. Reibungspunkte gibt es immer wieder mal, aber Kai und ich sind eigentlich ein eingespieltes Team, von daher kommen wir meist schnell zu einem Kompromiss womit beide Parteien klar kommen…
Ihr habt neben verschiedenen EPs neun Alben veröffentlicht und euch eine große Fanschar erspielt. Wenn man nach 17 Jahren ein neues Werk veröffentlicht, gibt es doch sicherlich die Frage, welchem Album soll es ähneln? Oder ward ihr frei von solchen Gedanken?
Da muss ich sagen, dass wir von solchen Gedanken völlig frei waren – wir haben uns gesagt, wir machen was uns gefällt, und lassen auch die vergangene Zeit vom letzten Album bis jetzt auf uns wirken mit allen neuen Eindrücken, Einflüssen und Lebensereignissen. Jedes musikalische Genre ist auch einem Wandlungsprozess über die Jahre unterworfen, und wir wollten explizit auch nicht versuchen, uns selbst zu kopieren, sondern unsere Musik soll uns so darstellen wie wir heute sind. Wir wollten nicht in den 2000ern oder in den 90ern hängen bleiben, auch wenn das für uns eine geile Zeit war…:-)
Wie seht ihr im Nachhinein das letzte Album „Alternate“ von 2006? Wäre es ein würdiger Abschluss gewesen oder war die Pause hernach zwingend?
Ich denke, es war ein würdiger Abschluss – 17 Jahre sind eine lange Zeit und ich sehe ‚Truth Faith Love‘ auch eher als Neuanfang als eine Reunion. Nein, die Pause war zumindest aus musikalischer Sicht nicht zwingend, aber aus persönlicher Sicht wahrscheinlich schon – es gab zu viele Interessenkonflikte und unterschiedliche Prioritäten im Bandgefüge. Für uns musste Musik in erster Linie immer uns selber Spaß machen und der wäre dabei sonst auf der Strecke geblieben… Wir haben nie wirklich aufgehört, Musik zu machen (zumindest Kai und ich), aber der ganze Druck von außen war auf einmal weg, was dann in der Folge den Weg für viel Kreativität ebnet… 😉
Nach dem Album ging es auf Tour mit Unheilig. Wenn ihr die damaligen Ziele mit den heutigen Zielen im Kontext setzt. Wo sind Schnittpunkte, wo sind Gegensätze?
Die ganze musikalische Welt hat sich verändert – Konzerte sind inzwischen völlig überteuert, kaum jemand kauft noch physische Alben. Heute downloadet man, man streamt – Musik ist noch kurzlebiger geworden als sie immer schon war. Es gibt Tiktok, Instagram und Youtube – die Welt ist digitaler geworden. Soziale Netzwerke spielen eine tragende Rolle im Musikbusiness. Das gab’s damals ja maximal in den Anfängen und war (ist) für uns totales Neuland, wo wir uns als Band komplett neu positionieren müssen. Es hat natürlich auch für uns viele Vorteile – die Welt ist kleiner geworden. Über Spotify erreicht man heute auch Fans in Neuseeland oder Kanada, das war damals deutlich komplizierter, wenn nicht sogar unmöglich und vor Allem deutlich teurer. Es ist viel einfacher, mit seinen Fans zu kommunizieren, und das war uns immer sehr wichtig. Heute ist es möglich, digitale Fußspuren zu hinterlassen – das war mit physischen Tonträgern ja nicht möglich. Das Internet vergisst nie, auch ein Grund, warum wir jetzt anfangen, auch alle unsere alten Alben in remasterter Form Stück für Stück digital über Streaming-Dienste und Download-Portale zur Verfügung zu stellen! Das ist ja schließlich unser musikalisches Lebenswerk… Die „Question of Time“ ist inzwischen online und jetzt kommt Anfang April „Wasted Dreams“ – darüber sind wir auch mega happy…
Titel des Albums ist „Truth, Faith, Love“. Bezogen auf einem bekannten Wort-Dreigestirn habt ihr die Hoffnung mit der Wahrheit getauscht. Während das eine zuletzt stirbt, stirbt das andere wohl meistens zuerst. Gab es diese Gedanken oder was hat euch zu diesen Titel geführt und welche tiefsinnige Bedeutung steckt dahinter?
„Truth, Faith, Love“, also „Wahrheit, Glaube, Liebe“ ist so ein bisschen der rote Faden, der sich durch fast alle Songs des Albums zieht. Der Titel ist angelehnt an das christliche Credo ‚Glaube, Liebe, Hoffnung‘. Ursprünglich wollten wir das Wort „Hope“ durchstreichen und durch „Truth“ ersetzen aber uns gefiel es subtil dann doch besser. Wir denken, dass es ohne Wahrheit, gerade in der Religion, aber auch generell, keine Hoffnung geben kann und das größte Problem ist, dass es gerade in unseren „Fake-News“ – Zeiten sehr schwer ist, Wahrheit zu finden! Und das Schlimmste ist: Menschen gewöhnen sich daran, mit Lügen zu leben, ob aus der Religion, Politik oder der Gesellschaft… Und was bedeutet schon Glaube oder Liebe, wenn alles auf Lügen basiert!? …
Warum habt ihr euch für „nimm mich mit“ als erste Singleauskopplung entschieden? Es scheint nicht typisch für das Werk zu sein und wer hat sich die Geschichte ausgedacht?
Haha – die Frage kommt so oft, alleine dafür hat es sich schon gelohnt!! 🙂 Der Einwand stimmt und vielleicht haben wir es genau deswegen auch gemacht – vielleicht nicht kommerziell sinnvoll, aber ‚Secret-Like’… In meinen Augen polarisiert das Album eh, die stilistische Bandbreite der Songs ist sehr groß, da ist es schwierig, ‚den‘ Song zu finden, der das komplette Album repräsentiert… Felix und die Jungs von Crematory sind schon seit langer Zeit gute Freunde von uns. Genau gesagt, seit unserer gemeinsamen Tour (es war die „Out of the Dark“ Tour, glaube ich) Mitte der 90er Jahre. Da haben wir quasi jeden Abend zusammen gefeiert, dass wir nach der Tour erstmal alle ins Reha- Zentrum mussten! 😉 …
Als Gag hat Kai damals mit Felix des Öfteren deren damaligen Hit „Tears of Time“ live gesungen, während Felix bei uns zu „Hello Goodbye“ geshoutet hat! Das hat immer total Spass gemacht und die Leute haben das gefeiert! … Wir haben uns auf dieser Tour so gut verstanden, dass diese Freundschaft über die Jahre erhalten geblieben ist, auch wenn wir ja 17 Jahre musikalisch gar nicht mehr präsent waren. Zwischendurch haben die Jungs uns mal bei einem unserer raren Live-Konzerte, wie zBsp. auf dem Amphi-Festival besucht und als wir „Nimm Mich Mit“ geschrieben haben, dachten wir die ganze Zeit: da müsste doch eigentlich jemand wie Felix mit shouten – bis wir dann irgendwann gesagt haben: warum eigentlich nicht Felix!? … und der hat sofort zugesagt, nein falsch, er hat wörtlich gesagt: “Für euch immer!“ …großartiger Typ!… ;-))
Das Video ist düster und ist leicht surreal gehalten. Mit wem habt ihr zusammen gearbeitet und wie seht ihr die visuelle Umsetzung im Kontext mit der Geschichte?
Das Video haben wir zusammen mit den ‚Dor Brothers‘ gemacht. Die Idee hatte tatsächlich Kai, der ja auch als als Grafik Designer tätig ist! Die gezeichneten Bilder sind allesamt computererzeugte Bider auf Basis künstlicher Intelligenz, die nachträglich animiert wurden, gemischt mit realen Aufnahmen. Dadurch entstehen surreale Bilder und Welten und natürlich eine ganz spezielle Ästhetik, die uns sehr gefallen hat und unsere Single „Nimm Mich Mit“ perfekt illustriert. Die Story des Songs erzählt von einem jungen Mann, der alles im Leben verloren hat und sich aufmacht, um seine große Liebe zu finden. Sie verkörpert für ihn alles, wofür es sich noch zu leben lohnt. Als er die vermeintliche Liebe seines Lebens trifft, bittet er sie, ihn mitzunehmen, um der Trostlosigkeit seines alten Lebens zu entfliehen und endlich sein Glück zu finden. Letztendlich muss er feststellen, dass dies nicht der Anfang ist, sondern das Ende ist, denn diese Frau ist der Tod… und somit begibt er sich auf seine letzte Reise… (Zitat aus unserem EPK)
Mit „alles versucht“ gibt es einen zweiten deutschen Song. Ist das Songwriting bezogen auf die Hookline hier schwieriger, oder spielt die Sprache dabei keine Rolle?
Es gibt Texte, die einfacher sind, in englisch umzusetzen, und andere, für die sich deutsch besser eignet. Für mich (Kai;-)) ist es prinzipiell einfacher, in englisch zu texten – ganz einfach, weil die englische Sprache etwas „sanglicher“ ist und auch wegen der Wort-Endungen weicher klingt. Der Vorteil deutscher Texte liegt auf der Hand: Gerade unsere heimische Fan-Gemeinde versteht so ohne Umweg natürlich sofort die Message, und ich finde, als deutsche Band sollte man durchaus auch mal zeigen, woher man kommt!
Geht es in dem Song darum, etwas früh genug zu beenden, bevor man einen hoffnungslosen Kampf beginnt, dessen Ende bei genauem Hinsehen absehbar ist?
Ja, zum Teil – vor allem geht es darum, dass wir oft viel Energie aufbringen, um Ziele zu erreichen, welche evt. gar nicht erstrebenswert sind, und verlieren dabei viele der wichtigen Dinge aus den Augen. Diese Ziele werden sehr oft von der Gesellschaft vorgegeben und beziehen sich meist auf materielle Dinge, wie Wohlstand, Geld und Macht. Unsere Politik macht es uns ja vor – da geht es gar nicht mehr um Menschen oder Menschlichkeit – sondern nur noch um Eigeninteresse, Profit und Gier!
Letztendlich werden wir von der Realität auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, die uns zeigt, dass wir die ganze Zeit auf Irrwegen unterwegs waren! Was bringen uns Wohlstand und Geld, wenn wir keine Freunde haben oder unsere Familie vernachlässigen und dann mit 40 am Herzinfarkt sterben. Was bringen uns berufliche Höchstleistungen, wenn dann eine Pandemie, wie Corona zBsp., von heute auf morgen deine ganze Existenz in Frage stellt?!
Würdet ihr „Battleships“ als euren Beitrag zum aktuellen Weltgeschehen bezeichnen?
Es passt natürlich wie die Faust auf’s Auge, gerade zum Krieg in der Ukraine. Der Song ist allerdings bereits vor einigen Jahren entstanden, als es diesen Krieg zumindest in dieser Form noch nicht gab! Im Zuge der Aufbereitung unseres gesammelten Materials haben wir aber durchaus festgestellt, dass „Battleships“ aktueller ist denn je, und haben ja sogar ein Sprachsample von Putin in den Z-Part eingebaut, um das sogar noch etwas zu featuren! Allerdings ist uns letztendlich die Anti-Kriegs Thematik bei alldem wichtiger, als der konkrete Bezug zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Wenn man genau hinsieht, gibt es „Kriege“ auf der ganzen Welt und es gibt dabei immer die Unterdrückung von Menschen, Minderheiten oder Meinungen mit unverhältnismäßigen bis brutalen Mitteln seitens des Staates, der Religion oder der Gesellschaft! Wir finden, das gehört nicht in diese Welt – daher ist der Song natürlich vor allem auch Metaphorisch gemeint! …
„The Gun“ hört sich martialisch an. Es gibt die Passsage „You are the GUN at my head but i love you ‚til i’m dead“. Gibt es hier das beziehungstechnische Stockholm-Syndrom?
Haha – guter Ansatz und letztendlich ist es ähnlich! Es geht um eine Art „psychische“ Abhängigkeit von der Person, die man liebt, egal wie gut oder auch nicht, sie dir tut! Während es beim „Stockholm-Syndrom“ ja eher um eine Geisel-Entführer Situation geht, ist hier aber eine toxische Liebesbeziehung gemeint, in der sich der Protagonist auf Gedeih und Verderb seiner großen Liebe unterordnet und diese bedingungslos liebt, obwohl er fühlt und genau weiss, dass ihn das auf Dauer zugrunde richten wird!
Die neue, zweite Singleauskopplung ist „I cry“, welches als Lyric Video online ging. Welche Fußstapfen verfolgt ihr hier?
Es ist immer schwierig, letztendlich zu entscheiden, welcher Song soll jetzt Single werden und warum. Gerade, wenn du dich monate- und jahrelang mit den Songs beschäftigt hast, fällt es dir schwer, zu beurteilen, welcher Song jetzt zBsp. für das Album steht oder welchen Song du als Single besonders hervorheben solltest. Wir haben uns für „I Cry“ entschieden, weil wir mal nicht den Weg gehen wollten, den eine Plattenfirma gegangen wäre, indem sie möglichst den „massenkompatibelsten“ Song auswählt, sondern haben bewusst (ebenso übrigens auch mit der ersten Single „Nimm Mich Mit“) einen Song gewählt, der stärker polarisiert. Außerdem ist „I Cry“ ein starkes Bindeglied zwischen den „ursprünglichen“ Secret Discovery und denen der Neuzeit, indem wir hier die düstere SD Stimmung der Anfangszeit mit dem modernen Songwriting von heute verknüpft haben… das fanden wir FÜR UNS wichtig! 😉
Ihr habt bei der ersten Single mit Felix Stass und für eine Version von „Dein Reich“ mit Axel Rudi Pell zusammengearbeitet. Sprecht ihr die Leute an, oder entsteht so etwas aus einer Bierlaune heraus?
Haha – es ist sicher eine Mischung aus Beidem – nein, eigentlich dachten wir bei beiden Songs, dass die jeweiligen Künstler dem entsprechenden Song eine coole, besondere Note geben würde. Felix Stimme bei ‚Nimm mich mit‘ passte eben genau in das Konzept des Songs und Axels Art, Gitarre zu spielen, bereichert einfach den Song „In my Life“.
Für die Backings und Additional Vocals sorgt Tom Seger, im Internet findet man nichts, könnt ihr kurz seine Vita darstellen?
Ja, da wird man bis dato nicht viel finden. Tom hat bei früheren Projekten von uns schon öfter mal Backing Vocals eingesungen und hat selbst in kleineren Projekten partizipiert, aber ist ansonsten noch nicht wirklich in Erscheinung getreten. Zum Beispiel in unserer (unveröffentlichen) Version von Nine Inch Nails ‚Hurt‘ singt er die zweite Stimme neben Kai (den Song findest du bis dato allerdings nur bei Youtube auf unserem Kanal).
Ansonsten ist bewundernswert, dass ihr nach so langer Zeit noch mit vier Gründungsmitgliedern daherkommt (und Dirk ist auch seit 97 dabei). Welche Bedeutung hat die gewohnte Umgebung für den Entstehungsprozess des Albums?
Hmm… Eigentlich sind es ja nur Kai, Gucky und ich – Dirk hat bis dato einen Song remixed und wir sind in Gesprächen, ob er zumindest evtl. für Live-Shows zu uns stößt. Aber das ist alles bislang noch nicht spruchreif. Aber zu deiner Frage – die gewohnte Umgebung ist für uns nicht unbedingt wichtig – der Kreativität ist es durchaus zuträglich, mal aus seiner ‚Komfort-Zone‘ rauszukommen, das eröffnet oft neue Sichtweisen und macht Raum für neue Ideen. Viele meiner Ideen für neue Songs entstehen beispielsweise auch im Urlaub – bei Sonne, Meer und Palmen und dem Kopf frei vom Alltag ist schon so die ein oder andere Songidee geboren worden… 😉
Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr 13 Songs für das Album geschrieben. Gibt es Gründe, warum es drei Songs nur auf die Limitierte CD schafften und was ist mit Song Nr. 13?
Das eigentliche Album (wie es auch auf der Vinyl ist) umfasst eigentlich 9 Songs (mehr passt ja leider ohne Qualitätsverlust nicht auf eine Schallplatte – das Äquivalent nur als CD ist das Jewel- Case – auf der Special Edition (Digipack) sind dann zusätzlich noch 2 weitere Songs und 2 Remixe von „Dein Reich“. Wir mussten unser Repertoire eh schon drastisch kürzen, weil wir eigentlich viel zu viele Songs hatten – aber jetzt entscheide dich mal, wenn du 5 Kinder hast und du darfst nur 3 mitnehmen :-))
Deshalb entstand die Idee für die Special Edition, wo letztendlich die Songs vertreten sind, die auf keinen Fall fehlen sollten. Wir werden allerdings Stück für Stück einzelne Songs (zumindest vorerst allerdings nur in digitaler Form) noch nachliefern, die in unseren Augen zu schade sind, um sie einfach wieder einzustampfen…! …das ist der Nachteil wenn man jahrelang einfach nur produziert…! 😉
Welche Bedeutung hat in Zeiten des Streamings ein Cover und die Aufmachung von physischen Tonträgern? War euch wichtig, das Album auch als Vinyl zu veröffentlichen?
Für uns mega wichtig – es war für uns anfangs eher befremdlich, dass man heute Musik eigentlich hauptsächlich nur noch digital konsumiert – für mich als Musiker und auch als Musikliebhaber war es immer ein Muss, von einer Band, die ich gut finde, auch ein physisches Produkt in Händen zu halten. Ein Tonträger (ob Vinyl oder CD) ist immer ein Gesamtkunstwerk, Das Cover und die Texte, Fotos etc. gehören für mich einfach dazu – klar, streame ich auch, vor allem, um in neues Material reinzuhören, und dafür finde ich Spotify etc. auch mega praktisch, aber wenn mir ein Album gefällt, kaufe ich mir in jedem Fall die CD/Vinyl (sieht ja auch komisch aus wenn in meiner Sammlung maximal noch USB-Sticks liegen! 🙂
Die Vinyl hat nach unsere Reunion eine ganz besondere Bedeutung – unser allererstes Album war eine Vinyl (‚Way to Salvation‘) und so musste unser erstes Reunion-Album auch in Vinylform das Licht der Welt erblicken. Hat für uns also auch sehr nostalgischen Charakter. Mega, dass Vinyl heutzutage wieder eine so große Akzeptanz genießt! Einfach nur geil, wenn man eine Platte auflegt und die ersten zwei Rillen warm knistern bevor der Song losgeht – ich liebe es…! 🙂
Es gibt im Bereich des Dark Rocks reichlich gute neue Bands. In Print- und sozialen Medien wird eure Rückkehr begeistert gefeiert. Glaubt ihr, dass eine Sehnsucht nach altem und bekanntem besteht?
Ja – das wissen wir sogar – uns haben in den letzten Jahren immer wieder Nachfragen erreicht, ob wir alte Alben neu auflegen oder wenigstens per Stream/Download anbieten. Dem haben wir jetzt Rechnung getragen und werden Stück für Stück unseren gesamten Backkatalog in digital geremasterter Form veröffentlichen. Die „Question of Time“ welche vor ca. 1 Monat digital als Stream oder Download erschienen ist war der Startschuss – Anfang April geht’s mit der „Wasted Dreams“ weiter!!
Aktuell ist die Lage im Musikbusiness nicht einfach. Viele Konzerte und teilweise ganze Touren werden aufgrund von schlechten Vorverkaufszahlen abgesagt. Wie seht ihr die aktuelle Situation und habt ihr evtl. Lösungsvorschläge?
Ja, die Live-Situation und auch der Verkauf physischer Tonträger ist eine Katastrophe und wird immer schlimmer. Corona und Corona-Politik-Versagen haben eine der letzten Möglichkeiten für Musiker genommen, einigermassen „kostendeckend“ kreativ zu arbeiten. Lösungsvorschläge haben wir leider nicht, da sind ganz einfach die Fans gefragt!
Wenn man möchte, dass die Musik- und auch Konzertlandschaft divers bleiben soll, muss man das unterstützen! Dann muss ich auf Konzerte meiner Lieblingsbands gehen, auch wenn diese nicht „Rammstein“ heissen oder „Rihanna“ und Musik der Bands kaufen (nicht nur streamen), die mir am Herzen liegen. Auch Merchandise kann man kaufen, um diese Bands zu supporten. Kaum einer da draußen kann sich vorstellen, was für ein Aufwand hinter der Produktion eines Songs oder auch eines ganzen Albums steckt. Das sind „unbezahlte“ Stunden, Tage und Monate, nur um am Schluss ein Gesamtwerk zu schaffen, welches einzigartig ist und in dem so viel Herzblut und Inspiration steckt, dass man als Musiker möchte (und es auch verdient hat), dass es wenigstens gewürdigt wird.
Dazu kommt noch die extrem kostspielige Produktion und Herstellung von Tonträgern, die sich prinzipiell in der aktuellen Situation quasi gar nicht mehr rechnet! Da stehst du am Anfang mit einem hohen 5-stelligen Minusbetrag da und weißt genau, dass du diese Kosten nur mit ganz viel Glück wieder rein bekommst! Ohne Idealismus oder zum Geld verdienen machst du heute keine Musik mehr! Das ist ganz einfach eine Liebe zur Musik, die Sucht nach Kreativität, eine Liebeserklärung an deine Fans und und die Wertschätzung der Menschen, die deine Musik lieben, weswegen du dir diese Mühe überhaupt machst. Daher ist die aktuelle Situation natürlich für alle kleineren Künstler extrem deprimierend und wird vermutlich in der Zukunft viele tolle Musiker davon abhalten, ihrer Kreativität freien lauf zu lassen…
Daher: Leute – supportet Eure Lieblingsbands – gerade, wenn es nicht die großen der Branche sind ansonsten wird es bald nur noch Mega-Konzerte in Stadien und großen Hallen geben. Das wäre der Tod der Club-Konzerte!
Anschließend die Frage: Was ist aktuell live geplant?
Passt ganz gut zur letzten Frage 😉 … Wir hatten diverse Anfragen für Festivals oder Einzelshows in diesem Jahr, die wir leider ablehnen mussten, weil wir einfach noch nicht bereit waren bzw. sind. Wir fangen jetzt erst so richtig an zu planen, was Live-Konzerte angeht, da wir tatsächlich mit der Produktion des Albums unsere Kräfte bündeln mussten! Wir werden noch in diesem Jahr (Herbst – Winter) zumindest ein, zwei Konzerte spielen, um das neue Album zu feiern, und wollen nach und nach versuchen, vor allem auf Festivals zu spielen. Das allerdings wird eher im nächsten Jahr stattfinden, die Sommerfestivals in diesem Jahr sind bereits alle in den Startlöchern. Vorstellen könnten wir uns auch eine kleine Co-Headliner – oder Festival-Tour mit anderen Bands unseres Genres, aber das ist derzeit noch nicht konkre,t sodass ich noch nicht allzuviel dazu sagen kann.
Wenn man euer (selbstgewähltes) Gründungsdatum 1989 betrachtet, gibt es im nächsten Jahr ein Jubiläum. Da ihr ja das Silberne verpasst habt, ist zum 35ten was besonderes geplant?
Haha – gut, dass du’s erwähnst! … haben wir noch nicht drüber nachgedacht, aber auf jeden Fall eine gute Gelegenheit – wir machen uns Gedanken!!! 😉