FILM+HÖRSPIEL

FILM „Hetzjagd ohne Gnade“ (Polizieschi)

Originaltitel: La Città gioca d′azzardo

Produktion: Italien, 1974

DVD-Veröffentlichung: 04.04.2014

Wertung: gut

Regie: Sergio Martino

FSK: 18 (nicht geprüft)

Darsteller: u.a. Luc Merenda, Dayle Haddon, Enrico Maria Salerno, Corrado Pani, Salvatore Puntillo

Genre: Polizieschi

Studio: filmArt

Inhalt:
Luca Antieri, von Beruf ‚Falschspieler‘, verdient sich in Mailand seinen Lebensunterhalt mit gezinkten Karten. In einem renommierten Casino gewinnt er mit lockerer Hand eine hohe Geldsumme und zieht dabei besonders die Aufmerksamkeit des Inhabers auf sich. Luca bekommt ein Angebot das er nicht ablehnen kann: Er soll die Umsätze des Casinos verdoppeln. Das Spiel ist einfach, nicht jedoch die Beziehung zu Marie-Luisa, die Freundin von Kurano, in die sich Luca nach kurzer Zeit verliebt. Kurano ist der Sohn des Casinobesitzers und eine gewalttätige, tickende Zeitbombe die genug von der Bevormundung seines Vaters hat und dessen Geldgeschäfte neu organisieren will. Es kommt zur unvermeidbaren Auseinandersetzung zwischen Luca und Kurano. Luca werden die Hände zertrümmert… mit letzter Kraft kämpft er um alles, was für ihn noch eine Bedeutung hat: Marie-Luisa und ihre gemeinsame Zukunft! Die Uhr tickt…

Sergio Martino, einer der großen Regisseure des italienischen Kinos legte mit „Hetzjagd ohne Gnade“ eine schöne Gangsterballade vor, die sich doch deutlich von seinen mir bekannten Filmen unterscheidet. Erzählt wird eine Episode aus dem Leben vom Lebemann Luca Antieri, der seit seiner Kindheit Falschspieler ist. Der Film nimmt sich Zeit, die Charaktere fein zu zeichnen, geht aber dabei recht forsch zur Sache. Heutzutage würde man für diese Art von Geschichte wahrscheinlich einen 3-Stunden-Film drehen, aber Martino kommt mich 96 Minuten aus. Dazu benutzt er an mehreren Stellen Rückblicke und schnelle Schnitte, die mit Musik unterlegt sind, anstatt uns diese Handlung explizit und mit allen Details zu servieren. Es mag oberflächlich klingen, aber das ist es nicht, vielmehr trägt dieses Vorgehen zur Geschwindigkeit des Filmes bei und die Zeit wird genutzt, um die primären Charakterzüge hervorzuheben und die Geschichte voranzutreiben.

Luca ist ein Lebemann und unbesorgter Typ, der auf seinem Motorrad durch Mailand knattert und sich sorglos in das Zwielicht stürzt. Seine große Liebe Marie-Luisa hingegen ist gefangen in dem goldenen Käfig von Kurano und hat den Spaß am Leben vergessen, bis sie auf Luca trifft. Der Wunsch, ein neues Leben zu beginnen, ist so groß, dass man sich gegen den Sohn des „Präsidenten“, wie der Casinobesitzer genannt wird, stellt. Als Konsequenz wird sie beinahe auf Befehl ihres Gönners vergewaltigt und mehrfach verprügelt. Heutzutage ist es gesellschaftlich selbstverständlich verpönt, Gewalt gegen Frauen zu benutzen, aber in den Siebzigern herrschten noch andere gesellschaftliche Maßstäbe, wahrscheinlich nicht nur im Gangstermilieu. Heute strotzt das Kino vor starken Frauen, die ihren Mann stehen und selbst allerlei Prügel verteilen. So ändern sich die Zeiten…

Der „Präsident“ hasst seinen Sohn, weil er ihn für einen Nichtsnutz und Versager hält, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruht; er ermöglicht Marie-Luisa und seinem „Angestellten“ Luca die Flucht mit einem Koffer voller Geld und guter Ratschläge. Der „Präsident“ ist ein typisch stilvoller Gangster: gerne hätte ich mehr von ihm in dem Film gesehen, denn er hat seine Prinzipien und auch das Wort „Ehre“ ist ihm nicht fremd, was seinem Sohnemann allerdings etwas abgeht. Dieser zertrümmert Luca die Hände, was in seinem Beruf offensichtlich eher hinderlich ist… Parallelen zu „Töte, Django“ (ebenfalls bei filmArt erschienen) sind nicht zu übersehen. Ob die Flucht gelingt und wie der Film ausgeht, werde ich euch nicht verraten, aber soviel sei gesagt: der Charakter Lucas bleibt immer glaubwürdig und lässt uns mit ihm die Situationen durchstehen.

Luca Antieri wird gespielt von Luc Merenda, der u.a. aus „Die Säge des Teufels“, „Der Mann ohne Gedächtnis“ oder „Die Killermafia“ bekannt ist. Er löst diese Aufgabe mit Bravour, halte ich diesen Film doch für den schauspielerisch anspruchsvollsten der genannten Werke, denn schließlich ist der Film nicht auf reine Action und Gewalt ausgelegt, wenngleich die Verfolgungsjagd am Ende des Filmes sehr rasant inszeniert wurde. Er verkörpert die Figur glaubhaft und man geht den gesamten Weg mit ihm, was aber auch an Sergio Martino und seinem Kameramann liegt: manche optische Spielerei sorgt für Kurzweil und einen Ausbruch aus dem konventionellen Abfilmen eines Krimis. Der Soundtrack ist ebenfalls sehr hörenswert: neben beschwingter Unterhaltungsmusik sorgt sie auch für ordentlich Atmosphäre und wechselt auch mal zu düsteren Synthesizerklängen.

Kommen wir zur Umsetzung des Filmes. Wie gewohnt liefert filmArt ein großartiges Paket ab: sehr schönes Bild (2.35:1, anamorph), guter Ton (deutsch und italienisch im 1.0 Mono). Da es sich um den dritten Teil der „filmArt Polizieschi Edition“ handelt, gibt es verpackungstechnisch keine Experimente (Gott sei Dank) und der Film macht sich im Regal (wenn er nicht gerade im DVD-PLayer rotiert) hervorragend neben den beiden vorangegangenen Filmen aus der Reihe: „Die letzte Rechnung schreibt der Tod“ und „Die Killermafia“. Natürlich ist wieder ein Booklet dabei, welches vor Informationen nur so strotzt. Heiko Hartmann beleuchtet viele Facetten des Filmes und der Beteiligten, wobei ich immer empfehlen würde, das Booklet erst nach dem Film zu lesen… so bleiben manche Überraschungen erhalten. Ergänzend kommt der italienische Originaltrailer und eine filmArt-Trailershow dazu.

Für Fans des Genres ist es wieder einmal ein absoluter Pflichtkauf! Haltet auch unbedingt die Augen offen, was die kommenden Veröffentlichungen von filmArt betrifft: da kommen einige Knüller auf uns zu! (chris)