INTERVIEW

ANTONIUS REX / JACULA – The History (Part 2)

All photos were used by kind permission of MUSIK RESEARCH
All covers were scanned from the BLACK WIDOW RECORDS-releases

Part 2: 1974 bis 1980 :: ANTONIUS REX und das Ende?!

Willkommen zum zweiten Teil der ANTONIUS REX / JACULA-History!

Nachdem sich JACULA mit dem hervorragenden Album „Tardo Pede In Magiam Versus“ einen Namen gemacht hatten, wird die Band vom Mastermind Antonio Bartoccetti zu Grabe getragen. Aber für Antonio Bartoccetti ist deshalb keine Pause angesagt: „Die Menschen waren noch nicht bereit für JACULA, daher wurde das Kapitel 1972 beendet. In dem Jahr sollte eigentlich das Album „Black Wizard“ mit INVISIBLE FORCE eingespielt und veröffentlicht werden, aber dazu kam es leider nicht. Ich machte im selben Jahr meinen Abschluss in Philosophie und habe bereits umgehend mit dem Songwriting für das erste ANTONIUS REX-Album „Neque Semper Arcum Tendit Rex“ begonnen.“

Das Album wirkt wie eine Fortführung des JACULA-Sounds, weil „“In Hoc Signo Vinces“ und „Non Fiat Voluntas Tua“ bereits für das dritte Album von JACULA geschrieben wurden.“ Aber der bemerkenswerteste Track auf den Album ist „Devils Letter“, eine vertonte Seance, die beim ersten Hören durchaus für die perfekte Horrorfilm-Atmosphäre sorgt. „“Devils Letter“ ist das Ergebnis einer Seance, die Albert Goodman mit einem englischen Medium abgehalten hat. Goodman selbst hat dann den archaischen französischen Text beigesteuert.“

REVIEW
ANTONIUS REX „Neque Semper Arcum Tendit Rex“

Line up
Antonio Bartoccetti – Music, Lyrics, Vocals, Guitar, Bass
Doris Norton – Music, classic Organ, Piano, Moog
Albert Goodman – Percussion, Vocals („Devil Letter“)

Recorded at Mondial Sound, Milan 1974
Produced by Albert Goodman
Mixed by Colin Coldweis
Released 1974
total playing time: 43′27′′

Das Album „Neque Semper Arcum Tendit Rex“ ist das erste unter dem Bandnamen ANTONIUS REX, nachdem es mit JACULA nicht mehr weiterging. Aber die Zutaten waren dieselben, die die beiden JACULA-Alben legendär gemacht haben: Antonio Bartoccettis unheilvolle Stimme, die grandiosen Keyboard- und Orgelklänge, verbunden mit einer mystischen, okkulten Atmosphäre. Diese Atmosphäre findet ihren ultimativen Höhepunkt in der schaurigen Vertonung einer Seance namens „Devil Letter“. Er ist mehr Hörspiel als Song und ich gebe euch den Tipp: wenn ihr den Song das erste Mal hört, löscht das Licht, entzündet Kerzen und entspannt euch. Den Rest wird eure Phantasie schon für euch übernehmen! Viel Vergnügen!

Im Opener „Neque Semper Arcum“ scheut sich der Gitarrist Bartoccetti nicht, ein großartiges Gitarrensolo einzustreuen, bevor es wieder düster wird. Ansonsten ist der Song das perfekte Bindeglied zwischen JACULA und ANTONIUS REX: Orgel, Mystik, Okkultismus.

„Pactus“ überrascht mit sehr jazzigen Gitarrenparts und schönen Percussions, wogegen „In Hoc Signo Vinces“ sehr harsche Gitarrenriffs anbietet und dafür die Orgel einen jazzigen Part bereit hält, bis man kurz vor Schluss alles synchronisiert. „Non Fiat Voluntas Tua“ und „Aquila non capit muscas“ schlagen in die gleiche Kerbe und man hat das Gefühl, der Meister des esoterischen progressive Rock hatte wirklich große Lust auf richtig fette Gitarrenriffs.

Unterm Strich ist das erste ANTONIUS REX-Album vielleicht das bis dato homogenste, denn bis auf „Devil Letter“ sind die Songs sehr ähnlich aufgebaut, was nicht negativ gemeint ist, aber man findet hier keine krassen Stilbrüche, wie auf den späteren Alben.

Antonio Bartoccettis statement regarding „Neque Semper Arcum Tendit Rex“:
„Magic worlds, and self super-ego celebration. The fatal will to condemn the human lownesses. Classic organ, electric lead guitar, innovative synthesizers.“

Nach drei überragenden Alben zwischen 1969 und 1974 verändert sich nun einiges im Leben von Bartoccetti. Sein Sohn wird geboren und eigentlich verspürt er keinen Drang, ein neues Album aufzunehmen, aber der Labelbesitzer Emanuele Daniele von Tickle Records verspricht einiges an Geld. „Wir haben die Alben „Zora“ und auch „Ralefun“ nur gemacht, weil wir dafür bezahlt wurden und das Geld von Tickle Records brauchten. Alles andere hat uns zu der Zeit nicht interessiert. Rückblickend halte ich die Alben für meine schlechtesten!“

„Zora“ ist eine Verbindung zwischen den alten Songs und einem neuen Weg, den Bartoccetti und Norton einschlagen. Auf dem Album befinden sich vier neu-bearbeitete Stücke von „Tardo Pede In Magiam Versus“ und ab der Zweitauflage auch die beiden Hits „The Gnome“ und „Monastery“. Aber auch, wenn es ein großer Widerspruch für einen im höchsten Maße spirituellen Menschen ist, seine Kunst nur für Geld anzufertigen, steht Antonio dazu: „Es ist absolut ein Widerspruch, aber wenn man ein Kind hat, muss man sich auch um die Familie kümmern…wir konnten unseren Sohn doch nicht nur mit Cafe Latte großziehen!“

REVIEW
ANTONIUS REX „Zora“

Line up
Antonio Bartoccetti – Guitar
Doris Norton – Minimoog, Pinchi organ, Hammond
Albert Goodman – Drums

Produced by Antonio Bartoccetti
Released 1977 (original), 1978 als „Zora (Il series)“ mit Bonustrack „The Gnome“
total playing time: 47′05′′

Das 1977er Album hat bei mir einen definitiven Ausnahmestatus. Auf unserer ersten großen Campingfahrt durch den Süden Europas habe ich vorgeschlagen, über Genua zu fahren, damit ich in den Plattenladen „Black Widow“ mal besuchen kann. Dort habe ich mir de CD-Version des Albums als „32nd Anniversary Edition“ mitgenommen. Wohl wissentlich, dass die Musik nicht zwingend eignen würde, um durch den Sonnenschein zu fahren, habe ich die CD eingelegt und den wahrscheinlich größten Hit der Band gehört: „The Gnome“. Tanzbar, progressiv, und definitiv gute Autofahrermusik. Der Song ist ziemlich einzigartig und sicher ein echter Ohrwurm und hat uns nicht nur in diesem Sommer begleitet. Interessant ist, dass er erst ab der zweiten Auflage des Album als Opener enthalten war.

„Necromancer“ driftet nach seinem düster-sakralen Part ab in eine ordentlich verjazzte Sause und die „Spiritualist Seance“ ist eigentlich das bereits erwähnte „Devil′s Letter“ vom „Neque semper arcum tendit rex“-Album, allerdings nicht ganz so furchteinflößend und musikalisch gehaltvoller umgesetzt, inklusive der unglaublichen Kirchenorgel und mit beschwörenden Worten gewürzt. Durch die musikalische Ergänzung hast du nicht nur den Soundtrack zu einem Film, du hast 100%iges Kopf-Kino. Horror-Okkultismus-Musik mit Gänsehautgarantie.

Der Titeltrack zieht sich mit pathetischen Gesang etwas, bevor er in einer großartigen Soloexplosion endet, die mich dezent an die Band GOBLIN erinnert, die einige Giallo-Filme von Dario Argento veredelt haben. Wo ich schon beim Thema „Giallo“ bin: „Morte al portere“ ist wieder der perfekte Giallo-Song: eine tolle Stimme, ein toller Song mit Atmosphäre, der aber eben nicht die okkulte Satanisten-Fantasie aktiviert, sondern die urbane Gefahr des maskierten Killer greifbar macht, der mit seinen schwarzen Handschuhen das Rasiermesser für dich bereit hält. Großes Kino. Als Bonustrack bekommst du bei der feinen Neuauflage aus dem Hause „Black Widow Records“ den 1980er Track „Monastery“, der ähnlich tanzbar ist, wie der Opener.

Das Booklet ist herrlich düster, mit alten Fotos, italienischen Texten und netten Abbildungen.

Für viele nicht das Meisterwerk, aber für mich eine besondere Platte, schließlich war es mein Einstieg in die Welt von ANTONIUS REX und JACULA. Dass der Meister lediglich vier Songs von „Tardo Pede In Magiam Versus“ als Grundlage benutzt hat und dieses Album lediglich zum Geld verdienen benötigte, habe ich ja damals nicht gewusst. Aber wer sogar dieses Album liebt, flippt bei allen anderen aus.

Antonio Bartoccettis statement regarding „Zora“:
„With no concept. Some songs taken from „Tardo Pede in Magiam Versus“. Commissioned work from a rich editor and only released for economic reasons. The only involving moments are the piano of „Necromancer“and the acoustic guitar of „Zora“.

Bereits ein Jahr später folgt mit „Anno Demoni“ 1979 eine weitere Compilation, wenn man „Zora“ ebenfalls als solche betrachtet. Die Songs lagen alle bereits in der Schublade und zum ersten Mal schaffen Antonio und Doris den Spagat zwischen progressiv-düster-okkult und leichtfüßig-verspielt-süß, aber nicht ohne den okkulten Hintergrund zu vernachlässigen. Ein Trademark, welches heutzutage GHOST oder YEAR OF THE GOAT perfektioniert haben! Es wundert mich ehrlich gesagt, dass nicht Legionen von Bands sich auf ANTONIUS REX als Einfluss berufen… „Wir haben sicherlich viele Bands, Komponisten und auch den Gothic-Sound beeinflusst. Ich nehme zum Beispiel bei einem OPETH-Album viele Kleinigkeiten wahr, die vielleicht von „In Cauda Semper Stat Venenum“ oder „Anno Demoni“ beeinflusst sein können.“

REVIEW
ANTONIUS REX „Anno Demoni“

Line up
Antonio Bartoccetti – Music, Vocals, Guitar, Bass
Doris Norton – Music, Vocal, Piano, Synth
Albert Goodman – Drums
Charles Tiring – electric Organ
Colin Coldweis – electric Violin

Produced by MUSIK RESEARCH
Mixed by Colin Coldweis
Released 1979
total playing time: 48′09′′

1979 war ein produktives Jahr für Antonio Bartoccetti. Auf einem Erfolgshöhepunkt angekommen ging man neue Wege und entschied sich mit „Anno Demoni“ eine Zusammenstellung von Songs zu veröffentlichen, die zwischen 1969 und 1974 komponiert, aber zwischen 1974 und 1979 aufgenommen wurden. Dieses Album, genau wie das folgende „Ralefun“ markierte eine neue Herangehensweise der Band und eine Neuorientierung in Richtung flockiger psychedelic Hard Rock. Aber nur ansatzweise, wie die Songs auf „Anno Demoni“ beweisen.

Auf dem Cover der 1992er CD-Auflage von Mellow Records hieß es fälschlicher Weise „Antonius Rex by Jacula“, was aber bei den folgenden Auflagen wieder korrigiert wurde.

„Gloriae Manus“ (1979) ist ein Track, der die Trademarks der ganz alten JACULA und ersten ANTONIUS REX-Alben vereint: tiefer, diabolischer Sprechgesang, Piano- und Orgelklänge, die von harten Riffs flankiert werden. Und wenn wir über ANTONIUS REX reden, dürfen wir immer nicht vergessen, dass wir es mit einem Meister der Atmosphäre zu tun haben!

„Jacula The Witch“ (1974) zeichnet ein vollkommen anderes Bild! Windspiele, eine verträumte Pianomelodie, einige Samples und die wunderschöne Stimme, die uns eine liebliche Melodie entgegensingt, ohne einen Text zu nutzen. Wenn das die Hexe Jacula ist, wird ihr sicher jeder einzelne Mensch sofort zu Füßen liegen, wenn er sie in einem dunklen Wald trifft. Das ganze klingt wie der leicht kitschige Abspann bei einem Giallo-Movie. Ich kann förmlich die Bilder vor mir sehen, wie die Kamera vom Rasiermesser in der mit Samt ausgelegten Kiste immer weiter zurückfährt (Argento-Style) und ein Schnitt folgt, und die Heldin des Film mit ihrem Auto fortfährt in eine bessere Zukunft.

„Anno Demoni“ (1978) ist wieder ein düsteres Ritual, diesmal mit der wundervollen elektronischen Violine von Colin Coldweis. Dadurch klingt es beinahe keltisch und zu tiefst melancholisch. Ganz hervorragend passt wieder die Keyboarduntermalung von Doris Norton, die den Song in eine andere Richtung leitet.

„Soul Satan“ (1975) ist ein tanzbarer Hit und dank des grandiosen Bass-Riffs der fleischgewordene Traum für jeden Bassisten, inklusive eines Bass-Solos, welches in den 70er/80er Jahren auf Rockkonzerten zum guten Ton gehörte. Antonio Bartocetti tobt sich nach Herzenslust am Bass aus und der raue Gesang mit der wirklich gelungenen Melodie macht diesen Song zu etwas ganz Besonderem. Zusammen mit „The Gnome“ und „In Einsteinesse′s Memory“ ist „Soul Satan“ wahrscheinlich das eingängigste und massentauglichste Stück, welches jemals unter dem Namen ANTONIUS REX veröffentlicht wurde. Genial!

Bei „Ego Sum Qui Sum“ (1976) regiert wieder die Violine, aber diesmal weniger der Melancholie wegen, sondern viel mehr um eine unheilvolle Atmosphäre zu kreieren. Getragen von den Bassläufen übernimmt die Violine das Zepter, bis Albert Goodmans Orgel noch mehr Tiefe injiziert. Antonio flüstert seine Texte und wieder einmal ist ein kleines Meisterwerk in Sachen okkulter Tonkunst erschaffen.

„Morti Vident“ (1972) ist ein unglaubliches Ritual, bei den Antonio Bartoccetti und Doris Norton einen Text vortragen, der dir in der richtigen Stimmung die Nackenhaare aufstellen lässt. Horror in seiner reinsten Form.

Doris Nortons kraftvoller Gesang auf „1999 Mundi Finis“ (1972) ist zusammen mit der genialen Orgel das Highlight des Songs! Aber ganz neu ist das nicht, denn die letzten beiden Songs stammen von der Band INVISIBLE FORCE und waren 1972 auf einer Single zu finden. „1999 Mundi Finis“ wurde dann etwas später zu dem Übersong „U.F.D.E.M.“! Aber von diesem Song und Gesang kann man einfach nicht genug bekommen.

Das Album hat zwei Gesichter, einerseits das flockig-verspielte mit einem Sinn für Schönheit und andererseits die totale Dunkelheit, das Wissen um Dämonen und Okkultes. Aber beides ist ANTONIUS REX und auf diesem Album bekommt man das Beste aus beiden Welten.

Antonio Bartoccettis statement regarding „Anno Demoni“:
„Concept album produced by the group. Ritualism, mystery, extreme theology, dark feelings. It’s the logical evolution Of „Neque Semper Arcum Tendit Rex“ with use of electronic fused to the acoustics. Electronic organ, electronic violin, acoustic guitar, acoustic piano, celebrative voices.“

„Soul Satan“ ist das vielleicht tanzbarste Stück und die raue Stimme will gar nicht zu Antonio passen, aber er hat sowohl den Bass, als auch den Gesang persönlich übernommen. „Ich komponierte den „Soul Satan“ Text in ungefähr fünf Minuten…anschließend habe ich den Song sofort aufgenommen, auch wenn ich damals schon wusste, dass ich in unmittelbarer Zukunft keine allzu hohe Meinung über den Text haben werde.“

Mit dem bereits angesprochenen und ungeliebten Album „Ralefun“ trifft Antonio bei mir voll ins Schwarze. „Einsteinesse′s Memory“ oder das wunderschöne „Incubus“ sind auch jenseits des ANTONIUS REX-Kosmos wunderbare Songs der ausgehenden 70er Jahre, als der Prog noch aufregend war. „Ich mag die beiden Songs auch sehr! Für „Einsteinesse′s Memory“ habe ich den Text direkt in Latein geschrieben und es sehr genossen, den Song aufzunehmen und „Incubus“ hat eine wunderbare Atmosphäre. Aber insgesamt kann ich dem Album nicht viel abgewinnen. Vielleicht sind noch „Magic Sadness“ oder einige Teile von „Enchanted Woods“ irgendwie erwähnenswert.“ Sehr hart geht Antonio auch mit seinen lyrischen Werk in Gericht: „Außer bei „Proxima Luna“ (der Songs war nicht auf der Original-Veröfffentlichung enthalten, sondern erst auf der Neuauflage von Black Widow Records) und „Einsteinesse′s Memory“ gibt es keine wirklich bemerkenswerten Texte auf dem Album.“

REVIEW
ANTONIUS REX „Ralefun“

Line up
Antonio Bartoccetti – Vocal, Guitars
Doris Norton – Keyboards, Minimoog, Piano
Jabouille – Drums
Hugo Heredia – Flute

Produced by Antonio Bartoccetti
Released 1979
total playing time: 43′02′′

„Ralefun“ ist ein Album, welches die Fans von ANTONIUS REX gespalten hat. Waren die vorherigen Alben düstere Bekenntnisse okkulter Natur vom Feinsten, ertönt beim Opener „Magic Sadness“ ein wunderbarer Moog-Sound mit einer schmeichelhaften Melodie, die einfach nur wunderschön ist, aber nicht im geringsten bedrohlich oder düster. Der Titel ist Programm und man verspürt eine Traurigkeit und Sehnsucht in der Melodie, die sich (wieder einmal) hervorragend als Soundtrack anbieten würde. „Agonia per un amore“ beginnt etwas düsterer, aber geht den gleichen Weg der melancholischen Traurigkeit, die durch die Flöten-Töne von Hugo Heredia und dem klaren Gesang von Antonio Bartocetti zu einem kleinen Highlight wird. Zum ersten Mal bin ich wahrlich erstaunt, was für eine schöne Singstimme Antonio hat! Durch die verschiedenen Parts verdient auch dieser Song das Prädikat progressiv und vielleicht kommen wegen der Flöte dezente JETHRO TULL-Assoziationen auf.

„Witch Dance“ ist ein flockiger Rock-Song, der eine starke Gitarrenmelodie und tolle Soli zu bieten hat. Wieder wird progressiv gerockt, die Flöte ist präsent und ich liebe es, wenn er mit klarer Stimme den Songtitel immer wieder singt und sein Akzent sich nicht verbergen lässt. Wahrscheinlich ist es der untypischste Song bis hier.

„Incubus“ hat eine so grandiose Gitarrenmelodie, die du nie wieder aus dem Ohr bekommst und wieder ist es feinster Gitarrenprog, der dich verzaubert. Die verschiedenen Parts greifen perfekt und lassen das Gitarrenthema immer wieder hervorragend in den Vordergrund treten. Ich liebe diese Melodie.

„In Einsteinesse′s Memory“ flockt locker nach vorne, die akustische Gitarre treibt den Sound, bis Keyboards und Flöte wieder die Farbtupfer besorgen. Es ist erstaunlich, was für ein starker kommerzieller Songwriter sich in Antonio verbirgt. Mit Songs wie diesem hätte er eigentlich in der ProgRock-Szene einschlagen müssen, wie ein Blitz!

Der Bonustrack der 2011er Neuauflage „Proxima Luna“ stört in keiner Weise und fügt sich nahtlos in das Gesamtbild ein. Durch die typischen Effekte wie Wind, Orgel und beschwörerisch gesprochenen Texte wird der Dunkelfaktor erhöht, aber es ist und bleibt erstklassiger ProgRock. Manchmal erinnern mich die Keyboards von Doris Norton an „Tubular Bells“ von MIKE OLDFIELD und leider singt sie diesmal nicht auf dem Album, hat sie doch eine tolle Stimme, die sehr wandelbar und ausdrucksstark ist.

„Enchanted Wood“ ist mit seinen 12:12 Minuten der längste Song des Albums. Er verströmt auch wieder den „alten Charme“. Die Gitarren klingen, als hätte man sie in einem Jam eingespielt und das Ganze dann mit Effekten, Sprechgesang und Atmosphäre gemischt. Es ist auch weniger ein Song im klassischen Sinne, sondern eher eine Reise durch den verzauberten Wald.

Die Laufzeiten der Songs des Albums liegen zwischen 3:44 Minuten und 7:53 Minuten, diese Kompaktheit der Kompositionen führt zu einem sehr eingängigen Album, welches ich Fans von JETHRO TULL, MIKE OLDFIELD und britischem Artrock im Allgemeinen gerne ans Herz legen möchte! Für mich ist das Album eines der Highlights des Backkatalogs. Anders, als man es bisher gewohnt war, aber aufgrund des anderen Stiles eine echte Empfehlung!

Antonio Bartoccettis statement regarding „Ralefun“:
„It’s the concept album that has carried the group to the notoriety and the collectors to search for all the other ANTONIUS REX albums. Very good the compositions, but not the executions and very bad the mixage realized in Germany. Better events: „Incubus“ and the mini-moog of „Magic Sadness“.

Aufgenommen wurde das Album nicht in Italien, sondern in München. Wie oben bereits erwähnt, ist das Album nur aus der Notwendigkeit heraus entstanden, Geld zu verdienen und daher erinnert sich Antonio an diese Zeit „…als eine hektische Zeit. Es ging einzig und allein darum, das Geld zu kassieren. Der Deal war einfach: wie liefern die Masterbänder ab und kassieren die Kohle. Davon abgesehen betrachte ich Deutschland als hoch-technisiertes Land mit einem hohen Grad an Professionalismus.“

Es ist schon erstaunlich, wie grandios die letzten drei Veröffentlichungen waren, wenn man bedenkt, dass Geld die einzige Triebfeder war. Mir gefallen die Alben, auch wenn oder gerade weil sie deutlich anders klingen, als die ersten drei.

Bereits ein Jahr später ist aber das nächste Album fertig und im Gegensatz zu „Ralefun“ und „Zora“ ist Bartoccetti von seiner Arbeit 100%ig überzeugt und er stimmt meiner bescheidenen Meinung zu, dass es sich bei „Praeternatural“ um eine seiner besten Veröffentlichungen handelt. „Das Album beinhaltet einige meiner besten Songs und ein wirklich gelungenes Songwriting, allen voran das Titelstück. Ich stimme dir zu und denke, dass es das beste Album von uns bis dahin ist.“

Mit „Praeternatural“ ändern Antonio Bartoccetti und Doris Norton wieder einmal das Gesicht von ANTONIUS REX und nach den flockigen Prog-Songs der letzten Alben kehrt wieder eine Düsternis ein eine Atmosphäre, die dich einfach gefangen nimmt. „Das Album verdeutlicht die traurige, schmerzhafte Seite der gescheiterten Leben der meisten Menschen.“

REVIEW
ANTONIUS REX „Praeternatural“

Line up
Antonio Bartoccetti – Music, Lyrics, Vocals, Guitars, Bass
Doris Norton – Music, Keyboard, Synth, Drums

Recorded at Zanibelli Regson Studio, Milan 1980
Produced by Antonio Bartoccetti
Mixed by Doris Norton
Released 1980
total playing time: 57′13′′

Auf den beiden Alben „Anno Demoni“ und „Ralefun“ regierten ja mitunter durchaus flockige Songs, die sich in dem Artrock-Bereich ansiedelten und durch ihre Klarheit und verträumten Songs auszeichneten.

Nach der „Auftragsarbeit“ „Ralefun“ aber besannen sich Antonio Bartoccetti und Doris Norton wieder auf ihre dunklen Wurzeln und was soll ich sagen?! Das vorerst letzte ANTONIUS REX-Album für eine lange Zeit ist wieder ein absolutes Highlight der Bandgeschichte. Bartoccetti und Norton sind für alle wichtigen Teile des Album ganz allein verantwortlich und lassen sich in keiner Weise von außen beeinflussen.

Es ist wieder anders als die Vorgänger, denn diesmal verzichtet man auf flockige Artrock-Hits, sondern das okkult-esoterische steht wieder im Vordergrund und zieht sich durch das Album, wie ein roter Faden. Aber es ist wiederum auch ganz anders, als alle Alben davor. Düster ja, aber auf′s penibelste durchdacht und vom Songwriting her ein wirklicher Meilenstein. Die Songs kommen beinahe ohne Gesang aus und man hat bei jedem Song ein unheimliches Gefühl.

„Halloween“ ist wieder okkulter ProgRock vom Feinsten und interessanter Weise weist der zweite Track „Falsum et Violentia“ eine Variation des „Halloween“-Themes auf. Verbunden mit dem grandiosen Tastenspiel Nortons ergibt sich ein starker Song.

„Praeternatural“ setzt anfangs auf eine schöne Symbiose aus Gitarre und Keyboard, bevor eine Stimmung heraufbeschworen wird, die eines Horrorfilm-Soundtracks würdig ist. Nach kurzem Sprechgesang setzt die Gitarre zum Höhenflug an: erst ein Duett mit der Orgel, bevor es ein großartiges Solo gibt. Hard Rock deluxe!

„Praeternatural“ wuchtet wirklich fette Gitarren auf die Waagschale und „Capturing Universe“ bereist das ganze Universum auf der Suche nach…nach was? Wahrheit? Vielleicht, jedenfalls ist es ein unglaublich guter, fast elfminütiger Trip mit allem, was ANTONIUS REX ausmacht. Den eigentlichen Abschluss, denn der letzte Track „Vox Populi“ ist die gesprochene Biographie, bildet dann schon „Invisible Force“. Wieder einmal ein perfekt vertonter Horrortrip.

Was dieses Album auszeichnet, ist die Homogenität, die den vorherigen beiden Releases etwas fehlte und die beinahe perfekte Umsetzung der Ideen. Von der spielerischen Klasse mal ganz zu schweigen, denn eigentlich sind Bartoccetti und Norton mit diesem Album auf dem definitiven Höhepunkt angelangt.

Antonio Bartoccettis statement regarding „Praeternatural“:
„The document of 1980, produced by the group. Extreme, synthetic, symbolic messages. Dark, obsessive persistent atmospheres. Unique, rare interpretations played by synths, good designs of guitar. Prophetic messages. A concentrate of elecro-acoustic-progressive, magically natural or, better, praeternatural.“

Bartoccetti benutzt das „Halloween-Theme“, denn „…ich mag die Atmosphäre, die John Carpenter heraufbeschwören kann und mit den Eindrücken seiner Filme im Hinterkopf begann ich mit dem Komponieren.“ Sehr auffällig ist, dass es diesmal keine (Gast-) Musiker gibt, sondern Bartoccetti und Norton allein arbeiten. „Mein oberstes Ziel war es 1980 völlig unabhängig von anderen, mit Ausnahme von Doris Norton, musizieren zu können. Sie hat einen „Fairlight CMI“ aus Australien bekommen und damit war es ihr möglich, alles Instrumente zu spielen, nicht nur die Keyboards, sondern auch den Bass und die Drums“.

Ein „Fairlight CMI“ ist laut Wikipedia der „erste digitale Synthesizer mit Sampling-Technik“ und wurde erst 1979 fertiggestellt. Peter Gabriel, Kate Bush oder Jean Michel Jarre haben dieses Instrument ebenfalls früh in den 80ern benutzt.

Wäre die Band vor „Praeternatural“ zu Grabe getragen worden, hätte ich es aufgrund der Umstände verstanden, denn wirklich Freude an der Musik scheint Bartoccetti während der letzten Jahre nicht gehabt zu haben, aber erst nach „Praeternatural“, einem so unverschämt guten Album, wird die Band beerdigt. Wenn es am schönsten ist, soll man ja bekanntlich aufhören, aber was war der Grund für das Ende der Band? Die Antwort ist so simpel und gleichzeitig erstaunlich: „Ich wollte mein Leben von nun an der Weinproduktion widmen. Mein Vater war mein Vorbild, er hat einige Winzereien gegründet, die sehr bekannt sind, das ist der Grund.“

Wer glaubt, dass es immer große Gründe, weltverändernde Erkenntnisse oder markerschütternde Geheimnisse sein müssen, die die großen Künstler dieser Welt dazu bringen, ihre Kunst ruhen zu lassen, weiß sich nun eines Besseren belehrt! Der dritte und letzte Teil der History wird sich mit der Wiederauferstehung, Gegenwart und Zukunft befassen. (chris)

Weblinks:
Antonius Rex / Jacula
Musik Research
Black Widow Records