Festivalbericht
Dinkelsbühl vom 15.-18.08.2013 (u.a. In Flames, Sabaton, Hatebreed, Lamb Of God)
(Photos und Bericht by Stef – www.stefan-thiel.info )
Was bringt einen maximal verkaterten Metaller dazu, sich Samstags um 12 Uhr (Mittags wohlgemerkt) aus dem Schlafsack zu pellen und vor der Mainstage mit seltsamen Dingen, wie etwa gigantischen Plastikpenisen, durch die Luft zu wedeln? Genau – des Hauptmanns geiler Haufen, sprich die Quatschtruppe Feuerschwanz, luden zu Met, Miezen und reichlich sinnbefreiten Texten, garniert von flottem Mittelalter-Rock. Intellektuelles Niveau hat noch nie jemand bei der Truppe aus Erlangen erwartet, aber das ist auch gut so. Spaß haben hieß die Devise und den hatten die Frühaufsteher auf jeden Fall. Dementsprechend gab es einen „Graben der Leidenschaft“ anstelle der „Wall of death“ (Der Gott des Katers und Geschmack von totem Tier im Mund nickt an dieser Stelle huldvoll), um die Festivalgänger sanft auf den weiteren Breeze-Tag einzustimmen.
Wer nach den zärtlichen Klängen von Feuerschwanz dachte, dass das Line-up so beschaulich weitergehen würde, ist schnell eines Besseren belehrt worden. Neara ließen von Beginn an heftigst die Axt kreisen, wünschten und bekamen auch massig Circle Pits und Walls of death (diesmal „richtige“). „Ours is the storm“ nahm sich Shouter Benny zu Herzen und fegte das gesamte Set wie ein Wirbelsturm über die Bühne. Für einen blinden Fan aus der ersten Reihe dürfte der Auftritt lange in Erinnerung bleiben. Bei einem seiner Ausflüge in die Menge nahm sich Sirene Benny die Zeit, ihn in den Arm, oder besser den zärtlichen Schwitzkasten, zu nehmen und Kopf an Kopf den Song zu performen – mehr Gänsehaut geht nicht.
Mit Agnostic Front enterte wohl die dienstälteste Band des diesjährigen Line-Ups die Bühne, schließlich mischt die Hardcore-Punk Formation bereits seit Anfang der Achtziger ihre Fans auf. Aber von Rollator und Alterssenilität war nichts zu bemerken, eher im Gegenteil. Mit Gassenhauern, wie beispielsweise „Gotta Go“, „My Life, my way“ und „For my family“ wurde dem langsam warm gegroovten Publikum keine Gnade gewährt. Beide Daumen hoch für die Veteranen aus New York.
Wenn eine Band das Label „Platzhirsch“ verdient hat, dann ist es End Of Green. Zum neunten Mal standen die Mannen um Berufs-Melancholiker Michelle Darkness auf der Bühne des Breeze. Wen wundert es, schließlich kommen die Deprirocker doch aus dem Stall von Silverdust Records, dessen Chef niemand anders als Achim Ostertag, in Personalunion auch Macher des Summer Breeze, ist.
Firewind boten mit ihrem Power Metal einen krassen Gegensatz zu den vorher aufspielenden Knüppelkombos. Recht so, von solchen Gegensätzen hat das Summer Breeze immer gelebt und wie die Zeit gezeigt hat, funktioniert das Konzept hervoragend. Besonderes Highlight – bei »Breaking The Silence« bekam Sänger Kelly Sundown Carpenter (eigentlich Adagio) Unterstützung von Leaves‘ Eyes Fronterin Liv Kristine. »Wie, Kelly Sundown? Ich denk‘ das sind alles Griechen?« hat sich da mancher ratlos am Kopf gekratzt. Aber nachdem Apostolos „Apollo“ Papathanasio nach fast zehn Jaren im April bei Firewind ausgestiegen ist, musste kurzfristig Ersatz her. Mit Kelly hat die Band sicher keinen schlechten Griff gemacht, mal schauen wie diese Kolaboration in Zukunft funktioniert.
Bei Orphaned Land bot sich die Möglichkeit dem gewohnten Klangbild der diversen Metalfraktionen zu entkommen. Death Metal mit einer ordentlichen Portion orientalischer Folk-Einflüsse haben die Israelis schon lange aus dem Status eines Geheimtipps gehoben. Wie bereits bei Firewind gab es wieder ein Duett mit einer Gastsängerin zu sehen. Bei „Norra El Norra“ bekamm Sänger Kobi Unterstützung von Tristania Röhre Mariangela Demurtas.
Nachtblut hatten gleich doppelt Pech. Einerseits musste die auf Böse geschminkte Horde ihr Set bei strahlendem Sonnenschein und tropischen Temperaturen durchziehen und zudem hatten sie den undankbaren Job den letzten Festivaltag zu eröffnen. Gestört hat es weder die Dark Metaller um Sänger Askeroth noch die recht zahlreich erschienen Fans die Songs wie „Antik“, „Ich trinke Blut“ und „Mordlust“ begeistert abfeierten.
Die Power Metal Truppe Orden Ogan scheuten die unbarmherzig niederbrennende Sonne so sehr, dass sie von futuristisch aufgemachten Kriegern auf die Bühne gezerrt wurden. Einmal dort mussten die, passend im Mad Max Outfit gekleideten, Sauerländer jedoch nicht lang zum aufspielen animiert werden. Abräumer war, wie immer, „We are pirates“ – passte zwar nicht zu den Bühnenklamotten, rockte aber trotzdem wie Hölle.
Mascha, Sängerin von Arkona, ignorierte das immer heißer und brütender werdende Wetter gleich komplett und kam mit einem Wolfspelz um die Schultern auf die Bühne. Ihrer Stimmgewalt tat es keinen Abbruch, beachtlich was in der zierlichen Gestalt an Gesangsvolumen steckt. Unter anderem wurde „Goi, Rode, Goi!“, „Slav’sja, Rus'“, „Stenka na Stenku“ und „Yarilo“ zelebriert und äußerst wohlwollend vom Publikum aufgenommen.
Für den Auftritt von Van Canto wurden wieder alle Zupf- und Streichinstrumente weggesperrt und lediglich ein Schlagzeug auf die Bühne gerollt. Reichte den Sechsen aber auch, schließlich gab es nun amtlichen a cappella Metal. Van Canto gehen eigentlich immer, egal welcher musikalischen Obsession man frönt. Zu Maidens „Fear of the dark“, Blind Guardians „Bard’s song“ oder Nightwishs „Wishmaster“ hat schließlich schon jeder mal die Matte geschüttelt. Dementsprechend war der Platz vor der Mainstage bis weit hinter den FOH pickepacke voll. Neben den heiß geliebten Coverversion gab es auch ein paar Eigenkompositionen („If I die in battle“, „Neuer Wind“) die ebenso abgefeiert wurden.
Fazit:
Die berühmten letzten Worte fallen nach drei Festivaltagen wie immer aus. „Geil war’s!“ Mit 16 Jahren Erfahrung verrutscht organisationsmäßig nichts mehr und die Macher sind auch nicht so geldgierig, um das Breeze noch größer zu machen. Als Freiluftsaison-Abschluß hat das Breeze mit seinem vielfältigen Line-Up bei Vielen einen festen Platz im Kalender und das ist auch gut so. Hoch die Pommesgabel, wann kommt endlich der 13.8.2014? (stef)