Mit „A Dog And His Boy“ haben NOVA-SPES kürzlich ihr neues Album herausgebracht. Anspruchsvoller Dark Pop, so oder so ähnlich kann man in wenigen Worten die Musik von Matthias Hübner bezeichnen. Die Musik und auch das Albumthema bieten dabei genug Anlass mit dem Macher hinter der Musik ein kleines Interview zu führen. (michi)
„Hallo Matthias, wie ist der Albumtitel „A Dog And His Boy“ entstanden? Welche Message steckt dahinter?
Seit Oktober 2014 gehört eine Amerikanische Bulldogge zu meiner Familie. Es ist wunderbar, zu sehen, wie meine Kinder mit ihm und vor allem er mit meinen Kindern umgeht. Er akzeptiert sein Rudel und jeden, der dazugehört, so wie er ist. Leider ist das in unserem deutschen Schulsystem nicht so. Kinder werden gleich geschaltet, Talente zählen nicht, Lehrer sind meist defizitorientiert, weil sie mit der Klasse sonst die vorgegebenen Unterichtsinhalte nicht schaffen – der Lehrplan wird nicht eingehalten. In Verbindung mit einem Leistungsdruck, der dann meist noch von den Eltern ausgebaut wird, haben Kinder kaum noch die Möglichkeit, sie selbst zu sein. Das setzt sich im Erwachsenenalter fort. Noch nie gab es eine so hohe Anzahl an Depressionen wie heute – vor allem bereits bei Schülern. Das alles ist alarmierend und wenn wir hier nicht endlich die Notbremse ziehen, indem wir zum Beispiel unser Bildungssystem grundlegend reformieren, werden wir nicht nur stehen bleiben, sondern uns nach und nach demontieren. Mir war das irgendwann einfach zu wider. Ich gehe prinzipiell nciht mehr zu Elternversammlungen. Es ist der reine Horror mit anderen Eltern in einem Klassenraum eingesperrt zu sein und sich anhören zu müssen, was sie nicht alles machen, damit das Kind in der Schule gut dasteht.
Ich möchte, das wir uns akzeptieren. Die Augen auf Ressourcen und nicht auf Defizite. Es ist wunderbar, wie unser Hund mit meinem Sohn umgeht – er akzeptiert einfach – deshalb A DOG AND HIS BOY…
Das Artwork der CD ist auch eher ungewöhnlich für einen Elektroact der sogenannten Schwarzen Szene. Wie bist du darauf gekommen?
Ich hatte das Bild vor mir. Danach habe ich das Motiv (die Mauer) gesucht. Es sollte genauso sein, wie es geworden ist. Wenn man einmal all unsere Alben ansieht, fällt auf, dass ich prinzipiell ein Foto als Cover nehme.
Leider hat es sich in der dunklen Electroszene eingebürgert, irgendwelche nichtssagenden 3D-Graphiken als Covermotiv zu nutzen. Das gefällt mir nicht. Bei NOVA-SPES ist auch das Cover Teil der Kunst.
Der Opener „Who Will Protect Us from Lord“ besteht zu Beginn aus Gesängen nahöstlicher Kulturen. In welchem Kontext nutzt zu dies?
Ich habe wild religiöse Gesänge durcheinander gemischt. Sicher wird mich der ein oder andere religiöse Fanatiker dafür verachten. Das Gesamtkonzept des Albums dreht sich jedoch um Akzeptanz. Ich akzeptiere jede Religion, die die Menschen , die daran glauben glücklich macht. Das fällt mir als überzeugten Atheisten auch sehr leicht. Ich verlange dies aber auch von allen anderen Menschen und hinterfrage die Gottheiten von Gläubigen, die sich mit ihren kriminellen Machenschaften hinter ihrem Heiligen verstecken.
Das Album wirkt sehr bedrückend und hat insgesamt eine sehr düstere und auch wütende Stimmung. Wieso ist es so ausgefallen?
Das ist schwer zu sagen, vielleicht weil ich ein grundsätzlich wütender Mensch bin? 🙂 Nein, das wird es sicher nicht sein. Ich mag aber nun mal etwas schwermütigere Musik sehr gern. Sie ist für mich atmosphärisch. Ich finde mich darin wieder. Allerdings arbeite ich gerade an einer EP, die wiederum etwas aggressiver wird. Es hängt halt immer davon ab, in welchem Lebensumstand du dich grad befindest, ein locker leichtes Album wird es aber von mir niemals geben.
„Destroy“ ist eines der wenigen Stücke mit etwas höherer Taktzahl, wieso hast du in Gänze eher langsamere Stücke geschrieben?
Es fällt mir leichter, eine dichte Atmosphäre aufzubauen, wenn ich einen BPM-Zahl nutze, die weit unter 110 liegt. Es macht mir einfach auch mehr Spaß. Ich plane das nicht, aber meist, wenn ich eine Idee habe und die zugehörige BPM-Zahl ausrechne, kommt so ein Aha-Effekt, wie: „Aha, wieder 103“ oder so ähnlich.
Interessant ist, zu wissen, das DESTROY eigentlich ein reines Klavier-Instrumental werden sollte, dann habe ich mich aber treiben lassen und siehe da…
„Fascist Pig“ ist schon vom Tracknamen politisch eindeutig adressiert, welches Erlebnis hat dich hierzu angetrieben?
Die zunehmende Normalisierung in den sozialen Medien, rechte Meinungen zu vertreten und diese zu verbreiten macht mir Sorgen. Selbst in meiner Freundesliste musst ich einige entfernen, weil hirnlos jeder Scheiß geteilt wurde, ohne zu hinterfragen. Ich mag Demokratie und bin mir bewusst, dass diese nur funktioniert, wenn sie aus allen Seiten des politischen Spektrums beeinflusst wird. Menschen, die diese Demokratie abschaffen wollen und zunehmend große Bühne bekommen – ja regelrecht gefeiert werden, sind mir nicht nur suspekt, sie gehören nciht in ein soziales System, denn das wollen sie ja offensichtlich abschaffen.
Wenn wir schon bei diesem Thema sind. Kürzlich war ich auf dem E-Only Festival in Leipzig auf dem du auch aufgetreten bist. Eine Band des Abends hat doch sehr mit dem Thema Krieg und der dazugehörigen Symbolik gespielt. Wie stehst du dazu?
🙂 Ich weiß, wen du meinst.
Dann hast du ja auch mitbekommen, was gerade bei unserem Song FASCIST PIG abging, als der hirnlose Nazi im Publikum rumschrie. Genau für solche wie ihn ist dieser Song und ich war, ehrlich gesagt, überrascht, dass er ihn so schnell begriffen hat. Ich erzähle prinzipiell nicht über Backstage, kann dir aber sagen, dass gerade die Beziehung Thomas Rainer – Matthias Hübner von gegenseitigem und sehr freundschaftlichem Respekt geprägt ist. Ich mag ihn und ich mag gerade diese seine Musik. Seine Bühnenshow kokettiert natürlich mit einer uns suspekt wirkenden Symbolik, dass haben aber Bands wie VNV Nation auch über Jahre gemacht – er treibt es nur auf die Spitze. Wir kennen uns nun schon einige Jahre und ich kann sagen, dass man hier die Kunst sehen sollte. Das E-Only im Allgemeinen war und ist ein sehr schönes Festival. Man trifft Freunde.
Auf den Inlay zitierst du Heinrich Heine. Wer ist der hier genannte „schwadronierende Hanswurst“ für dich?
Castingopfer, vor allem aber ist dieses Zitat einer Depeche Mode-Cover-band gewidmet, die derzeit behandelt werden, wie Superstars – dabei sind es doch einfach nur schmarotzende Kopien.
Auch dankst du ausdrücklich denjenigen die Original Cds kaufen. Du hoffst also auch das der Kampf gegen digitale Musik noch nicht verloren ist?
Ich hoffe auf eine friedliche Koexistenz. Ich stamme aus einer zeit, wo du Monate hinter den Songs her rennen musstest. Ich war einer der „armen“ Jugendlichen in der DDR ohne Westverwandtschaft. Bis mich also BEHIND THE WHEEL erreicht hatte, war fast schon die 101 veröffentlicht. Und dann in einer Qualität… naja…
Eines war aber gut an dieser Sache: Musik hat für mich bis heute einen Wert. Leider ist das immer weniger der Fall. Die Menschen denken, es wäre normal, sich einfach die Musik zu kopieren die man haben möchte.
Gehts noch? Ich zieh doch auch nicht einfach in ein Haus ein, weils mir gefällt. Mich hat neulich einer gefragt, ob ich ihm mal mein neuestes Album ausleihen könne, er würde es sich nur schnell rüberziehen und mir dann wiedergeben… Hä?