REVIEW

DER HIMMEL ÜBER BERLIN „Memories never fade“ (Goth Rock/ Post Punk)

DER HIMMEL ÜBER BERLIN

„Memories never fade“
(Goth Rock/ Post Punk)

Wertung: Gut

VÖ: 25.12.2012

Label: Swiss Dark Nights

Webseite: www.myspace.com/derhimmeluberb

Die italienische Band aus Triest entlieh ihren Namen dem Wim Wenders Film aus dem Jahre 1987. Mit „memories never Fade“ legt das Quartett um Davide Simeon – guitars ; Stefano Bradaschia – bass ; Riccardo Zamolo – drums und Teeno Vesper – Voice ihr Debüt Album vor.

Zu Hören bekommt man düstere Soundstrukturen mit Hang zur Melancholie. Auch diese Band verschweigt nicht ihre Wurzeln, welche im Damals wuchsen und an Bands wie Joy Division, Bauhaus oder Sisters erinnern. Der Band gelingt es dabei die unterkühlte Atmosphäre des Cold Waves zur Umarmung mit treibenden Goth Rock zu ermuntern, diese Verschmelzung kommt als bedrückendes Gesamtkunstwerk daher, dessen Trauerflor fast sanftmütig in betörende Melodien fliesst. Im Opener zeigt man sich zunächst von der rohen Seite, während der sonore Gesang schon hier, den Hörer in die Tiefen des irdischen Leidens führt. Während die Rhythmus-Fraktion den Song nach vorne treibt, bleibt im Hintergrund immer ein morbides Vehikel erkennbar. In der Struktur etwas heller und ein wenig an die Lorries angelegt folgt das druckvolle „Sad Boy“. Eine Überraschung folgt mit „night Moans“, straightes, in Moll gepacktes Riffing vergeht sich in latent romantische Facetten und auch der Gesang zeigt sich hier sehr variabel und verläßt die Monotonie der Schwermut und so glänzt der Song wie ein Rohdiamant aus dem Fundus der Chameleons, während die geschwungenen Akkorde ein phobisches Intermezzo präsentieren. Das bedrückende und mit Chor inszenierte „we dreamt to be happy“ kommt aus den Tiefen der Gruft. (Kennt noch irgendwer die Post Punk Band „Gargoyle Sox“ ?). Hier trübt kein Lichtschein die Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit, keine Hand streicht über das Haar des schwermütigen Träumers. Textlich erinnert das Stück irgendwie an die verzweifelten Ergüsse eines Morrissey. Wie kredenzter bittersüßer Wein schlängelt sich die Melodielinie durch das romantische „Strawberry Lipstick“. Cureske Saiten, verführerisches Drumming und betörende Stimmbänder ziehen den Hörer in die Tagträumerei. Mit „Varena“ kommt der düstere Sound im charmanten Gewand daher. Dunkles Timbre dröhnt über klassischen Dark Rock, der sich hier reichlich verspielt darstellt. Geschickt gesetzte Ruhepausen im Mittelteil erhöhen die Dramatik. Morbid und zähfliessend wie ein Intro zu „Faith“ erklingt das bedrückende „Eaten up“. Die Saiten verströmen schwarze Tränen, während den Drums der Rhythmus überlassen wird. Bei „sweet Dancing butterfly“ dachte ich zu Beginn an ein Cover von Sisters „Marian“ (hört euch die ersten 30 Sekunden und den Mittelteil an). Allerdings entwickelt sich der Sound etwas anders, obwohl die Spur des alten Klassikers immer wieder um die Ecke schaut.

Mit „Memories never die“ ist den Italienern ein kleiner Geniestreich gelungen. Morbide Romantik, verzweifelte Energien, bedrückende Melodien ergeben sich in harmonischer Dunkelheit. Ein schwarzweißes Gemälde aus dem verstaubten Keller, restauriert und auf dem Altar des unterkühlten Gothrocks gelegt. (andreas)