LIVEBERICHT

ACHERONTIC ARTS FESTIVAL :: Tag 1


Live in der Turbinenhalle in Oberhausen am 01. + 02.05.2015

Text & Fotos © Chris Fischer

Intro

Mit dem ACHERONTIC ARTS FESTIVAL feiert sich Ván Records endlich mal selbst, nachdem die Fans in den letzten 11 Jahren bereits ca. 150 Mal die Möglichkeit hatten, die Veröffentlichungen des Labels zu genießen. Es ist kein Geheimnis, dass ich ein großer Ván-Fan bin, und dementsprechend persönlich und 101% subjektiv wird dieser Bericht über das Wochenende!

Das Label hat meinen musikalischen Horizont nicht unwesentlich erweitert und Sven ist einer der sympathischsten Menschen auf dem ganzen Planeten, der den metallischen Untergrund mit den feinsten Veröffentlichungen versorgt, die sowohl in musikalischer als auch optischer Hinsicht schlichtweg zum Nonplusultra gehören. Was uns die Majorlabels heutzutage als „Deluxe Edition“ anbieten, würde bei Ván Records nicht mal als Low Budget-Veröffentlichung zum Schleuderpreis das Dunkel der Welt erblicken. Vielleicht sollte man Ván als einen Kult betrachten, mit Sven als Master of Ceremony… aber alle seine Jünger sind glücklich dem Kult folgen zu dürfen, ohne Zwang und Gebote.

Einige meiner Lieblingsbands rekrutieren sich aus dem Kader der Qualitätsschmiede und so ist die Vorfreude seit Monaten so groß, dass die Zeit seit der Ankündigung des Festivals wie im Fluge vergehen; was sind schon knapp sechs Monate?! Besonders bemerkenswert finde ich die Tatsache, dass die auftretenden Bands sich aus sämtlichen Epochen zusammenstellen und (DOLCH) erst in den nächsten Wochen / Monaten ihre Demos über Ván Records wiederveröffentlichen werden, aber das Festival zusammen mit THE WHITE FACES eröffnen und THE RUINS OF BEVERAST, deren Album „Unlock the Shrine“ die erste Ván-Veröffentlichung war, das Festival als letzte Band zum Beben bringen. So schließt sich der Kreis um die erste Dekade Ván Records ganz harmonisch und ich beende für’s erste diesen offenen Liebesbrief.

An der Halle angekommen merken wir wieder, dass wir uns durchaus bei den mehreren Eingängen an der Turbinenhalle verlaufen können, aber zum Glück warten schon weitere Jünger auf den Einlass und flugs geht es in eine relativ kleine Halle, die mit zwei Bars ausreichend bestückt ist, aber man muss erst Bons kaufen, die man nach Beendigung des Konzertes nicht wieder zurückgeben kann… da ist gutes kalkulieren gefragt und gleichzeitig weiß man, wie viel Kohle man auf dem Festival versoffen hat… erschreckend!

Kommen wir aber nun zum Wichtigsten… Musik!

Freitag, 01.05.2015

THE WHITE FACES…


eröffnen den bunten Reigen… kennt ihr nicht? Ich auch nicht… aber THE WHITE FACES sind eine kleine Supergroup, u.a. mit THE DEVIL’S BLOOD-Mitgliedern und Farida Lemouchi als Frontfrau, die der Musik von ROKY ERICKSON huldigen. Es ist einfach toll, Farida wieder in Aktion zu sehen, denn sie hat eine tolle Stimme und auch wenn sie nicht die mystische Aura umgibt, die sie bei THE DEVIL’S BLOOD hatte, ist es ein Genuss, ihr zuzuhören. Aber um es mit Faridas Worten zu sagen, als sich jemand traut nach THE DEVIL’S BLOOD-Songs zu rufen: „This is fucking not THE DEVIL’S BLOOD!“ Dafür gibt es grandiosen Psychedelic Rock, der von der Band so packend gezockt wird, dass es bereits zu früher Stunde das erste Mal Gänsehaut gibt. 35 Minuten dauert der Zauber und die Band hinterlässt einen tollen Eindruck auf mich und man sollte sich definitiv der Musik von ROKY ERICKSON widmen, der auch schon andere Bands wie YEAR OF THE GOAT beeinflusst hat.

[Veröffentlichungen bei Ván Records aktuell nicht bekannt!]

(DOLCH)


Zum Glück hat Sven sich für die beste aller Varianten entschieden: eine Bühne. Keine Überschneidungen. 100% Spaß. Die Umbaupausen sind erfreulich kurz und als nächstes kommen (DOLCH). Der doomige Black Metal mit Sängerin ist ein intensives Erlebnis von hypnotischer Tiefe und bei dem einen Track, dessen Titel ich leider nicht kenne, öffnet sich auch ein kleines Fenster zu einem magischen Moment: es stellt sich wahrlich ein tiefes Gefühl des Glücks ein, mit seiner Frau und seinem Freund Ola in der Menge zu stehen und die Musik einfach nur wirken zu lassen. Keine Gedanken an Rezensionen, kein Alltag, nur purer Genuss. So soll es sein, wenn die Katharsis dich heimsucht. Der letzte Song ist ein rhythmisches Trommelfeuer, welches auch wunderbar meditativ ist, andere aber leider etwas abtörnt. Die Bühne bleibt überwiegend dunkel, was die Fotografen etwas ärgert, aber der Stimmung extrem zuträglich ist und ich möchte erwähnen, dass das Licht bereits von der ersten Band an grandios ist und es beinahe keinen Unterschied zwischen Opener und Headliner gibt. Ich freu mich jetzt schon auf die Wiederveröffentlichungen der Demos über Ván Records.

[Veröffentlichungen bei Ván Records kommen demnächst!]

HERETIC


Yeah, die Black ’n‘ Roll Sleaze Punks von HERETIC haben Hummeln im Arsch und mit „Alive under Satan“ eine teuflische Partyscheibe vor’m Herrn (der Finsternis) rausgehauen. Die Musik vom Plattenteller macht Spaß und ich bin gespannt, was sie uns gleich auf der Bühe zeigen werden… das größte Manko ist hier zum ersten Mal der Sound. Für eine Band wie HERETIC ist der Sound einfach zu fett und hat einen so tiefen Klang, dass für meine Ohren einige Feinheiten einfach untergehen, was ziemlich schade ist… aber die Songs und die Energie, die HERETIC auf der Bühne abliefern, ist einfach geil. „Mr. Chainsaw“, mein Favorit „Seven Hails“, „It’s on“, „Forever Possessed“, „Gods ’n‘ Slaves“, „Give me Darkness“ und natürlich „Berzerker“ knallen so derbe, dass das Biertrinken gleich doppelt Spaß macht. Der Song „The Devil, My Saviour“ klingt auf dem Album etwas cheesy, ist live aber der absolute Knüller und ich bekomme den Song nicht mehr aus meinem Kopf. Definitiv eine geile Show und der Ratschlag „The more you drink, the better we sound“ wird gerne befolgt, auch wenn man nüchtern verdammt gut zu der Mucke abgehen kann.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „It′s on“ (2014, Ván 135); „Alive under Satan“ (2015, Ván 142)]

UNIVERSE217…


… sind eine sehr spezielle Band und zum Glück (für mich) verzichtet man auf die akustischen Varianten der Songs, denn der Doom-Sound der Band ist so verdammt schwer und düster, dass er mit Strom am Besten klingt. Der Gesang von Tanya ist mit Sicherheit das wichtigste Trademark der Band, aber heute Abend finde ich den Gesang etwas anstrengend, weil er sehr prägnant in den Vordergrund gemischt ist. Das nimmt mir auf Dauer etwas die Freude an dem Gig, der mich sonst durch unglaubliche Slo-Mo-Songs zu begeistern weiß.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „Never“ (2014, Ván 125), „Ease“ (2014, Ván 126)]

CASTLE… 


… aus den US of A ist eine Band, die mit jedem Album besser wird. Das Debüt machte mir nur bedingt Freude, aber danach ging es steil bergauf, bis man zuletzt mit „Under Siege“ ein wirklich grandioses Album veröffentlicht. Nachdem ich mich bereits schon einmal in Oberhausen 2012 von der Livequalität überzeugen durfte, freue ich mich natürlich sehr auf die neuen Songs im Set und ich werde absolut nicht enttäuscht. Hier passt der Sound perfekt und die Band spielt einen Querschnitt durch ihr gesamtes Repertoire. Sängerin Elizabeth Blackwell ist heute sehr energiegeladen und liefert eine tolle Show, die die Fans zum mitmachen animiert, was bei den groovigen Songs, die irgendwo zwischen Doom und Heavy Metal / Hard Rock angesiedelt sind, nicht wirklich schwerfällt. Die Energie springt auf das Publikum über und es geht nicht nur mir so, wenn ich denke, dass CASTLE eines der Highlights des Festivals sind und trotz der noch ausstehenden Bands bleiben wird.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „In Witch Order“ (2011, Ván 58), „Blacklands“ (2012, Ván 71), „Second Coming“ (2014, Ván 109), „Under Siege“ (2014, Ván 110), „Deadhand Hexagram“ (2015, Ván 148)]

SULPHUR AEON…


… sind so etwas wie die deutsche Death Metal-Band der Stunde, die mit dem neuen Album „Gateway to the Antisphere“ landauf-landab gefeiert wird… und das völlig zu Recht. Obwohl ich den Death Metal Boom ab 1989 / 1990 damals live mitgenommen habe und viel Death Metal gehört habe, ist die Liebe zu diesem Genre etwas erkaltet, Bands wie SULPHUR AEON allerdings sorgen dafür, dass ich mich meiner eigenen Vergangenheit zuwenden darf… heute Abend ist es mir aber etwas zu viel. Der Sound ist so massiv und voller Tiefen, dass manche geniale Gitarrenparts untergehen und was bleibt ist ein tiefer Klang mit tonnenweise Rhythmus. Der Band darf ich allerdings attestieren, dass sie in meinen Ohren zur absoluten Speerspitze der deutschen Death Metal-Landschaft zählt. Wäre der Sound etwas ausgeglichener und etwas höhenlastiger, würden Songs wie „Abysshex“, „Onward… towards Kadath“, „Gateway to the Antisphere“ oder „Swallowed by the Oceans Tide“ deutlich mehr ballern. Vielleicht sorgt gerade diese Soundwand dafür, dass es ein verdammt intensives Erlebnis ist, die Band auf der Bühne stehen zu sehen, aber vielleicht bin ich zu oldschool und glaube, dass auch Höhen in die Livemusik gehören.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „Gateway to the Antisphere“ (2015, Ván 150)]

VANDERBUYST


Oh jemine, manche Menschen brennen so hell und heiß, dass ihre Zeit manchmal schneller abgelaufen ist, als der Fan es sich wünschen dürfte. Nein, es ist niemand bei VANDERBUYST gestorben, aber die Band begibt sich auf eine ausgedehnte „Auf Wiedersehen“-Tour und wenn die letzten Konzerte dieses Jahr gespielt sind, werden Willem und seine wilde Bande VANDERBUYST mit allen Ehren zu Grabe tragen. Umso glücklicher bin ich, dass ich erst- und wahrscheinlich letztmalig in den Genuss komme, die legendäre Liveshow zu erleben. Werden sie sich gemäß des kommenden VANDERBUYST-Ruhestandes auf der Bühne hinsetzen? Wird es eine gefällige „Hauptsache-wir-waren-nochmal-in-Oberhausen“-Show…? Es wird irgendwas dazwischen… aber geil ist es, die Band „Flying Dutchmen“, „Tiger“, „Walking on Tightrope“, „Stealing your Thunder“, „Lecherous“, „Roller-Coster Ride“, „At the Crack of Dawn“ und „Welcome the Night“ zocken zu sehen, auch wenn ich denke, dass Willem auf der Bühne körperlich schon mal mehr Gas gegeben hat… was aber nicht heißt, dass es nicht ein toller Gig ist. Willem ist so ein unglaublich begnadeter Gitarrist, dass mir regelmäßig der Atem wegbleibt, wenn er zu seinen Soli ansetzt und Jochem ist der Entertainer des Abends. Vor „Lecherous“ fordert er die Fans auf, den Song auf Deutsch mit „1-2-3-4“ einzuzählen, weil er findet, dass es so geil klingt… und das tut es! Gewidmet wird der Song Sven und die Halle geht steil. Überhaupt sind die Fans bei jeder Band voll bei der Sache und sorgen dafür, dass man das Gefühl hat, auf einem Familientreffen zu sein. Bei dem Auftritt schwingt tatsächlich ein wenig Wehmut mit, aber es ist keine Traurigkeit zu spüren, wenn Jochem verkündet, dass er glücklich ist, die Party heute Abend mit uns feiern zu dürfen. Und dennoch ist es traurig, dass diese Ausnahmeband alles gesagt haben soll, was sie musikalisch sagen kann, denn vor allem Live ist sie ein Bank.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „Vanderbuyst“ (2010, Ván 46), „In Dutch“ (2011, Ván 60), „Early Assaults“ (Ván 68), „Flying Dutchmen“ (2012, Ván 75), „Shakira“ (2014, Ván 112), „At the Crack of dawn“ (2014, Ván 136)]

ATTIC


Auch ATTIC durfte ich 2012 bereits in Oberhausen bestaunen und für mich entdecken und auch diesmal sorgen sie dafür, dass die Bühne mit diversen Utensilien geschmückt wird, was die Atmosphäre des Gigs optisch schön unterstreicht. Aber wieder, ja ich weiß, ich bin ein Meckersack, geht der grandiose Gesang von Meister Cagliostro irgendwie unter und egal, wo wir uns in der Halle hinstellen, der perfekte Sound will sich nicht einstellen. Die Performance der Band ist aber sehr engagiert, die Soli sitzen und die „alten“ Songs („Edlyn“, „Join the Coven“, „The Invocation“ und „The Headless Horseman“) knallen und auch der neue Song, den die Band uns heute Abend spendiert, passt hervorragend ins Bild und zeigt, dass die Band noch lange nicht am Ende des Heavy Metal / MERCYFUL FATE / KING DIAMOND-Worshippings angekommen ist. Geil, fett, gut.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „The Invocation“ (2012, Ván 86)]

ATLANTEAN KODEX


Es ist bereits kurz nach ein Uhr, als ATLANTEAN KODEX die Bühne entern und ein Heavy / Epic Metal-Feuerwerk abbrennen, was die Fans richtig ausrasten lässt. Wenn eine Band nach „Enthroned in Clouds and Fire“ mit „Sol Invictus“ ihren amtlich verbrieften Hit bereits an zweiter Stelle des Gigs in die Halle feuert, hat man die Fans eh‘ schon auf seiner Seite, denn schon während des Soundchecks wurde dieser Song mehrfach gefordert. Eine Band wie ATLANTEAN KODEX ist danach aber noch lange nicht am Ende, wie die folgende Setlist beweisen dürfte: „Heresiarch“, „From Shores Forsaken“, „Pilgrim“, „A Prophet in the Forest“, „Lucifers Hammer“, „Twelve Stars and an azure gown“, „Atlantean Kodex“, „Temple of Katholic Magick“.
Die Band ist in gewissen Kreisen everybodys darling, von anderen aufgrund der provokanten Aussagen über den Zustand des Heavy Metal eher geächtet, aber es ist gewiss, dass man hier und heute nur Freunde um sich herum hat und der Gig dürfte sich als weiterer Triumphzug in die Historie eintragen lassen.

[Veröffentlichungen bei Ván Records: „The White Goddess“ (Ván 101), „The Pnakotic Demos“ (Ván 106), „The Golden Bough“ (2013, Ván 107)]

Der erste Tag geht nun also zu Ende und es war ein verdammt guter, wenn ihr mich fragt und so freu ich mich auf den zweiten Festivaltag! (chris)