LIVEBERICHT

16. M’ERA LUNA FESTIVAL :: Aus Tradition

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Festivalbericht
16. M’ERA LUNA FESTIVAL in Hildesheim / Drispenstedt vom 07.08.15 – 09.08.15
mit dabei sind Nightwish; ASP; Rob Zombie; Einstürzende Neubauten; Blutengel; Phillip Boa & The Voodooclub; Mono Inc.; Saltatio Mortis, Apoptygma Berzerk uvm.

Fotos by Caro & Michi / Text by Michi

Die letzten beiden Jahre konnte das Festival die Meldung herausgeben >>AUSVERKAUFT<<. So oder zumindest fast so wird das letztlich auch im Jahre 2015 heißen denn nur wenige Tagestickets gab es kurz vorm Termin noch zu ergattern. Dieses Jahr ist der Einlass strickt geregelt, eine am Donnerstag oder frühen Freitag ist nicht möglich und so staut es sich kurzfristig fast bis auf die Autobahn zurück als ich gegen 13 Uhr die Abfahrt Drispenstedt abfahren möchte. Viele zähe Minuten zeigt sich gleiches Bild am Zugang zum Zeltplatz,…ewig lange Schlangen voller schwitzender und genervter Besucher die endlich einen guten Platz ergattern möchten auf den restlichen verbliebenen grünen Flecken auf dem Rasen. So geht dann der Freitag vonstatten, chillig gemeinsam am Zelt nette Stunden verbringen, eigentlich der schönste Tag, denn bei meinem inzwischen zwanzigsten Besuch (inklusive der vier Zillo Festivals an dieser Stelle) ist die Aufregung um das musikalische Geschehen inzwischen nicht mehr vorrangig, denn Neues und bisher Ungesehenes gibt es immer seltener. Außerdem hat dem kurzfristigen Absagen von SUICIDE COMMANDO das LineUp zusätzlich an Reiz verloren.

So gemütlich wie der Freitag gestaltet wurde, beginnt auch der Samstag. Es ist dann schon 13 Uhr als das Konzertgelände erstmals besucht wird. Bis dahin haben bereits Bands wie VERSENGOLD und COPPELIUS eingeheizt, das Ziel ist zuerst aber das Hangar in dem die Kölner Horror Punks THE OTHER spielen und ihr neues Album „Fear Itself“ vorstellen.

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Schnell merkt man die neue musikalische Orientierung, denn  mit dem neuen Band Lineup welches nun zwei Gitarristen beinhaltet können die Jungs richtig Krach veranstalten. Der Gig besteht aus neuen Titeln wie „Nie mehr“, „Bloodsucker“ oder „Black Sails Against A Midnight Sky“ aber auch ältere Stücke wie „Back To The Cemetary“ fehlen natürlich nicht. Der Auftritt ist gut, energisch und sehr engagiert. Das dankt die Menge in der gut gefüllten Halle mit gutem Support und entsprechendem Beifallsbekundungen.

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Im Freien auf der Mainstage treten als nächstes die Neue Deutsche Härte Combo OST + FRONT auf. Wie bereits beim letzten Auftritt hier vor zwei Jahren, machen sie eine musikalische Reise im Schatten von RAMMSTEIN und bieten optische Reizkost mit Blut, Militaria und weiteren Kontroversen. Klingt gut, schaut interessant aus und sorgt für guten Zulauf vor der Bühne.

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In weiteren Verlauf sind LORD OF THE LOST, die DEATHSTARS und auch L’AME IMMORTELLE mit ihren Auftritten auf der Hauptbühne nette Begleitmusik zum Sichten der Shops auf dem Gelände. Gegenüber den einst individuellen Standdesigns wurde nun jeder Laden in eine von Scorpio gestalteten Optik gepackt. Das sieht zwar ganz nett aus, minimiert allerdings jegliche Individualität und persönliche Note der Anbieter.

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Der nächste Act, der meine Interesse stärker weckt sind AESTHETIC PERFECTION, welche tatsächlich hiermit erstmals auf diesem Festival zu sehen sind. Sänger Daniel Graves zeigt sich bei diesem Gig eher von der aggressiveren Seite und zelebriert den Aggrotech Musikstil, deutlich zu vernehmen an seinem größtenteils sehr rauen Gesangsstil. Tracks wie „Antibody“ machen gut Stimmung und die Zuschauer im Hangar erfreuen sich an den elektronischen Klängen, die in Summe dieses Jahr beim Festival sehr wenig präsent sind. AESTHETIC PERFECTION sind laut, krachig und doch melodisch. Mr. Graves gibt ordentlich Gas und lässt auch mit seiner Playlist nur wenige Wünsche offen.

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Draußen heizen SALTATIO MORTIS eine riesige frenetische Menschenmasse ein. Es wird auf Kommando geklatscht, gewunken und gesungen,… die Jungs wissen was sie zu tun haben um alle Mittelalter Freunde in ihren Bann zu ziehen. Gleiches gilt für BLUTENGEL, allerdings muss ich sagen würde ich lieber TERMINAL CHOICE sehen als Chris Pohls Schnulzenparade, die nach dem zigten Sängerinnenwechsel auch nicht besser und glaubwürdiger geworden ist. Aber er zieht seine Show routiniert durch und begeistert viele junge Mädchen und werdende Frauen…

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Mit eisetzender Dämmerung wird dann die Bühne für den Auftritt von ROB ZOMBIE umgebaut. Und dies erfüllt mein Herz sofort, denn ich sehe riesige Leinwände mit „Frankensteins Monster“, „Wolfman“ und weiteren klassischen Monsterfiguren. Alles wird dann noch überragt von einem gigantischen „King Kong“ Plakat. Dazu noch tolles Licht und fertig ist die Bühne für den extravaganten und kontroversen ehemaligen Kopf der Band WHITE ZOMBIE. Die folgende Show ist schon beeindruckend im Vergleich zum alljährlich gesehenen Einheitsbrei des Festivals.

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ROB ZOMBIE als Frontman ist eine Wucht und auch die Unterstützungen an den Saiten und Drums machen die Musik zu einem fetten Brett, auch wenn man nach geraumer Zeit eine gewisse Eintönigkeit im musikalischen Sinne vernehmen kann. Doch es sind Stücke wie „Dragula“ oder „Teenage Nosferatu Pussy“ die immer wieder ein Grinsen im Gesicht erzeugen. Vor allem aber sind es die genialen Cover Versionen wie „Blitzkrieg Bob“ von den RAMONES oder ALICE COOPER’s „Schools Out“ die hervorstechen und den Auftritt von ROB ZOMBIE zu etwas Besonderem machen. Die 75 Minuten Spielzeit werden somit nicht langweilig und für mich zum Highlight des Tages auf der Mainstage.

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Den Abschluss machen ASP auf der Hauptbühne. Ein Künstler dem ich nicht viel abgewinnen kann, lieber hätte ich noch PHILLIP BOA im Hangar gesehen, doch dazu kann ich mich auch nicht aufraffen. So bleibt es beim Treiben auf der Hauptbühne noch ein paar nette Gespräche mit den Mitgereisten zu führen und dann irgendwann den Weg zum Zelt zu beschreiten. Was ASP angeht,…wars bestimmt ganz toll…für die, die es mögen.

Meine Berichterstattung vom Sonntag beginnt erst recht spät, da nach dem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück dann der Abbau der Zelte vonstatten gehen muss und das grausame Schleppen in die Autos. So ist es dann doch schon recht spät als das Gelände betreten wird.

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Einige interessante Bands wie UNZUCHT oder DOPE STARS INC: haben Vormittags schon gespielt, ich bekomme aber als erstes kurz TANZWUT zu Gesicht, die gewohnt agil und auffällig gitarrenlastig ihren Mittelalterrock zelebrieren. Wie eh und je ist Sänger Teufelchen natürlich der Mittelpunkt des Geschehens.

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Doch viel Zeit ist nicht, denn mein erstes richtiges Ziel ist der Hangar und TYING TIFFANY. Im Hangar ist noch gut Luft und so kann man sich gut nach vorn arbeiten um aus bester Position an sehr dynamische und vor allem lautstarke Treiben der Italienerin zu verfolgen.

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Der Gig beginnt mit noch recht langsamen Stücken, steigert sich in der Folge aber immer mehr und es entsteht ein extrem lautes aber zutiefst intensives Electro-Clash Konzert mit einer grandiosen Sängerin. „3 circle“; „Lost way“; „Borderline“ „Drownin“ oder „Still in my head“ heizen das Konzert an und es steigert sich fast in einen Hardcore Gig. Die Stimme und vor allem auch die Gitarre sind extrem ausgereizt und ausgesteuert das es schon in den Ohren schmerzt,…aber es ist einfach geil.

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Die Energie ist sensationell mit dem finalen „Show me what you got“, schade das sich nicht mehr Leute in das Hangar zu TYING TIFFANY bewegt haben, denn das ist für mich bis hierhin der beindruckenste Auftritt auf diesem Festival. Aber egal, die die da sind gehen richtig gut ab und feiern die Musiker auf der Bühne, die nach Ende der Spielzeit auch sichtlich gerührt sind vom frenetischen Beifall der Anwesenden. Ich denke heute hat die Band ein paar neue Fans gewonnen.

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Draußen spielt derweil JOACHIM WITT, doch so recht reizt das nicht, außerdem ist der Hangar mit seinem kalten Betonboden doch eine willkommene Abkühlung. Dann lieber noch einige Songs vom Auftritt von ASSEMBLAGE23 verfolgen, die einen durchaus gut besuchten und synthetisch elektronischen Auftritt hinlegen.

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Doch bis zum Ende ist keine Zeit denn auf der Mainstage folgen APOPTYGMA BERZERK aus Norwegen und diese Band muss man einfach sehen denn sie sind einfach gut. Schon 1996 habe ich sie hier beim ersten Festival auf diesem Flugplatz gesehen und heute wie gestern funktionieren die Jungs einfach hervorragend. Ich mein, wenn man Songs wie „Love Never Dies“, „Kathy’s Song“ oder „Starsign“ raus haut ist das schwarze Elektroherz einfach glücklich.

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Auch das Cover von JOY DIVISION „Love will tear us apart“ klingt toll und begeistert alle um mich herum. Sänger Stephan L. Groth ist wie immer der starke Mittelpunkt auf der Bühne aber auch sein Bruder Jonas rückt immer wieder in den Vordergrund.

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Leider geht dieses emotionale Konzert viel zu schnell zu Ende auch fehlen leider einige Songs die ich mir gewünscht hätte, aber Spielzeit ist leider begrenzt und andere Künstler warten ja auch schon auf ihre Auftritte. Als nächstes folgen dann MONO INC, deren Musik tangiert mich allerdings wenig und so chillt man einfach noch ein wenig auf der Wiese und beobachtet die Menschen die an einem vorbei ziehen. Auch der experimentelle und nicht wenig anstrengende Sound von EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN ist zum Ende dieses Festivals nicht mehr so einfach zu konsumieren.

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Also führt der Weg langsam Richtung Ausgang und es bleibt zu bewerten an welcher Stelle dieses inzwischen zwanzigste Festival auf diesem Flugplatz für mich einzuordnen ist. Musikalisch ist es keine Offenbarung gewesen, ist allerdings auch immer schwieriger weil man alles irgendwie schon zig mal gesehen hat. Tradition ist das Stichwort welches beschreibt, was dieses Festival bedeutet…nicht mehr und auch nicht weniger. Als Abschluss folgen noch ein paar Impressionen vom Festivalgelände.

Übrigens, für das kommende Jahr in dem das Festival am 13 + 14. August stattfinden wird gibt es auch schon wieder erste Bands. Fields Of The Nephilim; Lord Of The Lost Ensemble; Die Krupps; Faun und Suicide Commando haben bereits zugesagt.

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