REVIEW

SCHATTEN MUSE „Schicksalsweg“ (Dark Wave / Neoklassik / NDT)

SCHATTEN MUSE

„Schicksalsweg“
(Dark Wave / Neoklassik / NDT)

Wertung: Gut

VÖ: 12.12.2024

Label: The Circle Music

Webseite:  Facebook

SCHATTEN MUSE ist ein deutsch-griechisches Duo, bestehend aus Sylvia Fürst (Vocals, Lyrics) und Shelmerdine (Instruments, Programming), die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Genre „Neue Deutsche Todeskunst“ neu zu beleben. Sicherlich ein Oxymoron, dennoch gelingt es, dem Atemhauch einer vergangenen Zeit ein neues Zeitzeugnis voller kleiner, düsterer Anekdoten hinzuzufügen. Und irgendwie scheint es mir eine grazile Neuheit zu sein, dass hinterm Mikro die stimmliche Weiblichkeit das Zepter übernimmt und dadurch eine noch deutlichere Zerbrechlichkeit in die dunkle Szenerie zu integriert.

Bereits der Opener triggert die Menschen mit einer generalisierten Angst, wobei hier zunächst auf spezielle Ängste aufmerksam gemacht wird und im Mark die Angst vorm Leben und die Angst vorm Sterben auf dem Altar einer komplett kühlen, partiell hoffnungslosen Musik gelegt wird. Die schwermütigen, elektronischen Tonagen glänzen im Schwarzlicht, sind aber eher fragmentierte Punkte der tieftraurigen Düsternis. So erklingt „Illusion“ mit einer bedrückenden Elegie, die sich agonisch der Schwermut opfert. Das liebliche neoklassische Klangbild wird von latenten Hintergrundgeräuschen konterkariert. Es bleibt ein monoton erscheinender, minimaler Untergrund über den durchdringend der erzählende Sprachgesang von Sylvia schreitet. Aufgrund der oftmaligen Wiederholung des Titels ist der Text und vor allem das Geschrei am Ende bei „Transzendenz“ gewöhnungsbedürftig bis verstörend. Die mit durchdringender Vehemenz dargebotene Musik besitzt diesen Trauerflor, der sich galant der Schwärze entgegen neigt und dennoch dieses cineastische Klangbild der Trübsinn beherbergt. „Fluss des Lebens“ hat etwas Erhabenes und glänzt mit samtenen Pianoklängen. Das Ganze ist mit reichlich Pathos geschmückt und lässt doch die Melancholie in glänzender Schwarzfarbe glänzen. Man lauscht gespannt und die Träne, die langsam auf das Vergießen wartet, hat das Zielmeer schon in Sichtweite.

„Es stirbt ein Teil von mir“ sucht nach Halt in dieser Welt. Diese Suche ist flehend und wird von Klangspektren begleitet, die sich schleichend mit einem Windhauch nähern. Galante Lieblichkeit und ein der Schräge opfernder Moloch der Dunkelheit begleiten die Suche und nebenbei scheint man die perfekte Begleitmusik für den Verkauf von Schwefelhölzern in eisiger Kälte erschaffen zu haben.

Bereits auf ihrem Debüt haben SCHATTEN MUSE zwei Coverversionen dargeboten. Das ist auch diesmal so. Zuerst ein sehr gewagtes Cure Cover von „Charlotte Sometimes“, welches in deutsch gesungen wird und dann noch eine gelungene Version des DAF-Klassikers „Der Mussolini“. Letzteres übrigens nur auf der CD-Version.

Fazit: Das Duo kredenzt uns erneut ein ganz besonderes Werk, welches zu Beginn der 90er zwischen VÖ’s von GOETHES ERBEN oder RELATIVES MENSCHSEIN eine Heimat gefunden hätte. Es dürfte heute für viele Schwarzherzen verstörend wirken, dennoch besitzt dieses Duo eine kraftvolle Quelle, welche durchaus zur Wiederbelebung eines alten Klangerlebnis sorgen könnte. Hinzu kommen Texte, die aus tiefster Seele die tieften Gehirnwindungen des Hörers betreffen. In einer Psychiatrie würde ich diese Musik nicht laufen lassen, obwohl, ein Gesprächskreis könnte hier eine Eröffnung, ohne einen Gesprächsball zu werfen. (andreas)