INTERVIEW, TOP THEMA

SALTATIO MORTIS :: Paradiesstürmer in Reinform


SALTATIO MORTIS sind seit einigen Jahren zu einer festen Mitteler(-Rock) Größe herangewachsen und spielen auf allen großen Festivalbühnen der Szene, sind aber auch auf allen kleinen Mitteralterbühnen landauf landab zu hause. Kurz vor Erscheinen ihres neuen Albums „Sturm aufs Paradies“ konnte man zudem Sänger Alea’s Hochzeit in einer Pro7 Doku begleitend am TV-Gerät erleben. Wie es dazu kam und dass es u.a. dafür kein Geld gab, erzählt er uns im nachfolgenden Interview. (eller)

Review „Sturm aufs Paradies“ lesen

 

Erstmal Glückwunsch zu eurem neuen Album. Mir gefallen mal wieder viele Songs richtig gut (z.B. „Ode An Die Feindschaft“, „Eulenspiegel“, „Gott Würfelt Nicht“). Wie ist so das erste Feedback für „Sturm auf’s Paradies“ ausgefallen, auch bei euren Liveauftritten, wo es ja schon den ein oder anderen zu hören gab?

Alea: Die ersten Feedbacks  waren sehr positiv und eine Bestätigung, dass wir das, was wir mit unserem neuen Album anstrebten, erreicht haben.

Es ist das geradlinigste und druckvollste Album geworden, das unsere Songschmiede jemals verlassen hat. Melodiestark und emotional sind die Songs geworden.

Bis jetzt haben wir schon folgende Songs mit unseren Gästen feiern können: „Habgier und Tod“, „Hochzeitstanz“, „Wieder unterwegs“, „Eulenspiegel „und „Der letzte Spielmann“.

Sie alle trafen sofort ins Herz.  Ob auf dem MPS oder bei Großfestivals wie Wacken und Summerbreeze. Überall haben die Fans unsere Neuankömmlinge gefeiert.

 

Wir haben euch dieses Jahr in Bückeburg beim Mittelalterlich Phantasie Spectaculum sowie auf dem Summer Breeze live gesehen. Welche Art von Freiluftauftritten gefallen euch besser, vor 30.000 auffem Festival oder vor einem kleinen Teil davon auf Mittelatermärkten?

Alea: Eine Frage, die immer wiederkehrt – die Antwort bleibt identisch. Man kann diese beiden Auftrittssituationen nicht vergleichen. Auf der einen Seite hat man den Rausch der riesigen Bühne, die unglaubliche Menge an feierwütigen Menschen – auf der anderen Seite die Auftritte auf dem MPS, welche ein fester Bestandteil unserer Spielmannsseele sind und auch bleiben werden – dort sind unsere Wurzeln.

Auf dem MPS kann man auch schon mal Aktionen mit dem Publikum erleben, die auf einer der Megabühnen Deutschlands unmöglich wären. Gerade erst am letzten Sonntag (28.08.11) überzogen wir in Speyer ganze 1,5 Stunden, weil uns unser Veranstalter, Gisbert Hiller, darum bat. Das Ganze endete in einem sportlichen Workout oder genauer gesagt Contest zwischen uns und dem Publikum. Wer mehr darüber erfahren will, sollte unser Tourtagebuch lesen. Ihr findet es unter www.Saltatio-Mortis.com

 

In Bückeburg ward ihr auch im Publikum gesehen. Ist das auf solchen Festivitäten einfacher, sich unter’s Volk zu mischen bzw. macht es mèhr Spaß, da mehr mittelalterliche Gleichgesinnte da sind?

Alea: Auf den MPS Märkten ist es eben so, seit sieben Jahren sind wir ein fester Bestandteil dieser Veranstaltung. An jedem Stand sind Freunde oder zumindest Bekannte von uns, die dort Ihre Waren feilbieten. Da ist die Drachenschänke unseres Freundes Tom, die Falafel Bude von Tieger, Gabors Fischhaus usw. Wir sind dort zu Hause unter Freunden. Das hat mit Gleichgesinnung im Mittelalterlichen Treiben gar nichts zu tun.

Bevor ich mein erstes Schwert in der Hand hatte und ca. 2 Jahre später meinen ersten Dudelsack, gehörte mein Herz voll und ganz der Metallszene und dem ist auch heute noch so.

Also fühle ich mich auf Beiden Bühnen pudelwohl.

 

Würdet ihr gerne einmal die Zeit komplett zurückdrehen und als Spielleute durch’s echte Mittelalter ziehen wollen?

Alea: Definitiv nein. Ich bin ein Freund von sanitären Anlagen, Betten ohne Flöhe, Zentralheizung und Laptops. Dies ändert aber trotz alledem nichts an meinem Interesse am  historischen Mittelalter. Auf den Märkten erlebt man eine „romantische“ Vorstellung  des Mittelalters – natürlich entspricht es  in nur annähernd der historischen Realität. Ich bin sogar überzeugt, dass vogelfreie Spielleute wie wir  im Mittelalter im Kerker oder auf dem Scheiterhaufen  geendet wären – oder gar erschlagen von eifersüchtigen Ehemännern.

 

Gibt’s einen Song, auf den ihr live eigentlich keine Lust mehr habt, den das Publikum aber immer wieder fordert?

Alea: Nein, ich persönlich mag alle unsere Songs ab dem Album “Des Königs Henker“, aber auch auf den alten Saltatio Scheiben sind sehr geile Songs drauf. Ich verbinde mit den Neueren einfach mehr, da ich ab „Des König Henker“ anfing,  selbst im Songwriting tätig zu werden. Es sind einfach mehr meiner eigenen Emotionen und Erlebnissen in diesen Songs verewigt.

 

Wie kam’s zu der Aktion, dass die Hochzeit von Dir im Fernsehen bei Pro7 mitverfolgt werden konnte? (P.S. Alles Gute zur Hochzeit nachträglich noch 🙂

Alea: Unsere Hochzeit war eigentlich folgender Maßen geplant:
Standesamtliche Trauung – ganz einfach. Kirchliche Hochzeit mit der Familie und eine Party auf dem MPS mit den Freunden. Daraus wurde ein Marathon.  Hier kurz umrissen der Ablauf unseres Hochzeitsmarathons.

Mein Trauzeuge und Tai Chi Meister kam auf die Idee, die trockene standesamtliche Hochzeit auch noch zu einem Event werden zu lassen. Also trauten wir uns im Mai, nicht wie geplant im Standesamt, sondern in einem 150 Jahre alten Teehaus des Japanischen Gartens in Kaiserslautern. Danach hatte er noch eine Teezeremonie mit einem 72 jährigen japanischen Zenmeister organisiert. Es war ein unvergesslicher Tag.

Von da an begannen wir die kirchliche Hochzeit komplett durchzuplanen. Ich war auf der Suche nach einem ausgefallenen Hochzeitsanzug für mich. Meine Frau fand beim Stöbern im Internet, die Webseite der Designerin Lucardis Feist, www.feist-style.de

Ich war sofort Feuer und Flamme für die dort ausgestellten Klamotten und so fuhren wir nach Bad Lauterberg.

Nach einem schönen Tag zusammen mit Sandra und Markus von Feiststyle war klar, ich bekomme einen Hochzeitsanzug, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. An diesem Tag fragten uns die beiden auch, ob wir eventuell Lust hätten, bei einer Fernsehdoku über abgefahrene Hochzeiten mitzumachen. Wir fanden die Idee sehr gut, und entschlossen uns, die Party auf dem MPS von Pro 7 begleiten zu lassen.

Erstens konnten wir uns durch diese Zusammenarbeit ein kostenfreies Hochzeitsvideo der ganz anderen Art sichern. Zweitens konnten wir Sandra und Markus die Aufmerksamkeit verschaffen, die sie mit Ihrer Hochzeitskollektion verdienen und drittens konnten wir durch die TV-Sendung unsere Fans an einem wunderschönen und sehr privaten Tag unseres Lebens teilhaben lassen, ohne aus der Feier im engen Kreis des MPS eine Großveranstaltung zu machen.

Und für alle Nörgler, Geld gab es dafür keins. Die kirchliche Hochzeit fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

 

Wie sind die Reaktionen eurer Fans bislang zu dieser Art der Werbung für Saltatio Mortis?

Alea: Wer dies als reine Werbeveranstaltung für Saltatio Mortis verstanden hat, den muss ich leider enttäuschen – es war unsere ganz private Hochzeitsfeier im Rahmen des MPS mit unseren Freunden – durch das Fernsehteam konnten wir auch die Fans an einem privaten Moment teilhaben lassen.  Wichtig für ist nur eines:  Ich bin sehr glücklich und ich hoffe, dass Ihr es auch seid.

Lasterbalk: Um an der Stelle auch noch eine andere Sicht auf das Thema anzubieten: Als Alea mich anrief und von dem Vorschlag von Pro 7 erzählte, war ich zunächst eher dagegen, wollte aber in erster Linie diese Entscheidung dem Brautpaar überlassen. Im Ernst, wie, wie oft und wie öffentlich ein Paar heiraten möchte, ist die Entscheidung des Paares. Letztlich wundert es mich schon ein bisschen, wie kontrovers dieses Thema diskutiert wird. Freut euch für und mit dem Brautpaar, darum geht’s doch unterm Strich, oder?

Nachdem ihr ja schon einige Alben produziert habt… was ist die größte Herausforderung für euch bei der Produktion des neuen Albums gewesen?

Alea: Die härteste Herausforderung, die wir beim STURM AUFS PARADIES uns selbst auferlegt hatten, war die Geisel des Purismus. Wir waren in der Vorproduktion übereingekommen, dass wir dieses Mal genau das aufnehmen wollten, was die Besucher unserer Konzerte schätzen. Handgemachte, emotionale Musik ohne Ausschmückungen und Experimente. Auf der Bühne haben wir einen Gitarristen, einen Bassisten, einen Drummer, einen Percussionisten, 2 Dudelsackspieler, einen Drehleierspieler und einen Sänger.

Keinen Chor, keine hundertfünfzig Gitarrenstimmen, sondern nur diese Musiker und genau diese Jungs hört man auf STURM AUFS PARADIES.

Besonders mir viel es sehr schwer, von meinen so geliebten Zweit- und Drittstimmen der Melodie- und Gesangarrangements Abstand zu nehmen. Aber es hat sich gelohnt.

Das was man hier zu hören bekommt ist Saltatio Mortis in Reinform.

Lasterbalk: *grins* Ja, es war nicht immer leich,t den Kollegen Alea auf den Weg zurück zu prügeln 😉 und auf der anderen Seite gibt es ja auch Nummern, die dann ganz bewusst ausbrechen und anders und etwas üppiger sind, niemals aber überladen. Es war ein spannendes und forderndes Songwriting dieses Mal …

 

„Gott Würfelt Nicht“ ist ein eher untypischer und schon fast der nachdenklichste Song, den ihr je gemacht habt. Welche Geschichte steht hinter dem Song?

Lasterbalk: Den Ausschlag gab die schwierige Situation eines Freundes, dessen Vater im Sterben lag. Die Prognose war hoffnungslos und eine Patientenverfügung gab es nicht. Das mag eine der schwersten Entscheidungen im Leben sein. Doch nicht nur am Ende des Lebens verwischt die Grenze zwischen Leben und Tod merklich, auch am Anfang …

Wann beginnt Leben und wann endet es? Die moderne Medizin hat uns schon längst jeder eindeutigen Definition beraubt und was uns bleibt, ist einen eigenen Weg im Umgang damit zu finden und diesen auch zu dokumentieren!

Alea: Vor einigen Jahren ist einer meiner besten Freunde an HIV gestorben.

Sein Ende war ein dramatischer Kampf seines  Körpers und den lebenserhaltenden Maßnahmen der Intensivstation.  Das Ganze hat sein Leiden nicht merklich verlängert. Ich bin der Meinung, dass man geschundene Körper und Seelen in Demut sterben lassen sollte, aber nur, wenn es nur um lebenserhaltende Maßnahmen geht, aber genau deshalb ist mir persönlich dieser Song so richtig.

 

Zu „Hochzeitstanz“ habt ihr ein Video gedreht. Worum geht’s in dem Song und wie ist das so für euch, vor der Kamera zu performen?

Alea: Die Performanceszenen sind nicht das schwierige an einem solchen Dreh, schließlich machen wir da nichts anderes, als auch bei jedem unserer Auftritte – wir performen.  Wer uns schon mal live gesehen hat, kann das sicher bestätigen. Die Spielszenen und das ganze Drumherum sind das, was wirklich an den Nerven und den Kräften zehrt.

Das Video zum „Hochzeitstanz“ bedeutete für uns 3 Drehtage –  bis zu 14 Stunden und dazwischen höchsten 4 Stunden Schlaf. Aber auch diese Anstrengung hat sich gelohnt.

Lasterbalk: Der Song versetzt sich in die Welt eines Triebtäters. Der Text setzt bewusst auf schöne Bilder, die aus ungewöhnlicher Perspektive widerliche Verbrechen beschreiben. Vielleicht der schwierigste Song aus meiner Feder.

 

Wie sieht eure Livequote in nächster Zeit aus, seid ihr nur unterwegs oder habt ihr auch mal eine Ruhephase bei euren Freunden/Familien geplant?

Alea: Die nächste Ruhephase ist die erste Oktoberwoche. Danach geht es genauso weiter wie bisher. Zuerst haben uns die Vorbereitungen zur Tour in Atem gehalten – nun  wird es die Tour zu „Sturm aufs Paradies“  im November und Dezember.

Die Termine findet Ihr auch auf unserer Webseite. www.Saltatio-Mortis.com

Ich hoffe wir sehen uns da.

Und denkt daran: WER MIT UNS ZIEHT DER TEILT UNSER LEBEN!

Alles Gute, Alea!

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