NIGHTBEARER
„Defiance“
(Death Metal)
Wertung: Phänomenal gut
VÖ: 13.06.2025
Label: Testimony Records
Webseite: Homepage / Facebook / Instagram
Gastbeitrag von „Rudi von Hotel666.de„:
Ich habe wirklich viel erwartet nach NIGHTBEARERs grandiosem zweiten Longplayer „Ghosts Of A Darkness To Come“ und die Messlatte war angespornt durch die beiden geilen Vorabvideos wahrlich sehr hoch angelegt, aber dass die Band mal eben den Vorgänger mit ihrem Drittling „Defiance“, abermals über Testimony Records veröffentlicht, locker toppt, lässt mich mich mit großem Staunen und ebenso großer Freude zurück. Was für ein hammergeiles Album!
Nach einer für mich schon eher kurzen Einleitung geht es auch schon gleich in die Vollen, denn es juckt mir schon sehr in meinen Fingern, euch näher zu bringen, was Michael Torka (Gesang), Dominik Hellmuth (Leadgitarre), Manuel Lüke (Drums), Florian Böhmfeld (Bass) und Tristan Schubert, der Christian Zysik an der Rhythmusgitarre ersetzt hat, hier so Geniales vom Stapel gelassen haben :). Mit einem fast schon an Blind Guardian erinnernden Akkustikintro mit einer tollen Stimmung werden wir behutsam an das nun Folgende herangeführt, und ich bitte euch gleich schon mal, eure Kinnlade festzuhalten, denn jene wird euch sonst bis zum Ende der Scheibe so massiv herunterklappen, dass ihr Mühe haben werdet, sie wieder vom Boden weg zu bekommen! Das ist auch absolut kein Wunder, denn „Defiance“ ist ein wahrer Ohrenschmaus der Extraklasse geworden :). Auf ihrer bisherigen Grundbasis von allerbestem Svenska Dödsmetall der alten Schule, Melodic Death/Black Metal, Morbid Angel(-Groove) und natürlich einer Prise D-Beat weiterhin aufbauend, erschaffen NIGHTBEARER ihr eigenes todesbleiernes Universum, welches zu keinem Zeitpunkt seine Wurzeln verleugnet, diesen huldigt, dabei aber einen eigenen Weg geht und das noch mal um einiges besser, als es bisher der Fall war – und das war qualitativ schon der Knaller. Das ist definitiv kein Death Metal von der Stange, denn hier wurde nicht auf Teufel-komm-raus etwas lieblos zusammengeschustert, um ein Album rausbringen zu können, sondern mit Bedacht und Herz von Micha und Dominik komponiert. Und das ist dem Songmaterial auch anzuhören. Es konnte in Ruhe entstehen und reifen, nur um am Ende umso prächtiger, mächtiger und gewaltiger zu wirken :)! Egal ob herrlich nach vorne preschender alter Schweden Death, sich auftürmende Riffberge, gnadenloser Groove, bösartiges Midtempo, wunderbare Melodien oder manische angeschwärzte Raserei, all das wird mit einer Energie und Hingabe zelebriert, dass es eine wahre Freude ist. Das Songmaterial an sich ist noch ausgereifter, variabler, packender und mitreißender geworden, akzentuierter, noch mehr auf den Punkt gebracht, ohne dabei seine heftige Brutalität zu verlieren. Brachiale Rhythmen, deren unbändiger Kraft ihr euch nicht entziehen könnt, denn zu geil ist „Defiance“ geworden, als dass es euch Todesblei-Maniacs nicht vom ersten bis zum letzten Moment in seinen Bann ziehen wird. Herrlich :). Ich finde es auch sehr cool, dass immer wieder mal genau im richtigen Moment ganz fein gewürzt Keyboards genutzt werden, die die Stimmung nicht nur untermalen, sondern ihr noch mehr Dimension verleihen. Was mir auf dieser Scheibe auch wahnsinnig gut gefällt und Vergleich zum Vorgänger noch verstärkt wurde, ist diese epische, leicht angenehme Melancholie in Form von Melodien und Soli, die ein Gefühl entstehen lassen, als ob du mit einem schweren Herzen den Blick nachdenklich über offene, weite Ebenen in die Ferne schweifen lässt und dich in deinen Gedanken verlierst. Das klingt nicht nur sehr beeindruckend, sondern wirkt auch emotional sehr intensiv, da es sich über deine Ohren einen Weg in dein Herz sucht und dort voller Kraft wirkt, da es um Gemütslagen geht, die uns allen nicht fremd sind :). Und da ich gerade bei Melodien bin, muss ich auf die bereits erwähnten Blind Guardian zurückkommen. NIGHTBEARER haben ja bekanntlich eine hohe Affinität zu dieser Band, sie bereits gecovert und ich persönlich finde, dass sich das zu meiner Freude öfter mal in den Melodien niederschlägt, die für mich ein gewisses „Tales From The Twilight World“-„Somewhere Far Beyond“-Flair innehaben und das ist mal so richtig der Kracher, vor allem als Mischung mit Death Metal. Der Hammer! Aus all diesem und einer Menge Herzblut zaubert die Band einen herrlichen Sound und spielt sich wahrlich in einen funkensprühenden Rausch aus Brutalität, Passion, Zorn, Aggression und Schwermut. Einfach nur grandios. Hier passt wirklich alles zu jeder Zeit zusammen, klingt immer in sich schlüssig und versprüht dabei ein Feuer und eine Kraft, die einfach nur einnehmend sind :). Das Ganze wurde dann an der Saitenfront von Dominik, Florian und Tristan und Manuel an den Drums (achtet mal auf sein grandioses Spiel) mit einer Präzision und Passion eingespielt, die einfach nur ansteckend ist. Zusammen mit dem Gesang bilden sie eine massive und kompakte Einheit, die nur ein Ziel kennt: saugeilen Death Metal zu zelebrieren, um nicht nur ihre Herzen sondern auch unsere vor lauter Freude zum Rasen zu bringen :)!
Wie beim Vorgänger behandelt das lyrische Konzept wieder eine Buchreihe. War es bei „Ghosts Of A Darkness To Come“ der Bücherzyklus „Das Rad der Zeit“ von Robert Jordan, widmet sich Micha laut seiner Info dieses Mal der „His Dark Materials“-Trilogie von Sir Philipp Pullman („Der Goldene Kompass“/ „Das magische Messer“/ „Das Bernsteinteleskop“). Da ich literarisch nicht so bewandert bin wie meine Freundin, die die Buchreihe auch zu Hause stehen hat, klärte mich Micha mal fix auf. Ihn faszinierte daran insgesamt der philosophisch-theologische Unterbau. Pullman hat die Trilogie als Gegenentwurf zum sehr christlichen „Narnia“ und als seinen „Take on“ Paradise Lost von Milton geschrieben. Es geht im Grunde und zu einem großen Teil um das Loslösen des Menschen aus der Tyrannei und Diktatur der Kirche/Religion, das Überwinden von religiösem Aberglaube und ähnlichem. Die „Tiere“ sind in jener Welt die externalisierten Seelen der Menschen (spielt auf die Dreiteilung des Menschen in Seele, Körper, Geist an). Es werden also viele Themen aufgegriffen. Für „Defiance“ hat er sich den Kampf „Aufklärung, Freiheit des Willens und Wissenschaft“ vs. „Religiöse Aberglauben-Diktatur“ als Hauptthema ausgesucht. Es geht aber auch mal um gepanzerte Eisbären, die mit Hexen in den Krieg ziehen :).
Der von ihm genutzte Themenbereich hat an sich auch starke aktuelle Bezüge z.B. zu den USA und lässt die sehr gelungenen Texte dadurch noch düsterer und intensiver wirken. Ich liebe ja rottige Old School-Texte, aber so ein tiefergehendes Konzept ist doch auch mal was anderes. Gerade wenn es so voller Inbrunst intoniert wird und zwar noch besser als bei der zweiten Scheibe. Meine Güte, hat der Mann eine Kraft und Wucht in seiner Stimme! Und diese ist trotz der beeindruckenden Brutalität, die ihr inne liegt, jederzeit sehr akzentuiert, was bei der Wichtigkeit der Texte auch eine absolut logische Konsequenz ist. All die Mühe in undifferenziertem Stimmgekotze untergehen zu lassen, wäre ja auch schade. Sein Gegrunze ist aber trotzdem jederzeit wirklich heftig und derbe und hat eine massive Wucht inne, welche wie ein derbe Schlag gegen eure Brust zimmert und euch nach Luft schnappen lässt. Ich mag auch diesen knurrigen und hasserfüllten Unterton in seiner Stimme sehr gerne, die die von ihm intonierten Stimmungen noch düsterer wirken lässt. In Kombination mit seinem fiesen und nicht minder intensiven, garstigen, pechschwarzen Krächzen, wahlweise die Texte in die Welt tragend oder als Schreie an sich, entsteht eine bedrohliche und gnadenlose Atmosphäre, getränkt von der Leidenschaft und Hingabe, stimmlich alles zu geben :). Und so fusioniert sein Gesang mit der Musik, in deren Rhythmen er seine Worte gekonnt einbettet, zu einer unschlagbaren Macht, deren Wirkung einfach nur bombastisch ist :). Der Wahnsinn!
Letztere Feststellung führt mich dann auch gleich weiter zur Produktion von „Defiance“, denn diese ist der absolute Traum :). Was für ein Knaller! Das dachte ich ja schon beim letzten Mal, aber der Sound auf dieser Scheibe toppt die schon sehr geile Produktion von „Ghosts Of A Darkness To Come“ locker und ich komme aus meinem breiten Grinsen gar nicht mehr heraus :). Wurden im Gegensatz zum Vorgänger dieses Mal ein renommierter Produzent mit einem ebenso bekannten Studio herangezogen, um die „Defiance“ so mächtig prächtig ertönen zu lassen? Abermals kann ich dieses mit Freude verneinen, denn die Drums haben Dominik und Manuel wieder zusammen in Manuels Home Studio (Hateforce-Studios) aufgenommen, während Dominik in seinem Hellmouth Studio wieder für die Aufnahme der Saiteninstrumente und des Gesangs zuständig war und auch erneut Produktion, Mix und Mastering ihm oblagen. Was macht den Unterschied aus? Der Gesamtsound an sich ist auf alle Fälle druckvoller, düsterer, brutaler, friedhofserdiger ausgefallen und gibt dem Songmaterial dadurch noch mehr feurige Intensität und Wucht. Das an sich ist schon geil, aber ich mag auch diese Natürlichkeit im Klang sehr, der sehr viel Seele innewohnt, wodurch das sehr dynamische und abwechslungsreiche Songwriting, diese erfrischende Lebendigkeit der Lieder optimal zur Geltung kommt. Zusätzlich sorgt der sehr ausgewogene und differenzierte Sound dafür, dass alle Instrumente und ihre gespielten Feinheit herrlich zur Geltung kommen :). Und natürlich darf der fette HM2-Knarz bei NIGHTBEARER nicht fehlen und diesen kriegen wir hier auf einem silbernen Tablett serviert. Ich liebe diesen Sound ja, sei es bei derbe und kratzigen sägenden Gitarren, die schön brutal röhren, oder dem geil fett wummernden Bass, der ordentlich Druck macht. Svenska Dödsmetall-Maniacs werden da akkurat ins Sabbern geraten. Dazu gibt es sehr geile, satte und authentische Drums, die eben so gut zu vernehmen sind wie die Saiteninstrumente, die Soundeffekte und natürlich auch der Gesang, welcher weder untergeht noch dominiert und wie alle anderen genug Raum zur Entfaltung bekommt. Als das wurde sehr kompakt gebündelt zu einer gnadenlosen akustischen Kraft, die alles durchschlägt… vor allem eure Trommelfelle. Das Ganze hat eindeutig, wie auch die Musik, internationales Niveau! Eigentlich müssten ihm die Bands permanent die Studiotür eintreten, bei dem was er drauf hat. Absolut klasse und so wurde die famose Musik auch vom Sound her perfekt in Szene gesetzt :).
Gleiches gilt auch für die Optik dieses Hammerwerkes :). Ihr merkt schon, dass ich mich mit meiner Euphorie bei keinem Punkt zurückhalten kann, aber an dieser Scheibe ist alles total geil! Für das Artwork konnte dieses Mal der wie die Band auch aus der Region Ostwestfalen-Lippe stammende Timon Kokott gewonnen werden. Sicherlich ist vielen von euch das berühmte Hubble Teleskop-Photo der sogenannten „Säulen der Schöpfung“, eine Formation des 7000 Lichtjahre entfernten Adlernebels, bekannt und basierend auf einem dieser Bilder hat Timon in Zusammenarbeit mit Michael etwas erschaffen, das einfach nur atemberaubend schön geworden ist:). In Timons Arbeit bestehen diese Gassäulen aus kriegerischen, leicht amorphen, menschenähnlichen Wesen, von denen einige emporpreschen und deren Kriegslust förmlich zu spüren ist. Es scheint fast so, als würden diese bewaffneten Wesen nach etwas Bestimmten Ausschau halten und können es gar nicht abwarten, das Objekt ihrer kämpferischen Begierde zu erblicken und zu vernichten. Die Dynamik und der Detailreichtum dieses in blau-weißen Tönen gehaltenen Szenarios ist wirklich einfach nur betörend. Das ist aber noch nicht alles, denn diese geisterhafte Situation findet wie im Original im Weltall statt und das von Timon erschaffene All, welches sich im Hintergrund befindet, ist auch ein Traum geworden. Dieser Rotton des Nebels, welcher die Dunkelheit durchzieht, ist sowas von geil und intensiv, dass der Anblick eine wahre Freude ist. In Kombination mit blau-weiß schimmernden Wesen ergibt sich eine beeindruckende Intensität, die nicht von dieser Welt ist. Ich würde gerne mal das Bild in Originalgröße sehen, das stelle ich mir sehr mächtig in seiner Wirkung vor. Die Farben dieses Kunstwerks werden dann noch durch den schwarzen Untergrund des Gesamtartworks intensiviert :). Abgerundet wird das Ganze durch das grandiose Bandlogo und den Albumtitel, die in einen Rahmen gefasst Timons Bild umrahmen. Dann kommen wir mal zum CD-Booklet an sich, denn dieses ist auch sehr gelungen. Dazu geht es erst einmal auf die Bookletrückseite. Dort befindet sich auf schwarzem Untergrund nicht nur ein Ausschnitt eines schönen Pullman-Textes sondern auch ein weiteres Bild eines kosmischen Nebels. Dieses Mal aber ein Original, welches farblich etwas bearbeitet wurde und nicht weniger atemberaubend als das Cover ist. Ich liebe ja Bilder solcher Nebel, alleine schon der Farben wegen, und hier ist es nicht anders. Und dieses Photo dient im Bookletinneren dann als Untergrund für die schwarz unterlegten Texte und zwei weitere Pullman-Textauschnitte und der Kontrast aus Pechschwarz und intensiven, bunten Farben ist wirklich herrlich. Dazu gibt es dann mit komplett schwarzem Hintergrund die Credits und sehr tolle und stimmungsvolle Photos der einzelnen Bandmitglieder an sich und ein Gruppenphoto. Die Photos der einzelnen Bandmitglieder werden dann jeweils noch rechts und links von durch Timon gezeichneten Schwertern begleitet. Eine weitere Zeichnung eines teleskopartigen Gerätes findet ihr dann noch unter der mit dem Cover bedruckten CD. Die Hüllenrückseite schmückt dann noch mal das tolle Photo plus die Songtitel. Das Ganze ist optisch wirklich sehr hochwertig, wie ich finde, und rundet die tolle Musik noch mal bestens ab :). Natürlich ist da eine Vinylversion Pflicht, mein Kumpel Dunemann vom famosen Twilight Magazin hat sich die LP bestellt und ich kann euch sagen, dass das Cover im größeren Format einfach nur bombastisch aussieht :). Genauso wie die Rückseite mit dem kosmischen Photo. Herrlich. Dazu gibt es ein zweiseitiges Inlay, bei dem es natürlich etwas unübersichtlich werden würde, alles aus dem CD-Booklet 1:1 zu übertragen. So gibt es eine kompaktere, aber nicht minder coole, ebenfalls pechschwarze Variante für die LP, die auf der einen Seite alle Texte und auf der anderen Seite, neben den Credits, das von Schwertern begleitete Bandphoto. Den Rundling mit dem Artwork in der Seitenmitte gibt es an sich in klassischem Schwarz (200 Stück) und in einer sehr umwerfenden blau-schwarzen Marmorierung (300 Stück). Ich hatte letztere Variante in der Hand und es sieht nicht nur genial aus, sondern passt super zum Artwork :). Aber egal, für welches Format ihr euch entscheidet, ihr bekommt ein musikalisch und optisch absolutes Herzblutprodukt, mit dem ihr einfach eure helle Freude haben werdet :).
Mit „Defiance“ katapultieren sich NIGHTBEARER nun endgültig mit an die Spitze des deutschen Todesblei-Undergrounds und das absolut zu Recht. Warum? Auf ihrem dritten Longplayer zelebrieren sie wirklich allerbesten Death Metal der alten Schule in Reinkultur, der nicht nur so von Herzblut strotzt, sondern auch mit seinen frischen, energiegeladenen, intensiven Songs gespickt mit virtuosem und packenden Songwriting beweist, dass diese göttliche Ära auch noch nach Jahrzehnten immer noch ein Garant für einfach nur absolut geile Musik ist, die uns Maniacs unter Freudentränen zum Ausrasten bringt. Danke dafür, Jungs.
Und wer von euch auf dem diesjährigen Party-San ist, kann, nein, muss sich am Samstag um 15:20 Uhr vor der Zeltbühne befinden, denn dort werden NIGHTBEARER die Bretter, die die Welt bedeuten, lichterloh zum Brennen bringen. Wir sehen uns also dort :).
Songs:
1. Dust 00:52
2. His Dark Materials 04:21
3. Defiance 04:36
4. One Church Over All 04:52
5. Dying Knows No Bounds 04:46
6. Reign Supreme 04:29
7. Under The Sun Of War 04:25
8. Ascension 09:37
9. Until We Meet Again 03:32
10. Republic Of Heaven 04:33
Spielzeit: 46:03