F+H EMPFEHLUNG, FILM+HÖRSPIEL

FILM „Suspiria“ (Horror)

Originaltitel: Suspiria

Produktion: Italien / Deutschland, 1977

Blu-Ray-Veröffentlichung: 31.10.2014

Wertung: Empfehlung

Regie: Dario Argento

FSK: 18

Darsteller: u.a. Jessica Harper, Stefania Casini, Flavio Bucci, Miguel Bosé, Rudolf Schündler, Udo Kier, Alida Valli…

Genre: Horror / Thriller

Studio: ′84 Entertainment

Inhalt:
Ein junges Mädchen kommt aus Amerika nach München, um sich in einer Ballettschule als Tänzerin ausbilden zu lassen. Doch vieles in dieser Internats-Schule ist mehr als merkwürdig: die beiden megärenhaften Leiterinnen, ein offenbar geistesgestörter Diener, der blinde Pianist – und immer wieder diese seltsamen Geräusche, Stöhnen und Ächzen, das aus den Wänden zu kommen scheint. Eines Morgens liegen zwei Mädchen ermordet in ihrem Blut…

Da ich kürzlich im Rahmen der HD-Kinopremiere im Einbecker Deli-Kino auf den Film eingegangen bin, möchte ich mich zu Anfang im Bezug auf meine Gedanken zum Film gerne selbst zitieren:
Dass ich in die frühe Arbeit von Dario Argento verliebt bin, dürfte ein schlechtgehütetes Geheimnis sein und dass „Suspiria“ für mich der zweitbeste Film Argentos ist auch. Ich muss gestehen, dass „Profondo Rosso“ für mich immer die Nummer Eins bleiben wird, komme, was wolle. Allerdings sprechen wir hier von 100 Punkten für „Profondo Rosso“ im Vergleich zu 98,5 Punkten für „Suspiria“.

Wenn Argento in so bestechender Form ist, wie bei „Suspiria“, erwartet den Fan und Neueinsteiger ein Stendahl-Syndrom sondergleichen. Der Film saugt dich auf, bis dir schwindelig wird und du für Momente die Orientierung verlierst. Das von Mario Bava erlernte Spiel mit den Farben wird im ersten Teil der Mütter-Trilogie bis zum Exzess zelebriert und auch nach dem x-ten Betrachten des Filmes bin ich begeistert wie ein kleines Kind und frage mich, wie er es schafft, so viele farbige Flächen in einer Szene unterzubringen und dabei so filigran vorzugehen. Die Farben erschaffen die Stimmung und sind mitunter der Hauptdarsteller in einem Film, der immer spannend bleibt und bis zu seinem grandiosen Finale mitreißt. Manchmal sind es allerdings auch die ganz kleinen Farbtupfer, die mich mit der Zunge schnalzen lassen, wie z.B. bei der Taxifahrt zur Tanzakademie, bei der der Regen in verschiedenen Farben leuchtet und nur ganz kurz im Bild ist.

Neben der hübschen Jessica Harper begeistert mich immer wieder Alida Valli als Mrs. Tanner, die rein äußerlich durchaus mit dem Beißer der James Bond-Filme verwandt sein könnte, aufgrund ihrer unterschwelligen boshaften Art. Das war sicher eine tolle Rolle für Frau Valli, die garantiert Spaß gemacht haben dürfte. Die Szene, in der sie dem blinden Pianisten erklärt, dass sein Hund den kleinen Jungen gebissen hat und so ihn anschließend mit einem diabolischen Haifischgrinsen hinausbegleitet, geht auch heute noch unter die Haut und man darf die Szene gleich neben Jack Nicholsons Auftritt bei „Shining“ (ihr wisst schon: „Hieeer ist Johnny“) in die Ruhmeshalle der diabolischen Szenen aufnehmen.

Über die Musik habe ich bereits ein wenig geschrieben, aber allein, wie die verstörenden Sounds sich bis zur Ekstase steigern und den ersten Mord untermalen, ist einfach nur die perfekte Verschmelzung von Ton und Bild und wird niemanden kalt lassen. Daneben möchte ich euch allen die Soundtracks der Band GOBLIN ans Herz legen, vor allem „Suspiria“ und „Profondo Rosso“ sind Meilensteine der progressiven Rockmusik.

Die Musik GOBLINs fügt den Filmen von Argento eine verstörende Dimension hinzu und ich glaube, hätte man die Musik und die Sounds nach gängigen Horrorklischees dem Film beigefügt (tiefes Bassgrollen und all das), wäre aus der verstörenden Wirkung vielleicht sogar eine gruseligere Stimmung entstanden und hätte den Film noch mehr in Richtung Horrorfilm getrieben, aber genau da liegt die Stärke in den guten Argentos. Sie lehren dich das Gruseln, sie verstören dich… daher bleibt GOBLIN immer die erste Wahl. Perfetto.

Für mich und viele Genre-Fans ist „Suspiria“ einer der besten Filme aller Zeiten. Aber ich kenne auch viele, die mit dem europäischen Film der 70er nicht viel anfangen können. Dabei ist der Film kein reiner Horrorfilm. Vielmehr wird er durch die unkonventionelle Musik und Geschichte zu einem (Horror-)Thriller, einem mystischen Auftakt der Mütter-Triogie Argentos. Diese Trilogie erzählt drei Geschichten von Hexen-Schwestern: in „Suspiria“ geht es um Mater Suspiriorum, der Mutter der Seufzer; der zweite Teil „Inferno“ (aka „Horror Infernal“ bzw. „Feuertanz“) steht „Suspiria“ nur in wenigen Punkten nach und erzählt die Geschichte von der Mutter der Finsternis (Mater Tenebrarum). Der Film „Tenebrae“ hat übrigens mit dieser Trilogie, trotz des Namens nichts zu tun. Den Abschluss der Trilogie bildet die Geschichte um die Mutter der Tränen (Mater Lachrymarum) mit dem Film „Mother of Tears“. Allerdings ist diese Trilogie nicht zwingend mit einem roten Faden durchzogen und man kann sich alle Teile auch unabhängig voneinander anschauen, da sie nicht eine durchgehende Geschichte erzählt, sondern vielmehr die Grundidee der drei Hexen-Schwestern, die jeweils ein Haus erbaut haben, welches als Quelle ihrer Kraft bezeichnet werden darf, verarbeitet.

Bewusst bin ich bei dem Bericht zur Premiere nicht auf die Bildqualität eingegangen, denn euer Full-HD-TV ist einer Kinovorführung weit überlegen… so habe ich gedacht und ich sehe mich bestätigt. Die Blu-Ray von „Suspiria“ aus dem Hause ′84 Entertainment ist eine Referenz! Die Farben lassen dir die Augen bersten, die Schärfe und Bearbeitung ist schlicht und ergreifend brutal genial. Natürlich: wie bei alten Filmen üblich ist die eine oder andere Szene auch gerne mal unscharf, was aber am Ausgangsmaterial liegt und nicht in der Verantwortung von ′84 Entertainment, aber was man bei der Restauration aus diesem Kunstwerk herausgeholt hat, muss man mal gesehen haben. Sogar Dario Argento persönlich ist schwerstens von dieser Bearbeitung begeistert und lobt die jahrelange Arbeit an diesem Projekt in den höchsten Tönen, was einiges heißen möchte!

Ich weiß noch, als ich das erste Mal mit einem Film konfrontiert wurde, der das Farbenspiel exzessiv eingesetzt hat: nein, nicht Mario Bava oder Argento (dafür bin sogar ich noch ein kleines bisschen zu jung), sondern „Natural Born Killers“ von Oliver Stone (übrigens auch als Repack von ′84 Entertainment aufgelegt). Damals (wie heute) war ich begeistert von der Möglichkeit, die Bilder so verschwenderisch in Farben zu tauchen und Emotionen und Stimmungen zu kreieren und ich glaube, das hat mich geprägt. Dann könnt ihr euch auch vielleicht vorstellen, was für ein Erlebnis es ist, wenn man irgendwann die Einflüsse entdeckt, die Stone dazu gebracht haben; also die Urahnen zu entdecken, die Altvorderen. Das macht sowohl beim Film, als auch in der Musik wirklich Spaß und man fühlt sich manchmal wie ein Entdecker, der einen Schatz bergt, den zwar schon Millionen andere geborgen haben, aber der einem persönlich viel bedeutet.

Die Blu-Ray / DVD-Combo ist ein wunderschönes Rund-um-glücklich-Paket geworden: der Film liegt sowohl auf Blu-Ray, als auch DVD vor; der Soundtrack liegt der Box als CD bei und auf der Bonusdisc findet man tonnenweise Interviews mit dem Meister, mehrere Features, die auf dem CineStrange-Festival aufgenommen worden, einen Argento-relevanten Ausschnitt aus der Doku „Stephen King′s World of Horror“, die BBFC-Cut Reel, Trailer, Slideshows, Art- und Fotogalerien.

Dazu kommt noch das Herzstück: das 52-seitige Booklet, in dem René Krzok sehr persönlich über dieses Projekt spricht; Torsten Kaiser, der Technical Director von TLEFilms, sich ausführlich über die Restauration ausspricht und dabei die Probleme, die die Formate und hier ganz besonders das ursprüngliche Filmmaterial mit sich brachte, erläutert und die Laudatio von Dr. Marcus Stiglegger, die er anlässlich der Verleihung des CineStrage-Awards auf dem Meister gehalten hat. Diese Laudatio findet ihr übrigens auch in dem empfehlenswerten Buch „Dario Argento – Anatomie der Angst“!

Aufgemacht ist das dicke MediaBook ganz edel: das Cover ist mit einer Art Metallic-Farbe bedruckt und schön stabil. Dass sich der Lack an wenigen Ecken und Kanten mal in Form von kleineren Kratzern verabschieden kann, ist in meinen Augen kein wirkliches Problem, vielmehr verleihen diese Gebrauchsspuren dem Werk Charakter. Eure Lieblingsbücher sehen ja auch „gelesen“ aus… Aber aus den Rückmeldungen der Fans kann man ja schließlich auch lernen und es bei dem nächsten Mammutprojekt berücksichtigen!

Die Idee, dass die Limitierung durch die Vorbestellungen festgelegt wird, finde ich persönlich sehr spannend, aber ich denke, dass diese Pflichtveröffentlichung in gut sortierten Onlineshops oder auf Börsen erhältlich sein wird. Vielleicht habe ich eine Idee für die Zukunft solcher Projekte: eine limitierte Auflage für die Fans, bei der man wirklich nur ein Exemplar ordern kann und eine Auflage für den Handel, wobei die Fan-Edition sich durch ein anderes Artwork und einem Plus an Specials auszeichnen sollte. Aber wer fragt mich schon?!

Mein Fazit: nach der HD-Premiere war ich sehr gespannt, ob sich die ganze Arbeit gelohnt hat und nach dem Genuss der Blu-Ray darf ich sagen: ja! Mehr geht einfach nicht! Diese „4-Disc Limited Collector′s Edition“ ist ein Pflichtkauf! (chris)

Alle Extras und Daten im Überblick:
1. Disc Blu-ray:
Bild: 2.35:1 (1080p – 24p)
Länge: 99 Min. (ungeschnitten)

Ton:
Deutsch DTS-HD Master Audio Mono (teilweise OmU)
Deutsch DTS-HD Master Audio Mono mit Nachsynchro
Englisch DTS-HD Master Audio Comopt Mono
Englisch DTS-HD Master Audio Commag Stereo
Englisch DTS-HD Master Audio Remix Stereo
Italienisch Dolby Digital 5.1

Extras: Audiokommentar mit Marcus Stiglegger und Kai Naumann, Dt. Kinotrailer
Untertitel: Deutsch (fest bei englischen und italienischen Tönen)

2. Disc DVD:
Bild: 2.35:1 (16:9)
Länge: 95 Min. (ungeschnitten)

Ton:
Deutsch Dolby Digital 2.0 Mono (teilweise OmU)
Deutsch Dolby Digital 2.0 Mono mit Nachsynchro
Englisch Dolby Digital 2.0 Mono
Italienisch Dolby Digital 5.1

Extras: Audiokommentar mit Marcus Stiglegger und Kai Naumann, Dt. Kinotrailer
Untertitel: Deutsch (fest bei englischen und italienischen Tönen)

3. Bonus-DVD:
Interview mit Dario Argento in Rom 2014 (18:00 Min.)
Interview mit Dario Argento in Dresden 2012 (7:00 Min.)
Interview mit Dario Argento in Bottrop 2010 (48:00 Min.)
Interview mit Dario Argento in Italien 2005 (21:00 Min.)
Q&A mit Dario Argento beim Cinestrange Festival Dresden (29:00)
Claudio Simonetti live beim Cinstrange (3:00 Min.)
Cinestrange-Festival-Rückblick (6:00 Min.)
Cinestrange-Spot (2:00 Min.)
Dario Argento bei Stephen King’s „World of Horror“ (13:30)
BBFC-Cut-Reel (8 Min.)
Deutscher Kinotrailer (01:00)
Internationaler Trailer (2:00)
US-Trailer (1:00)
TV-Spot (0:30)
84-Preview mit Dario Argentos Kommentar (03:00)
Restauration-Slideshow (2 Min.)
Artwork- & Photogalerie (1:00 Min.)
(Interviews teilweise deutsch untertitelt)

4. Soundtrack-CD:
Trackliste:
01.“Suspiria“ – 6:01
02.“Witch“ – 3:12
03.“Opening to the Sighs“ – 0:32
04.“Sighs“ – 5:16
05.“Markos“ – 4:05
06.“Black Forest“ – 6:08
07.“Blind Concert“ – 6:16
08.“Death Valzer“ – 1:51

Bonus tracks
09.“Suspiria (Celesta and Bells)“ – 1:34
10.“Suspiria (Narration)“ – 1:48
11.“Suspiria (Intro)“ – 0:32
12.“Markos“ (alternate version) – 4:09