Nach dem ich bereits das Vergnügen hatte, die aktuelle Single und zudem auch das Debüt-Album der beiden Hamburger zur Rezension hier zu haben, war es an der Zeit, auch gleich mal ein Interview zu führen. Somit wäre nach einem Konzert mit Combichrist in Berlin letzte Woche fast alles an Möglichkeiten der Kritik und Kontakte ausgeschöpft. Aber sicher ergeben sich, so hofft man, auch in Zukunft wieder neue Herausforderungen. So sitzen wir also zu dritt im „September“ (Hamburg) – im Hintergrund verliert St. Pauli gerad 0:5 gegen Nürnberg – und genießen die warme Frühlingssonne. (oliver garrandt) www.myspace.com/blitzmaschine
Zunächst einmal, schön dass ihr gekommen seid. Und fangen wir dazu auch gleich mal mit einer Frage an, die sich fast jede neue Band gefallen lassen muss:
Was hat es mit dem Namen „Blitzmaschine“ auf sich? Wie seid ihr da drauf gekommen?
Im Grunde war es ein gemeinsames Brainstorming. Es ist im Grunde ja auch eine Beschreibung für das, was wir an Musik machen. Blitz = Elektro und Maschine für Musik und Rhythmus. Aber die ursprüngliche Idee war von Matze.
Aber warum ein Deutscher Name?
Matze: Ach, das ist bei dem Namen doch nicht so schlimm. Engländer können das ja auch gut aussprechen, siehe auch Kindergarden oder Blitzkrieg. Obwohl letzteres sicher nicht ganz so positiv besetzt ist.
Ihr beschreibt eure Musik als EBM für die Mittelschicht? Wie kommt man denn auf die etwas surreal wirkende Idee?
Blitzmaschine: Im Grunde ist es eher ein Aufruf zum Nachdenken. Schließlich kann man Musik nicht in Schichten einteilen. Soziologisch jedenfalls kann man das nicht. Abgesehen davon, dass der Begriff Mittelschicht ebenso angestaubt klingt wie EBM, aber trotzdem irgendwie seriös wirkt. Quasi eine Verbindung Richtung „Gute alte Zeit“.
Ist es genau das, oder was hat euch den Erfolg eures Erstlingswerkes der Single „Liebe auf den ersten Blick“ beschert?
Blitzmaschine: Der Erfolg hat uns völlig überrascht. Der topp Einstieg in den Charts. Der höchste Platz war dabei Platz acht und auch die weiteren Platzierungen waren echt gut bisher.
In den German Electro Charts war es sogar Platz 4.
Wie steht ihr zu den Erfolgsaussichten eures nächste Woche erscheinenden Debütalbums?
Blitzmaschine: Das wird definitiv härter als in den Singlecharts. Aber der Anklang und die Feedbacks bisher sind von Seiten der Magazine sehr groß. Aber letztlich zählt das Publikum. Auch sind die Leute von den Soundsnippets, die wir bisher veröffentlicht haben, sehr begeistert. Singles sind heutzutage ja schon eher Promotionprojekte.
Aber wie kommt man, wenn man euren Infos auf der Homepage Glauben schenken mag, als ehemalige Investmentbanker zur Musik?
Blitzmaschine: Wir haben letztlich dadurch zueinander gefunden, dass wir beide den selben Geschmack teilen. Daher war eine Zusammenarbeit quasi vorgezeichnet.
Nur das führt ja nicht zwangsläufig dazu, dass man plötzlich Musik macht. Und wenn man es böse ausdrücken möchte, ist es ja ein großer Schritt vom voll kapitalistischen Investmentbanker, der dem kleinen Mann durch Rohstoffmärkte das Geld aus der Tasche zieht und Musik einer Szene, die doch größtenteils eher sozial geprägt ist.
Blitzmaschine: Ach ja, aber die Verkäuferin einer „bekannten nicht immer so sozial mit ihren Mitarbeitern umgehenden Drogeriekette“ kann diesen Schritt gehen? Letztlich habe ich (Holger) ja früher auch schon Musik gemacht. Dann haben diverse Gespräche den Weg ja auch vorgezeichnet. Anfangs war es zudem etwas holperig, bis Matze mir dann seine Ideen zur ersten Single zugeschickt hatte. Aber seine Ideen gefielen mir auf Anhieb dann so gut, dass wir das unbedingt umsetzen mussten.
Gibt es da dann eine Aufgabenteilung? Du (Holger) machst die Lyrics und du (Matze) die musikalische Umsetzung?
Blitzmaschine: Ja schon, aber man beeinflusst sich dabei ja auch gegenseitig. Man ist zusammen im Studio und dann gibt es ja noch Depeche Mode…
(Matze), ja, die sind auch immer dabei 🙂 Und Prodigy geht auch immer.
Als die größten Einflüsse stehen doch aber eher Nitzer Ebb und DAF im Raum. Da seid ihr aber in Anlehnung eurer Musik und eurem Album ja eher bei den alten Sachen. Die Entwicklung von Nitzer Ebb ist da ja auch eher hin zu dem populäreren Futurepop / Weiberelectro.
Wo seht ihr da die Verbindung zwischen eurem Oldschool EBM, dem Industrial/Electro und eben dem erwähnten Futurepop? Das sind ja doch sehr stark unterschiedliche Stile, die alle dieselben Wurzeln haben.
Blitzmaschine: Stimmt, die haben alle die gleiche Heimat. Letztlich geht es ja alles auf Kraftwerk usw. zurück. Und es ist schon faszinierend zu sehen, welche Entwicklung das alles genommen hat.
Und wird bei euch die Entwicklung sich entsprechend stark fortsetzen?
Blitzmaschine: Bei uns wird es sich sicher auch weiter entwickeln, aber die Bandbreite dessen, was wir machen und machen wollen ist derzeit auf dem ersten Album schon sehr gut abgesteckt. Sicher werden wir nicht plötzlich mit Trompete oder Posaune experimentieren. Gedankenspiele sind da natürlich vorhanden, aber es werden keine Extreme. Hauptsache die Sache hat DAMPF 🙂
Wenn ich dabei an die Feedbacks denke, die ihr zusammen so bekommen habt, waren die denn da alle durchweg positiv?
Blitzmaschine: Nicht so ganz, gerade bezüglich der Coverversion. Da waren auch schon Sachen bei, wo wir quasi als Coverband bezeichnet wurden, aber das ist schon gut so, denn wir wollen auch polarisieren. Das hat sicherlich seine Vor- wie auch Nachteile. Zum einen sind unsere Einflüsse definitiv gut sichtbar und andererseits gibt es die Vorwürfe, nichts Eigenes auf die Beine stellen zu können. Es wird aber definitiv nie wieder eine Coverversion von uns geben. Nie wieder.
Ihr seid gerade ein Teil der Deutschlandkonzerte mit Combichrist. Wie kam es da zu der Zusammenarbeit?
Blitzmaschine: Das wurde durch unser Management (Pluswelt) organisiert, das auch für unser Booking zuständig ist.
Euer Auftritt war aber im Vergleich zu Combichrist nicht so „show-lastig“ wie es Combichrist ist. Wird es noch mehr Elemente geben?
Blitzmaschine: Es ist ja unsere erste Tour und Combichrist ist da nur schwer zu toppen. Wir sind da ja auch „nur“ Support und unser dritter Mann für Liveacts, der Drummer, ist zu einigen Konzerten auch noch ausgefallen gewesen. Aber sonst wird es sicherlich noch einiges geben. Und außerdem spielen natürlich auch leider die kommerziellen Aspekte eine Rolle. Leider kostet das alles ja auch irrsinnig Geld.
Mit Pluswelt Promotion und Danse Macabre, habt ihr auch ein starkes Team an eurer Seite. Wie kam es zu den Verbindungen?
Blitzmaschine: Wir freuen uns riesig über die echten Profis an unserer Seite und waren zudem erstaunt, dass jemand wie Bruno Kramm, den wir nicht so EBM-lastig eingeschätzt hatten, unsere Sachen toll fand und uns eben entsprechend unterstützt. Der Vertrieb war zwar zuerst nicht so sehr von der Veröffentlichung einer Single überzeugt, da die Käuferzahlen dafür eher gering ausfallen, aber nach ziemlich hektischen Zeiten vor der Veröffentlichung, haben wir auch das super umgesetzt bekommen. Und mit Jan Winterfeld von Pluswelt Promotion haben wir die beste Möglichkeit für das Management gewonnen. Eigentlich wollte er kein Management für eine Band mehr direkt machen, war aber von uns so überzeugt, dass er sich nun für fast alle unsere Belange einsetzt.
Kommen wir noch kurz zu den privaten Dingen 😉 Ich sehe keine Ringe an euren Fingern. Wie sieht es mit Familie und Kindern aus?
Holger: Och da gibt’s nichts bei mir.
Matze: hab eine Tochter, die bei Ihrer Mutter lebt.
Und wie sieht es mit eurem Alter aus?
Blitzmaschine: Wir sind „Mitte Dreißig“. Sieht man uns doch an, oder? 😉 Wir wirken doch noch recht frisch, eben wie die Mittelschicht 😀
Und wie ist es bei euch mit dem Weggehen? Habt ihr schon einige Fans oder gibt es sonst wie Resonanz besonders seitens des Publikums?
Blitzmaschine: Das ist in Hamburg zum Glück sehr entspannt. Aber wir waren auch seit unserer Veröffentlichung noch nicht so viel unterwegs, so dass wir da nicht viel zu sagen können. Die Leute sind jedoch auf den Konzerten immer durchweg sehr angetan und das ist es letztlich, was uns wichtig ist.
Gibt es denn noch Ziele und Erwartungen, die ihr für euch selbst erfüllen wollt? Immerhin seid ihr ja nicht gerade die Jüngsten, die im Musikbereich an den Start gehen.
Blitzmaschine: Waas? Wir sind total knackig! 😉 Ich denk, das hat nichts mit dem Alter zu tun. Solange Spaß und Feedback da ist, werden wir weiter machen..