REVIEW

ABWÄRTS „Superfucker“ (Punk Rock)

ABWÄRTS

„Superfucker“
(Punk Rock)

Wertung: Gut+

VÖ: 31.03.2023

Label: Off Ya Tree Records (Broken Silence)

Webseite: Facebook

4 Jahre nach „Smart Bomb“ veröffentlichen die Ur-Punks im Jahr des 44-jährigen Bestehens ihr 14. Album (Best of und live nicht mitgerechnet). Es klingt sprachlich und musikalisch wie ein aus der modernen Zeit gefallenes Werk eines Zynikers, der Kafka hofiert und sich soziophob auf alles stürzt, was irgendwie eine Meinung hat. Nur Superfucker hier, nur mit dem Strom schwimmende Ignoranten. Die ganze Welt ist verrückt und ich pass mich an, aber eine Anekdote hab ich noch.

Die Songs von ABWÄRTS klingen heuer wie hingerotzte Vehement-Parolen. Versteckter Pathos und eine Jugendsprache mit Adjektiven der 80er. Das Gesamtbild eine derart bittere Erkenntnis, welche in Richtung „No Future“ früherer Jahre geht. Frank Z ist die „Letzte Generation“ und der Innensenator zugleich. Berlin ist toll, aber auch so richtig Scheiße.

Titelsong und Opener „Superfucker“ wird schön schräg inszeniert, es scheint als wären die Gitarren nicht gestimmt. Der wild und roh daherkommende Rhythmus energiert sich fast in Harmonie, doch bevor man meint einen Refrain mit eingestreuten Backings zu erkennen, erklingt dieser Tinnitus-ähnliche Piepston. „Allein unter Flaschen“ hat dann diesen parolenhaften Refrain, der sich zwischen Flamenco und eingängigen Gitarren-Wave seine Heimat sucht.

„Berlin und Hopsassa“ ist wie eine Stadtbeschreibung von Andreas Altmann, wild und ungezügelt die Instrumentierung. Schön ist anders, könnte die mahnmalige Aussage sein. Aber die Hoffnung schleicht um die Ecke. „Was die Welt jetzt braucht“ beherbergt das Glück der Tiere, danach zu blicken und den Flug ins Nirwana zu buchen, davon handelt dieser Song. Ob man die „Schaufel voll Schnee“ wegschippt oder schnupft, ist im Endeffekt der Chaostheorie geschuldet.

Kurzer Ausflug zur Propaganda und der Lüge mit „Propaganda ist“. Hier klart sich die Saitenarbeit auf. Das wilde gebaren wird sich im Sirenengeheul verlieren. Ende offen…

Ein bisschen Western Style mit latenter Bukowski-Attitüde schleicht Frank ganz „tief in deutsche Seele“. Es geht um Knechte im Disneyland und Peitschen. Hannes Wader für Punks und für Textexegeten. Zum Schluss gibt es mit „I can’t escape myself“ eine sehr gutes The Sounds“- Cover, welches gar in Verbindung mit „Computerstaat“ stehen könnte.

Fazit: ABWÄRTS gehört zu den Bands, welche sich treu geblieben sind. Seien es die kryptischen Texte mit latent fäkalen Sprachandeutungen. Die Melange aus Punk und Hamburger Schule mit Düsseldorfer Akzent. Sei es die Verweigerung, der Moderne einen Schuhabdruck zu hinterlassen. Verknotete Aufführungen für Studenten einer anarchischen Uni, dessen Pullunder schon lange vor der Moderne löchrig dem verfransten Outlock entgegen stirnten. Pädagogisch wertvoll auch für Sprachhistoriker der Neuzeit. (andreas)