EMPFEHLUNG, REVIEW

ZWISCHENLICHTEN „Leidgeboren“ (Dark Folk)

ZWISCHENLICHTEN

„Leidgeboren“
(Dark Folk)

Wertung: Empfehlung!

VÖ: 03.10.2025

Label: House Of Inkantation

Webseite: Facebook / Instagram / Bandcamp

ZWISCHENLICHTEN ist wieder da.
Ihre Debüt „Dämmerschwellen“ hat mich damals völlig unerwartet total umgehauen, muss ich doch gestehen, dass ich im Dark Folk schon recht eingeschränkt bin, was mir gefällt und was nicht so.

Beim Debüt erfreute man sich noch am Farbenspiel der untergehenden Sonne, beim Nachfolger ist es endgültig Nacht geworden. Das merkt man an der Musik, die trauriger, nein gar depressiver ausgefallen ist. „Die Texte bewegen sich zwischen Verlust, Sehnsucht und Schmerz, um im Dunkel schließlich Licht und Heilung zu finden.“, erklärt Nico Schwappacher, Kopf hinter dem Projekt, selbst. Auch bisher unveröffentlichte Gedichte des oberfränkischen Heimatdichters Christian Sümmerer, werden als Lyrics genutzt. Ehrlich gesagt habe ich ganz oft Probleme mit deutschen Texten, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Nico Schwappacher ist definitiv eine davon. Was vor allem an seiner Stimme und der Art seiner Texte liegt. Deswegen wüsste ich jetzt sehr gerne, welche von ihm sind. Bei einer Autofahrt ist mir nämlich aufgefallen, wie lyrisch diese Texte sind und wie gut gewählt bestimmte Worte sind.

Die besondere Wahl der Instrumente trägt auch zur Stimmung auf „Leidgeboren“ bei.
Dieses Mal wurden fast ausschließlich akustische Instrumente verwendet, was der ganzen Scheibe eine „intime“ Atmosphäre verleiht.

Und Gastbeiträge gibt es auch wieder zu Hauf. Vertreten sind Mitglieder von Bands wie z.B. Empyrium, Saor, wie auch letztes Mal Mosaic, Osi And The Jupiter, Letzte Instanz, Art Abscons und Circulation Of Light. Das Cover kommt von Benjamin König als Sperber Illustrationen, der u.a. bei Lunar Aurora auch musikalisch aktiv war.

Und jeder Song hat etwas Besonderes.
„Leidgeboren“ auf jeden Fall das Sample nach etwas mehr als der Hälfte des Liedes, welches in Zusammenarbeit mit Martin von Mosaic entstanden ist, zumindest werden beide als Künstler angegeben. Und auch das Outro, welches mich an alte Kinderfilme (oder aber auch das Sandmännchen) erinnert. „Kold“ die Mundart, die Art wie Schwappacher in der Strophe singt und die ganze Geräuschkulisse, die dem Song ein unheimliches Feeling verleiht. Zusätzlich das bluesige Gitarrensolo auf der E-Gitarre. Bei „Knochenmädchen“ erinnert mich die Spielweise der akustischen Gitarre an eine Mischung skandinavischer Folklore und der mittelalterlichen Art eines Minnesängers.

Im Lied „Herr Herbst Spielt Klavier“, das für den Leidgeborenkosmos recht kurz ausgefallen ist, Hört man folgerichtig nichts als Klavier. Dieses schafft es dich zur Ruhe zu bringen und trotzdem aufzubauen. Den „Sturm Auf dem Berg“ kann man tatsächlich zwischendurch hören und die einfache aber große, tiefe Trommel und das Stabglockenspiel machen es hier wirklich interessant. Der gesprochene Text von Martin von Mosaic mit seinem typischen Effekt rundet alles gut ab.

Einer meiner Favoriten ist „Schnitzers Klage“, der auf Gitarre, Akkordeon, Trommel und einem Streichinstrument (für Geige klingt es mir zu tief, aber da kenne ich mich nicht aus) dargeboten wird. Der Text mit seinem Schluss „Ach könnte ich mit Hammer und Beitel eine letzte Figur noch hauen. Ich schnitzte mich als mächtigen Adler und flöge den Schmerzen davon!“ mach mir eine Gänsehaut.

„Einmal Im Leben“ würde ohne die Gitarre wohl als Soundcollage bezeichnet werden. Dazu gibt es keinen Gesang, sondern gesprochene Passagen. Hier wurde sicherlich auf die Gedichte zurückgegriffen. „Hagebuttenmädchen“ ist mein unangefochtener Favorit. Nicht wegen der Spielzeit von über 10 Minuten, nicht weil es das Album gefühlvoll beschließt oder weil mich die akustische Gitarre in Verbindung mit der Flöte öfter mal an „Stairway To Heaven“ denken lassen, sondern weil es einfach nur großartig ist und der mehrstimmige Gesang am Ende so herrlich klingt. „Leidgeboren“ ist eine tolle Ausstockung zu „Dämmerschwellen“.

Auch wie damals hatte ich Schwierigkeiten mit dem ersten Durchlauf, dieses Mal weil ich etwas anderes erwartet habe. Aber das sind bei mir dann oft Platten, die auf Dauer viel tiefer gehen und vor allem länger „bleiben“.

Als CD und digital könnt ihr das Album schon haben, eine Vinylauflage wird aktuell per Crowdfunding-Aktion umgesetzt. (hendrik)