COMA ALLIANCE
„Weapon Of Choice“
(Elektro Dark Wave)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 16.11.2018
Label: Accession Records (Indigo)
Hinter der Band verbergen sich die beiden Musiker Adrian Hates und Torben Wendt, welche mit ihren jeweiligen Bands DIARY OF DREAMS und DIORAMA seit über zwei Dekaden der elektronischen Musik eine gehörige Portion Melancholie und Gefühl verleihen. Diese nun erfolgte Vereinigung ist nicht nur logisch, sie ist musikalisch fast zwingend. Das Können an Reglern und Synths verschmelzt mit warmen Stimmen und erzeugt in den wunderschönen Melodielinien immer wieder Gänsehautatmosphären.
Die Ambivalenz aus experimenteller Elektronik und verführerischer Eleganz ist im dramatischen Opener noch nicht erkennbar. Eher ist „unusual“ zwischen dramatischen Intro und bedrohlicher Interpretation der CD Rückseite zu verstehen. Das folgende „sepia“ benutzt die Spuren, welche beide Bands in den vergangenen Jahren hinterlassen haben. Eine druckvolle Hookline zelebriert ihre Eleganz, während die Stimmen latent thronen, aber auch mal dem Geschehen aus der Ferne zuschauen. Die erste Singleauskopplung samt Video „Royd“ hat einen exklusiveren Ausdruck. Die sphärischen Soundeskapaden luken hinter eingängigen Linien hervor. Detailliert werden Tessera gesammelt und zu einem feingliedrigen Mosaik gebündelt, dessen Klangkosmos zwischen druckvollen Refrain und verführerischer Strophe wandelt. Die Atmosphäre behält sich vor, die getragene Zerbrechlichkeit der Beiden zu vereinen und mit wohliger Hingabe die Melancholie zu krönen.
Musikalisch sperriger und vom Gesamteindruck her minimalistischer kommt „starfruit“ daher und zwischendrin kehrt auch die Bedrohlichkeit des Intros zurück. Die Stimmen variieren zwischen erzählend, begleitend und prägend. Trip Hop und ein orientalischer Touch begleiten in „Trempler“ harsche, verzerrte Saiten auf dem Weg zum Olymp. Die Stimmen lassen den Pfad verführend erklimmbar erscheinen. Die Route der Leichtigkeit besitzt aber versteckt gelegte Stolpersteine.
Die Verschmelzung von perfekten Pop und düster-tragischen Dark-Industrial liefert „CA2“, ein Song gefangen in der Harmonie und gefesselt in der durchdringenden Vehemenz der fast analog angehauchten Computerklänge. Spätestens beim eloquent inszenierten „Coma Supreme“ bin ich geneigt zu sagen, hier wird Pop (oder wie auch immer man es nennen will)- Geschichte geschrieben. Zuvor gibt es noch das leise tropfende „Finsta“, welches mit einer charmanten Art eine spannende Steigerung erlebt und auf dem zweiten Ohr ganz altmodisch und zwingend zum Zuhören (des Textes) animiert. „Buttons“ ist im Gesamtbildnis erstmal schräg inszeniert und könnte manchen Hip-Hopper als flächige Grundlage dienen. Hier ist dieser verspielt arrangierte Untergrund eher die Spielwiese für getragene und in Phasen den regressiven Spieltrieb fördernde Klangspektren für Erwachsene. Diese schleppende Hingabe existiert auch im Schlussstück „Trip Job“. Die Experimentalität aufbereitet auf den Altar zweier Stimmen, welche zwischen betörend und sehnsüchtig der elektronischen Extravaganz ein Mahnmal der Harmonie entgegenstellen.
Fazit: Es ist müßig, hier danach zu schauen, welche Band hier hauptsächlich den Prägestempel bedient. Es würde auch den Blick des Genießers versperren, denn hier existiert die unmathematische Addition 1+1=3. Insgesamt tiefdüstere Elektronik mit einem lockeren Händchen für das versteckt Seichte und zwei begnadete Stimmen, die sich ihre Detailverliebtheit und ihren Hang zum Perfektionismus um die Ohren schlagen. (andreas)