Live im B58 in Braunschweig am 15.04.2016
Text & Fotos (c) Chris
Freitag Abend, Heavy Metal. Das ist eine Kombination die eigentlich immer geht. Dazu noch ein, zwei Bierchen und die Welt ist in Ordnung. Ganz besonders in Ordnung ist die Welt dann, wenn man sich einige Bands im B58 in Braunschweig anschauen kann.
Durch ein unfreiwillig perfektes Timing (ich habe das Review erst am Donnerstag geschrieben, obwohl ich es schon seit Wochen höre und bei der Recherche fielen mir dann die Tourdaten ins Auge) ergibt sich die Chance, BOOZE CONTROL auf ihrer Release-Party zu ihrem formidablen „The Lizard Rider„-Album zu besuchen… da ich so unsterblich in das Album verliebt bin, war es keine Frage, dass wir uns das nicht entgehen lassen können! Das B58 ist zusätzlich ein Garant für die perfekten Rahmenbedingungen: schöner Konzertraum, super-nette Leute, ansprechende Bierauswahl und auch heute wieder punktet man auf ganzer Linie, was den Sound angeht! Es geht halt nichts über einen Club mit eigener Technik und Soundmann! Volle Punktzahl. Lediglich die enorme Hitze im Club ist nicht so angenehm, aber wenn man das weiß, lässt man die Lederjacke einfach beim nächsten Besuch zu Hause.
Den Opener machen heute Abend die Jungs vom BACKFLASH. Ich hatte bereits 2013 das Vergnügen, das Album „Separate but equal„ von BLACKSNATCH zu besprechen und die Bande danach leider aus den Augen verloren. Es ist bewundernswert, dass eine so junge Band wie BLACKSMASH immer noch „in ihrer Urbesetzung musiziert“, wie mir Gitarrist, Drummer und Sänger in Personalunion Aleks zwischen den Auftritten erzählt. Da mir das damalige Album sehr gut gefiel, freue ich mich natürlich auf den Auftritt von BACKSPACE…
Sorry Leute, beim letzten Absatz handelt es sich um Satire, die auf meine Kosten gehen dürfe. Ich habe beim Review zu besagter Scheibe damals immer ein „L“ unterschlagen und heute Abend die Chance genutzt, mich bei den Jungs für die Nachlässigkeit zu entschuldigen, woraufhin sich herausstellte, dass es keine Seltenheit war und die Presse insgesamt manchmal einen ordentlichen Pferdemist verzapft. Daher mein Gruß an BLACKSLASH! Mich würde interessieren, was ihr gedacht habt, als ihr den Absatz gelesen habt, hahaha…
Unseren Heavy Metal-affinen Lesern möchte ich raten, sich den Namen BLACKSLASH hinter die Ohren zu schreiben, denn was die Band in ihrer 40-minütigen Spielzeit abliefert, möchte ich als headlinerwürdig titulieren, denn wenn man als „Opener“ gleich zu Beginn dermaßen abräumt und die Leute vor der Bühne so animieren kann, ist das schon was Besonderes. Es spricht aber auch gleichzeitig für die großartige Heavy Metal-Szene in Braunschweig, dass man sich ohne Umschweife auf die Band einlässt und richtig gut mitgeht. Allerdings ist das auch nicht schwierig, denn die Energie, die die Jungs transportieren, nachdem sie 8 Stunden lang unterwegs waren, steckt umgehend an und ihre Definition der NWoBHM wird live einfach richtig geil umgesetzt. Man scheut sich auch nicht zu meiner Freude, ordentlich ACCEPT-style zu posen, aber für die SCORPIONS-Pyramide reicht es dann doch nicht. Alec (b) und David (d) sind das vielzitierte Rückgrat der Band und besonders Alec scheint ziemlich viel Spaß auf der Bühne zu haben, wie man beobachten kann. Das Gitarrendoppel Christian und Daniel überzeugen vor allem mit feinen Riffs und sahnemäßigen Gitarrensoli, während Clemens am Mikro eine richtig starke Leistung abliefert. Authentisch und mit viel Energie singt er die Texte und man merkt schon, dass zwischen „Separate but equal„ und dem heutigen Auftritt viel Wasser die Donau hinabgeflossen ist, denn der Gesang ist deutlich stärker als noch vor 3 bis 4 Jahren. Er animiert auch die Fans mitzusingen und in dem Moment, als das auf Anhieb funktioniert, kann man in seinem Gesicht eine ehrliche Emotion sehen: vielleicht Stolz, Überraschung oder Glück, aber wahrscheinlich alles zusammen. Es war nur ein flüchtiger Moment, aber ich denke, er war da und es war ehrlich. Das sollte der Grund sein, warum man a) auf die Bühne geht und b) vor der Bühne steht. Geil. Sie bauen in ihre eigenen Songs auch gerne mal Mitsingspielchen ein, wie heute Abend „Run to the hills“ oder „We’re not gonna take it“, aber ihre eigenen Songs treten so richtig geil Arsch: ganz besonders im Ohr geblieben ist mir „Rock’n’Roll“, „All those nights“, „Stellar Master“ und „Empire Rising“, aber wie gesagt, die Liveshow als Ganzes betrachtet war einfach nur geil! Diese Band muss man definitiv im Auge behalten!
Als nächstes kommen MARAUDER aus dem schönen Münsterland auf die Bühne und thrashen die Fans so richtig schön durch, bis sogar ein kleiner Minimoshpit entsteht. Generell ist es lobenswert, etwas Abwechslung in den Konzertabend zu bringen, aber einigen Besuchern der Release-Party steht der Sinn weniger nach Thrash Metal und somit sind etwas weniger Zuschauer vor der Bühne finden. Dabei macht die Band vieles richtig: sie haben einen geilen Mix aus Thrash Metal der Sorte EXODUS und SLAYER und heavymetallischen Einflüssen an Bord und zocken dadurch einen abwechslungsreichen Gig. Der raue, kreischige Gesang passt dazu wie die Faust auf’s Auge und das Energielevel ist hoch. Leider muss die Band ihren Gig kürzen, da man zu Beginn des Abends etwas getrödelt hat und die Zeit irgendwie aufholen muss, aber das tut der Spielfreude keinen Abbruch. Solider Gig mit guter Musik.
Solide würde ich auch die Band TARCHON FIST bezeichnen. Die Italiener bringen etwas mehr Power in den Heavy Metal, haben mit Ramon einen starken Sänger am Mikro und Bassist Wallace hat heute Abend so richtig Spaß an der Show.
Völlig souverän rockt man sich durch die mittlerweile 11 Jahre andauernde Bandgeschichte und das audiovisuelle Erleben der Band macht wirklich Spaß, wenngleich ich nicht in Ekstase gerate. Das „Ace of Spades“-Cover ist nett, aber man wird doch etwas wehmütig, denn nur Lemmys Bass konnte den Song die spezielle Note geben, die er verdient.
Um ca. 0.00 Uhr ist es dann soweit und die Lokalmatadore von BOOZE CONTROL betreten die Bühne und ich bin wirklich gespannt, ob die Band es schafft, meine extrem hohe Erwartungshaltung zu befriedigen und um das Fazit vorwegzunehmen: ja, sie schaffen es locker. Somit dürfte es nun mit den folgenden Zeilen die zweite Lobhudelei innerhalb einer Woche hageln…
Die Band hat es einfach drauf, den Heavy Metal der 80er vollkommen souverän in das 21. Jahrundert zu beamen und mit Infernö Records hat man ein wirklich starkes Label an der Hand, das hoffentlich die richtigen Schritte einleiten wird, die es braucht, um die Band auf das nächste Level zu hieven. Zweifellos hat die Band es sich verdient, denn Musik und Präsentation, Attitüde und Einsatz zeigen, dass das Quartett bereit ist, die Welt mit der Welt mit feinstem Heavy fuckin‘ Metal zu beglücken. Sänger David ist heute verdammt gut drauf und ich stehe auf seine hohen Schreie und als Gitarrist gibt er ebenfalls eine gute Figur ab und sein Klampfen-Kompagnon Jendrik feuert die geilsten Soli in die Atmosphäre, die man sich wünschen kann. Bassist Steffen ist ein wirklicher Lunatic, denn er post die ganze Zeit, singt so ziemlich jede Zeile mit und hat seinen Spaß, der sich überträgt. Drummer Lauritz beweist an mehreren Stellen, dass er mehr drauf hat, als das straighte Geradeausdrumming und setzt seinerseits ebenfalls Akzente im Bandsound.
Der Einstieg in den Set mit „Gravelord“ ist perfekt gewählt und weil man mit Freunden und Darstellern des „Vile Temptress“-Videos, welches übrigens auch im B58 gedreht wurde, das neue Album feiern möchte, gibt es zu meinem Entzücken noch viele Songs des „The Lizard Rider“-Albums zu feiern: „Rats in the Walls“, „Vera“, „Vile Temptress“, „Nevermore“, „Metal Frenzy“, „Fury Road“ und natürlich meinen persönlichen Heavy Metal-Hit des Jahres „Lead the Trail“, der live genauso geil kommt, wie auf CD. Dazu kommen noch einige Songs des Debüts „Heavy Metal“ wie z.B. „Strike the Earth“, „Outlaw“ und „Thunder Child“ und mit der Bandhymne „Booze Control“ bringt man die Fans vor der Bühne so richtig schön in Wallung und zum Mitsingen. Pünktlich um 1 Uhr muss der Gig beendet werden, denn in der Wohngegend gibt es einen Zapfenstreich und man möchte es sich nicht mit den Anwohnern verscherzen.
Wenn man die vielen jungen deutschen Bands betrachtet, die momentan dem klassischen Heavy Metal neues Leben einhauchen, wie z.B. STALLION, BLIZZEN, ALPHA TIGER usw. oder auch die ausländischen Kollegen AIR RAID, SKULL FIST etc., ist klar, dass sich BOOZE CONTROL zusammen mit BLACKSLASH in dieser Liga einen Platz verdient haben, denn sowohl die Alben, als auch die heutige Liveperformance war mindestens ebenbürtig. Aber vielleicht muss man einfach die richtigen Leute kennen, aber die Jungs kennen ja jetzt mich. OK, das bringt mal rein gar nix, außer Respekt und Liebe, aber immerhin. Vielleicht werden die richtigen Promoter, Booker, Label und Legionen von Fans auf diese Band aufmerksam und helfen dabei, die Musik zu verbreiten, damit möglichst viele Menschen so geflasht sind, wie ich.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Frank und dem B58, BOOZE CONTROL und BLACKSLASH für den netten Plausch und die geile Musik und erhebe mein Becks auf alle, die die Braunschweiger Szene zu dem machen, was sie ist: einen sympathischen Haufen Kuttenträger mit Geschmack. (chris)
Eine kleine Bildergalerie des Abends findet ihr hier: www.a-face-in-the-crowd.de