THE DARK TENOR
„Symphony Of Light“
(Crossover Klassik/Dark Pop)
Wertung: Gut+
VÖ: 10.10.2014
Label: Universal Music
Geheimnisumwittert und mit einer enormen Werbemaschinerie im Gepäck startet mit THE DARK TENOR ein neues Musikprojekt. Eine wundervolle Reise in (bekannte) klassische Melodien wird mit modernen Strukturen Richtung Dark Pop manövriert. Der Berliner Künstler, der sich hinter dem „Pseudonym“ versteckt, begann seine stimmliche Reise bereits in jungen Jahren in zwei verschiedenen Knabenchören und glänzt auf seinem Erstling mit einer variablen Tessitur des tenoralen Gesanges. Hinzu kommen musikalische Exkursionen, deren Melange aus Klassik, Gothic und Pop zu einer Einheit verschmelzen und zwischen sakraler Tragik auch die Leichtigkeit der Operette offerieren. Insgesamt beherbergt „Symphony of Light“ opulente Ausstaffierungen, allerdings gelingt es, mit nuancierter Laut/Leise Symbolik dem bombastischen Konstrukt eine kristalline Klarheit zu verpassen. Dazu gesellen sich weiche Arrangements, die perfekt mit den betörenden Stimmbändern koalieren.
Ebenso geheimnisvoll wie die Gesamterscheinung ist der Beginn mit dem Intro „The Beginning“ und „Heart of Gold“. Während das Intro mit Tribal Trommeln und verführerischer Klassik das Album einleitet, überrascht der Beginn von „Heart of Gold“ mit dunklen, elektronischen Sequenzen, die direkt aus dem Kohlekeller des Dark Industrials zu kommen scheinen. Nach kurzer Verwirrtheit kollaboriert das Treiben aber mit Beethoven und wird so schnörkellos in die Semper Oper (welche auch das Cover schmückt) getragen. Getragene Melancholie paart sich in „Rivers flows you“ mit der Lieblichkeit flirrender Piano Partituren. Das Stück, welches in den Bereich der Neoklassik fällt, besitzt als Grundsubstanz eine Komposition des südkoreanischem Starpianisten Yiruma, welche vor allem durch die Twilight Saga berühmt wurde. „Love is Light“ beherbergt die bekannte Symphony Nr. 40 von Mozart, welche vor allem die Romantiker früher Jahre begeisterte. Mit ihrem G-Moll und 4/4 Takt lanciert sie zudem die Dunkelheit.
Sehr getragen erklingt „River of Light“, welches auf „Die Moldau (Vltava)“ aus dem sinfonischen Zyklus „Mein Vaterland (Má Vlast)“ des böhmischen Komponisten Bedrich (Friedrich) Smetana fußt. „Haunted Hearts“ (Camille Saint Seans) beinhaltet überraschenderweise durch ein Gitarrensolo eingepflegte Melodic Metal Passagen. In „The Hunger“ wird die Arie „Königin der Nacht“ aus Mozarts „Die Zauberflöte“ eingebaut und von einer Gastsopranistin (Esther Puzak) intoniert. Folgend kann man sich an der, von der EU missbrauchten Hymne „Ode an die Freude“ von Beethoven, samt textlicher Schiller-(Neu)Verarbeitung von 1808 erfreuen.
Eine bombastische, dezent cineastische Austrahlung besitzt das Schlußepos „Tag des Zorns-Lakme/Dies Irae“, in dem beide Werke Lakmé – von Delibel und das Mozart Requiem Dies Irea verschmelzen.
Fazit: Insgesamt gibt es weder an der Idee, noch an der Ausführung viel aussetzen. Trotz der meistens in romantischen Gefilden jagenden Klassik, versteht man es, nicht in kitschige Staffagen abzugleiten. Die Stilistik des Gesangs ist warm, sowie gefühlvoll und begleitet das reichhaltige musikalische Instrumentarium geschickt, wobei sowohl die Stimmbänder, wie auch das Spiel mit der darkpoppigen Moderne sehr leicht von Hand und Mund gehen. Zuweilen fehlt mir ein wenig die Sakralität, bzw. die destruktive Eleganz der Originale, soll heißen, dass es (für mich) durchaus ein wenig dunkler zugehen dürfte (bezogen auf den Namen des Projekts). Allerdings, wenn man die eigenen Texte des Tenors heranzieht, dann gibt es diese düstere Komponente und zusätzlich auch reichlich tragische Poesie. (andreas)