LIVEBERICHT

SARSTEDT OPEN AIR :: Sarstedt Rock City


Live am 07.09.2013 in Sarstedt am Jugendzentrum Klecks
(Text und Fotos © Chris)

Nach 2010 ist es leider erst das zweite Mal, dass wir uns auf dem Festival wiederfinden. Meistens hat es in den letzten Jahren immer an den Terminen gelegen, dieses Jahr wird es klappen! Auch wenn wir nicht ganz so viele sind, wie wir ursprünglich geplant haben, sorgt das gute Wetter und und die Aussicht auf das letzte Open Air des Jahres für ein breites Grinsen. 2010 hatten wir alle unsere Zipperlein (siehe Bericht) und auch diesmal stand der Besuch plötzlich dank einer echt fiesen Erkältung kurz auf der Kippe, aber wir haben uns zusammengerissen und das ist auch gut so!

JOHNNIE ROOK ist die erste Band, die spielt, als wir am Gelände aufschlagen. Generell fällt die erste Band beim Erreichen eines Festivals immer dem Umstand zum Opfer, dass man sich einen Überblick verschafft, die Merch-, Trink und Saufstände inspiziert und die Atmosphäre aufsaugt.
Aber aufgrund der überschaubaren Größe (das muss von meiner Seite aus als Kompliment verstanden werden) sind wir damit zügig durch und die Musik von JOHNNIE ROOK nimmt dich so ganz nebenbei gefangen. Also ab an die Bühne. Der Punk / Rock der Berliner Band hat Schmiss und wenn Bassist Jan die Texte bringt, schleicht sich auch ganz unvermittelt eine satte Hardcore-Seite in den Sound ein. Jap, das finden wir gut. Bisher kannte ich die Band nicht, obwohl sie bereits seit 10 Jahren existiert, aber was definitiv im Ohr bleibt, sind die Texte, die sich glücklicher Weise jenseits von dummen Plattitüden bewegen, sondern ihre eigene Note haben und zum Nachdenken anregen können. Frontfrau Franziska ist immer dabei, die Sarstedter vor die Bühne zu locken und an ihrer sympathischen Art liegt es garantiert nicht, dass sich noch keiner so recht traut, dabei könnte man von dort der Gesichtsakrobatik von Jan viel besser frönen. Vielleicht ist es noch zu früh, der Pegel nicht hoch genug oder die Niedersachsen sind einfach ein schamhaftes Völkchen. Aber auch wenn die Anwesenden nicht ausrasten, lässt sich die Band den Spaß auf der Bühne nicht nehmen und zieht ihren Gig so richtig amtlich durch.
Riskiert mal ein Ohr: www.facebook.com/johnnierook.

Ein Bier später treten RAFIKI auf den Plan. Der Fünfer hat Skapunk im Gepäck und dazu gehören natürlich auch Trompete und Posaune und diese Waffen wissen sie auch gut einzusetzen! Und was ebenfalls zum Skapunk gehört, ist gute Laune. Diese wird hervorragend transportiert und vor allem die Bläserfraktion scheint an dem Gig wirklich großen Spaß zu haben…Das steckt natürlich auch an, aber immer noch trauen sich die Zuschauer nicht so ganz, sich die Kleidung vom Leib zu reißen und nackt vor der Bühne zu tanzen, was aber nicht bedeutet, dass man keinen Spaß hat. Im Gegenteil: was das SARSTEDT OPEN AIR ausmacht, ist die sensationelle Atmosphäre, in der man sich entspannt, das spätsommerliche Wetter und die Gemeinschaft genießt. Dafür liefern RAFIKI halt den Soundtrack und runden das Gesamtpaket ordentlich ab. Wenn sie den Härtegrad manchmal etwas anziehen, fühle ich mich sogar an meine heißgeliebten MIGHTY MIGHTY BOSSTONES erinnert und dann bin ich eh zufrieden. Feiner Gig und gute Unterhaltung! Wer neugierig geworden ist, kann ja mal hier klicken: www.facebook.com/RafikiSkapunk.

Im Anschluss betreten THE PORTERS die Bühne und ihren Mix aus Irish Folk und Punk habe ich freudig erwartet. Genau wie ich, wird auch keiner der Anwesenden enttäuscht. Die Band rühmt sich, ihr eigenes musikalisches Ding durchzuziehen und das machen sie gut. Was ich bisher noch nicht bei einer Irish Punk Band erlebt habe, ist der permanente Einsatz eines Keyboards / Klaviers und das gibt dem Auftritt eine eigene Note. Natürlich sind alle typischen Zutaten des Genres enthalten und vor allem der Einsatz von Mandoline und Geige verleihen den erdigen Songs eine wunderbare Klangfarbe, wie man sie sich von einer Band wie THE PORTERS wünscht. Dennoch haben sie einen eigenen Klang, zu dem das gezapfte Bier gut runtergeht. Hätte man vielleicht noch die eine oder andere Coverversion eines Smashers im Programm gehabt, wäre der Platz vor der Bühne sicher explodiert, aber auch so hat es ordentlich gebrodelt. Wer sich jetzt einen Whisky eingießt und die passende Musik sucht: www.facebook.com/ThePortersfolkpunk.

Leider musste mein „Partner in crime“ kurzfristig absagen und so wird mir die Ehre zuteil, mir „dienstlich“ den Gig der THE METEORS einzuverleiben. P. Paul Fenech ist eine Psychobilly-Legende und die vielen METEORS-Kutten auf dem Gelände zeigen, dass die Band einen verdammt hohen Stellenwert besitzt, schließlich haben sie den Psychobilly erfunden. Aber ob „Only The Meteors Are Pure Psychobilly“ stimmt, werden sie mir erst noch beweisen müssen. Als die Band die Bühne betritt, bemerkt auch jeder eine gewisse Aura, die von Herrn Fenech ausgeht, der sich gerne mit teuflischen Symbolen ablichten lässt und eine wahrlich endgeil-designte Gitarre spielt. Allerdings empfinde ich den Gig als relativ unspektakulär. Die Band, inklusive des neuen Bassisten H. Corleone und Wolfgang Hördemann an den Drums, holzt einen Song nach dem anderen raus und ich weiß nicht, ob es an der Erwartungshaltung, dem Sound, dem Wetter, dem Durst oder am Luftdruck liegt…nach neunzig Minuten ist der Song vorbei. Die Abwechslung hält sich bei dem oldschool Psychobilly in Grenzen und unser neuer Freund Sebastian, mit dem wir uns ganz hervorragend unterhalten haben, wird das sicher anders sehen, denn schließlich war er am Abend zuvor auch bei dem Gig in Hamburg, aber in der Königsdisziplin jeder Band, dem Liveauftritt, haben mich THE METEORS heute nicht wirklich überzeugen können. Hier gibt′s die News und so: www.facebook.com/themeteorsofficial

Allerdings freue ich mich sehr auf PETER AND THE TEST TUBE BABIES…die haben mich mal 2008 überzeugt und dementsprechend bin ich auf die britische Punk Rock Legende gespannt. Und ja: sie überzeugen auch heute wieder! Bei aller Professionalität, die diese Band sich seit 1978 antrainiert hat, sind die Gigs wunderbar spontan und Peter glänzt mit verdammt guten Deutschkenntnissen und sieht in seinem entspannten Outfit mit Hawaiihemd, Bermudas und Sandalen aus, wie ein britischer Tourist auf Sightseeing-Tour. Er lässt es sich auch nicht nehmen, während der Show Glückskekse an Bassist Paul H. Hendrickson (Zitat Peter: „der Nikki Lauda des Punkrock“) zu verteilen und mit dem Publikum zu albern. Genau das macht eine gute Liveshow aus: grandiose Musikalität, gepaart mit Spaß und Unterhaltung. PETER AND THE TEST TUBE BABIES liefern genau das.

Leider ist bei den ersten zwei oder drei Songs der Gesang nicht immer zu hören, was wohl am Mikro zu liegen scheint, aber wer denkt, ein britischer Punk reagiert auf solche technischen Fuck ups mit seinen Fäusten, hat sich getäuscht. Extrem professionell nimmt er das hin und bekommt zügig ein funktionierendes Mikro gereicht. Nach diversen Hits wie „Moped Lads“, „Run like hell“, „Jinx“, meinem Liebling „Up your bum“, „Keep britain untidy“ stinkt es bei „Maniac“ auf einmal, als würde etwas durchschmoren. Diejenigen, die es riechen, schauen sich um, ob nicht zufällig der Würstchenstand brennt, aber des Rätsels Lösung ist, dass der Bass-Amp von Paul abgeraucht ist…was er mit der Bemerkung quittiert, „dass er so gut gespielt hat, dass der Amp das nicht verkraftet hat“. Spinal Tap meets Tenacious D, meine Damen und Herren. „Banned from the pubs“ leitet dann leider schon das Finale ein und nach „Blown out again“ und etwas mehr 60 Minuten ist Schluss. Häh? 90 Minuten sollten sie doch zocken…und tatsächlich: mit einer wunderbaren „Elvis is dead“-Version melden sie sich zurück! Es folgt „September“ und sie verschwinden wieder. Aber aus Spaß an der Freude kommen sie zurück und zocken 3 Coverversionen: ABBAs „S.O.S.“ und „Mama Mia“ und als kleines Highlight man grandiosem Jodelpart: „Hocus Pocus“ von FOCUS. Wie geil ist das denn?! Die letzten Songs heben das Niveau dann endgültig auf 100% Spaß und keiner der Fans, die diesmal vor der Bühne richtig geil abgehen, ist nach dem Gig unzufrieden. Warum auch? 100% Punk Rock. Nichts anderes. Thanks a lot, Sirs! www.testtubebabies.co.uk.

Große Festivals haben sicherlich einen Reiz, aber wer eine großartige Crew und eine tiefenentspannte Atmosphäre genießen will, sollte sich das SARSTEDT OPEN AIR auf die To do-Liste schreiben. Ich habe zufällig das Catering gesehen und darf behaupten, dass die Bands dort so unverschämt gut behandelt werden, dass sie sicherlich gerne wiederkommen werden. Aber auch die Versorgung der Gäste war erstklassig (frische Burger, Würstchen, lecker Bier, Prosecco und Brause). Es gibt wahrlich keinen Grund, warum man sich nicht einfach rundum pudelwohl gefühlt haben sollte. Wir haben uns jedenfalls verdammt gut gefühlt, an diesem Tag.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Marcus Hahn und der gesamten Crew für dieses geniale Open Air (www.facebook.com/pages/Sarstedt-Open-Air/226374137402520)! Wir grüßen auch Sebastian (viel Spaß mit der Wiederentdeckung von SLIME), Erik (Army of Zombies-Member, auch wenn wir uns nur ganz kurz gesehen haben) und Holger (es war grandios, dass du da warst!). (chris)