INTERVIEW, TOP THEMA

WIEDERGÄNGER :: Mein Leben und meine Art zu leben, treibt mich dazu Musik zu machen!

Ein Freund war es, der mich mit „Zeitenwende“ auf TOTAL NEGATION aufmerksam machte, als das Album aktuell heraus kam. Als ich mich näher mit TOTAL NEGATION beschäftigte, erfuhr ich, dass Wiedergänger noch mehr musikalische Betätigungsfelder hat und das machte mich neugierig. Da Ein-Mann-Projekte und Bands dabei sind, die er untersützt und alles auf einem hohen Niveau stattfindet, nicht wie mancher Hinterhof, der im Kinderzimmer bei Mutti seinen Black oder Death Metal Traum in 32 Soloprojekten auf unterstem Niveau auslebt, weil er keine Freunde hat, war es für mich klar, dass ich das Ganze etwas hinterfragen wollte. Wiedergänger hat sich meinen Fragen bereitwillig per E-Mail gestellt. Von knappen, klaren Antworten bis ausschweifenden, tiefgründigen Selbst- und Szenereflektionen ist hier alles gegeben. Vielen Dank noch mal, für dieses interessante Inteview! (hendrik)

Moin! Als erstes vielen Dank dafür, dass du dir Zeit nimmst unsere Fragen zu beantworten…
WIEDERGÄNGER:
Hallo und ein Dankeschön zurück für die Möglichkeit.

 

Erzähle uns als erstes bitte etwas über deine Aktivitäten als Black Metal-Musiker.
WIEDERGÄNGER:
Zum einen bin ich in Total Negation und Nachts als alleiniger Musiker aktiv, zum anderen wären da verschiedene Projekte zu denen ich etwas beitrage, wie Aurvandil und einem weiteren Projekt, oder beigetragen habe, wie Mosaic oder Through The Pain.

 

Welches deiner Projekte genießt bei dir Vorrang vor allem anderen und warum? Oder ist alles gleichwertig?
WIEDERGÄNGER:
Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und ich musikalisch etwas in Projekten sehe, dann wirke ich gerne mit. Wenn mir natürlich wirklich jemand die Pistole auf die Brust setzen und mich zwingen würde mich zu entscheiden, dann würde ich natürlich das Projekt wählen in dem ich die beste Möglichkeit zum Selbstausdruck habe und das sind in meiner jetzigen Situation meine eigenen Projekte.

 

Wie darf man sich die Arbeit an einer Aufnahme von Nachts oder Total Negation vorstellen? Hast du dein eigenes Studio zu Hause, schließt dich ein und bist einfach nur noch Musiker? Wie läuft so eine Aufnahme ab wenn du alles selbst machst?
WIEDERGÄNGER:
Ich habe in meinem Proberaum eine Aufnahmemöglichkeit und über die Jahre hat sich einiges an Equipment angesammelt, das mir ermöglicht, mit Mikrofonwahl, Mikrofonierung und im Allgemeinen mit Sound zu experimentieren.

 

Wie kommt es dazu, dass du 2 Bands im Alleingang machst und noch in 2 weiteren Bands spielst? Reichen deine beiden Eigenprojekte für deine Kreativität nicht aus, oder gibt es andere Gründe dafür, dass du in mehr als einer Band spielst?
WIEDERGÄNGER:
Der Begriff „Band“ ist im Grunde nicht wirklich zutreffend. Nirgends kommt es zu einer zeitgleichen Interaktion zwischen zwei Musikern, also finde ich das Wort „Projekte“ angemessener. Total Negation und Nachts sind zwei Felder in denen ich als einziger hinter allem stehe, für alles verantwortlich bin und deshalb am meisten mit mir als Person zu tun haben. Wenn ich irgendwo zu bestehenden Songs ein Instrument einspiele, gebe ich ja nur einen Beitrag zu einem Gesamtprodukt von mehreren Menschen. So etwas ergibt im Idealfall eine interessante Mischung und eine gute Ergänzung in manchen Bereichen. Nachts und Total Negation stehen für verschiedene Vorstellungen von Sound und Ausdruck, also gibt es diese beiden verschiedenen Projekte, auch wenn beide von mir alleine unterhalten werden. Es ist ja nicht so, dass ich mehr Beschäftigung habe nur weil ich 2 verschiedene Projekte habe. Es ist nur eine Aufteilung meines Schaffens. Wenn Nachts in meiner Sicht keine Daseinsberechtigung gehabt hätte, wäre die Energie und Zeit von „GeistesGegenwart“ und „Invokation“ in Veröffentlichungen von Total Negation geflossen.

 

Wie kam es dazu, dass du bei der französischen Band Aurvandil seit letztem Jahr das Schlagzeug bedienst?
WIEDERGÄNGER:
Den Kontakt habe ich Falk von Karge Welten Kunstverlag zu verdanken. Er steht mit Aurvandil in Kontakt, welcher zu der Zeit entschieden hatte das kommende Album ohne Drumcomputer aufnehmen zu wollen. Weil ich für einen Song von Falks Projekt „Mosaic“ das Schlagzeug eingespielt hatte, schlug er mich vor und ich war interessiert.


Eine Frage die ich immer gerne stelle, weil es mich immer wieder interessiert. Wie bist du zum Black Metal gekommen?
WIEDERGÄNGER:
Das war eine sehr natürliche Entwicklung als sich herausgestellt hat, dass ich als Heranwachsender immer mehr Gefallen an härterer Musik gefunden habe. Je härter und extremer die Musik war, desto interessanter oder faszinierender war sie für mich. Das ist wahrscheinlich eine ganz normale pubertäre Entwicklung gewesen, in der man versucht sich abzugrenzen und in der man testet wie weit man gehen kann, oder wie weit andere in der Musik gehen. Es gab also die extreme, schneller und harte Spielweise die faszinierend war, aber andererseits gab es auch den Sound einer Band, der bei manchen extremen Bands immer noch sehr authentisch, klar und definiert nach einer richtigen Band klang, aber dann gab es eben auch Gegenteiliges. Das ist der Punkt an dem Black Metal für mich interessant wurde, weil das Extreme in Sound und Produktion dort auf die Spitze getrieben wurde. „Under A Funeral Moon“ war für mich die erste Berührung mit diesem Sound. Auch die Rollenverteilung der Instrumente und die Art und Weise wie zum Beispiel das Schlagzeug im Gesamtmix klingt, wie Hi-Hat und Ride auf einmal die wichtigsten führenden Elemente geworden sind und die Snare fast nur in Fill-Ins zu hören ist, das hat auf mich einen immensen Eindruck gemacht. Dazu kommt natürlich alles andere was Black Metal offensichtlich ausmacht, aber die Kompromisslosigkeit und Gewagtheit im Sound war für mich das ausschlaggebende um dafür zu sorgen, dass ich derartiges öfter hören wollte.

Der Schlüssel dazu dass Black Metal für mich längerfristig interessant geblieben ist, liegt darin, dass ich erkannt habe dass es durch den Sound und die Spielweise möglich ist, verschiedene, sehr dichte und vereinnahmende Atmosphären entstehen zu lassen, die ich sonst von keiner anderen Musik her kannte. Dass ich das auch selbst als Musiker erreichen wollte schloss sich nahtlos an.

 

Magst du uns verraten wie du dein Leben führst, wenn du nicht grad Black Metal spielst
WIEDERGÄNGER:
Ich habe wie manch andere Menschen ganz einfach mit dem Alltag und mit mir selbst zu kämpfen, das heißt, dass ich alles dafür tue um zu überleben, mich selbst zu verwirklichen und ausdrücken zu können. Was mein Leben antreibt ist ehrlich gesagt die Suche nach Liebe, Glück und Zufriedenheit. Alle drei Dinge sind mal mehr oder weniger präsent und das spiegelt sich dann in meinem Gemütszustand wieder, aus dem heraus ich dann Kanäle und Wege finde mit innerer Unzufriedenheit und dem Mangel an den drei oben genannten Dingen zurechtzukommen. Mein Leben oder meine Art mein Leben zu führen treibt mich also dazu Musik zu machen, weil ich denke, dass ich darin am ehesten ich selbst sein kann, mich verstehen kann und mir selbst gutes tun kann.

 

Die Musik die du mit Total Negation machst, wird der Schublade des Suicidal Black Metal am ehesten gerecht und auch offiziell so eingruppiert, würde ich sagen. Wie verbunden fühlst du dich mit dieser Szene und was hältst du persönlich von der Schwemme, die seit längerer Zeit in diese Untergruppierung des Black Metals fest zu stellen ist?
WIEDERGÄNGER:
Persönlich verbunden fühle ich mich mit dieser „Szene“ in keinster Weise, weil ich die Musik der Bands die offensichtlich in diese Kategorie fallen nicht höre und mit ihnen auch sehr wenig bis keinen persönlichen Kontakt habe. Allein dass inzwischen ein Schubladenname dafür gefunden wurde, zeigt dass es sich viele Hörer wie auch Musiker zu einfach machen. Es ist für den Künstler natürlich immer leicht zu behaupten, dass seine Musik einzigartig ist und sich deshalb jeglicher Kategorisierung entzieht, deshalb verstehe ich wenn manche Leser nun denken, dass ich mich zu unrecht aus dieser Schublade ziehen möchte. Aber es geht mir mehr darum die Motivation, den Wunsch und das Ziel der Musik wahrzunehmen um dann zu beschließen ob die Musik wirklich in dieser Sparte einzuordnen ist, auch wenn sie beim ersten hinhören rein äußerlich laut weitläufiger Definition dort zu Hause wäre. Vielleicht sehen manche Hörer Total Negation auch als schlechte Suicidal Black Metal Band, weil manche Riffs zu schnell sind und die Texte keinen konkreten Sterbewunsch formulieren. Es kommt einfach darauf an mit welchen Maßstäben man die Musik misst, wenn man so etwas überhaupt machen möchte. Für Hörer und Musiker die es sich einfach machen möchten, bringen die Genre Begriffe natürlich eine enorme Sicherheit, denn der Hörer weiß was er bekommt und der Musiker weiß was er zu tun hat. So gesehen ist es aber sehr schade, dass die Musik zu einem Produkt mit Etikett verkommt und nicht mehr so gesehen wird, dass einfach nur ein Mensch der Welt sein Innerstes mitteilen möchte.

Das Subgenre „Suicidal…“ definiert sich leider nur durch Klischees. Das Problem, dass es überhaupt zu einem separaten Subgenre mit eigenem Namen gekommen ist, liegt in der Fülle der Bands die im Grunde nichts weiter sind als wandelnde Klischees und die durch ihre Ähnlichkeit und in ihrer Deutlichkeit und Übertreibung dieser Klischees traurigerweise der einzige Grund für ein Subgenre sind. Ohne sie gäbe es weiterhin nur verschiedene Black Metal Bands mit extrem unterschiedlichen Facetten. Und unterschiedliche Facetten einzelner, interessanter Bands rechtfertigen noch lange kein Subgenre.

 

Was steht in nächster Zeit musikalisch auf deinem Kalender?
WIEDERGÄNGER:
Privileg von Nachts wird 2012 in Angriff genommen werden. Zeitzeuge und Zeiträume von Total Negation werden fertig gestellt. Das sind meine größten Eckpfeiler in nächster Zeit. Es ist im Moment sehr viel in der Schwebe und manche Sachen müssen einfach nur zu Ende gebracht werden, was meistens der schwierigste Schritt ist.

 

Was wäre momentan dein größter musikalischer Traum?
WIEDERGÄNGER:
Musikalisch mache ich genau das was ich möchte, bzw. ich erfülle mir meine musikalischen Träume bereits. Einzig die Rahmenbedingungen könnten idealer sein. Dann wäre mein Traum mehr Zeit zu haben, effizienter arbeiten zu können und nicht erschöpft zu sein. Aber das gehört denke ich dazu. Man darf es sich nicht zu leicht und zu einfach machen, sonst geht vielleicht etwas verloren was die Musik ausmacht.

 

Gibt es eine Band, der du sofort deine Zustimmung geben würdest, wenn sie dich nach einer Beteiligung an ihrer aktuellen Veröffentlichung fragen würden, egal wie viel Zeit und Weg du in Anspruch nehmen müsstest?
WIEDERGÄNGER:
Sie ist zwar keine Band, klingt jedoch wie eine: Tara Jane O’Neil. Abseits jeglicher Metal-Spielweisen würde ich sie gerne als Musiker unterstützen wollen und mit ihr kreativ im selben Raum oder auf eine Bühne interagieren. Für mich hat ihre Musik und ihr Ausdruck etwas Wundervolles und ein Teil davon zu sein zu dürfen, wäre mir eine große Ehre.