LIVEBERICHT

STEEL HELD HIGH :: Die Nacht der hohen Schreie


mit BOOZE CONTROL, SPEED QUEEN, SKULLWINX, BLACKSLASH, BLIZZEN (und theoretisch auch ALPHA TIGER)

Live im B58 in Braunschweig am 03.03.2017
Text & Fotos © Chris
Mehr Fotos: www.a-Face-in-the-Crowd.de

BOOZE CONTROL und der hotel666 Metalclub e.V. haben mächtig Eier in der Leder- / Spandexbuxe, denn heutzutage ein neues Festival ins Leben zu rufen, ist ein wirtschaftlich anspruchsvolles Unterfangen, zeugt aber von dem, was ich in der Musikszene am meisten schätze: Idealismus. Schon allein deswegen hoffe ich, dass das B58 heute aus allen Nähten platzt. Zeitgleich findet in Hamburg das HELL OVER HAMMABURG statt und ich kann nicht einschätzen, wie groß die Schnittmenge ist, aber ich denke, dass, gemessen an dem vollen Konzertraum, das erste STEEL HELD HIGH als Erfolg durchgehen wird. Musikalisch sowieso, aber dazu später mehr.

Die Entscheidung, ein Ein-Tages-Festival aufzuziehen, ist sicherlich von vielen Faktoren abhängig, aber ich finde es sehr geil… ein Tag Vollgas auf und vor der Bühne und am zweiten Tag sollst du ruhen. So let it be written. Da man doch einige Stunden im coolen B58 verbringen wird, wird auch für das leibliche Wohl gesorgt sein und man bekommt u.a. Käse-Lauch-Hack-Suppe, Chili sin Carne, Sandwiches zu extrem fairen Preisen und auch das Waffeliron of Steel wird ausgepackt und man kann meinem Alter entsprechend bei Waffeln und Käffchen etwas relaxen. Dazu gibt es auch an der Abendkasse… oder eher Nachmittagskasse echte Tickets und ein Festivalbändchen. Da spürt man den Idealismus… Für so ein Rundumsorglospaket lasse ich gerne 25 Euro den Besitzer wechseln.

Ich freu mich schon seit Wochen auf diesen Termin, denn BOOZE CONTROL stehen dank ihres Albums „Lizard Rider“ extrem hoch bei mir im Kurs und nach dem 2016er Gig im B58 mit u.a. BLACKSLASH, die auch heute wieder am Start sind, weiß ich auch, dass es Live richtig gut abgehen wird.

BOOZE CONTROL


BOOZE CONTROL machen dann auch gleich den Anfang und was soll ich sagen? Grandios! Ich liebe den Stil der Band, ihre Sound, ihre Songs und Attitüde. Ich fühle mich bestätigt, dass die Band ihren Platz in meinem Herzen zu Recht erobert hat, denn die dreiviertel Stunde ist gespickt von großartigen Songs. Sänger David ist ein ganz großer und die großartige Gitarrenarbeit zusammen mit Jendrik lässt schon zu Kaffeekränzchenzeit die Nackenwirbel vieler Anwesender knacken. Bassist Steffen, der sich auch als (Mit-)Organisator für dieses Festival verantwortlich zeichnet, singt permanent mit und auch Davids Schreie werden von ihm mitgesungen… da lebt jemand die Songs ganz eindeutig. Zusammen mit Lore an den Drums versäumt er es dennoch nicht, einen ordentlichen Rhythmusteppich zu legen, nach dem die Köpfe sich bewegen. Die Jungs bewegen sich permanent und wechseln die Positionen und neben klassischen Leads darf auch das eine oder andere Posing nicht fehlen.

Leider fehlt mir persönlich einer meiner Lieblingssongs „Lead the trail“, aber das Leben ist ja bekanntlich kein Wunschkonzert. Allerdings werde ich mich über die Setlist definitiv nicht beschweren, denn für eine Best of-Scheibe wäre diese durchaus geeignet. Das ist ein wirklich starker Auftritt, der eindeutig zeigt, dass im Untergrund solche Perlen wie BOOZE CONTROL gedeihen.


Setlist (ohne Gewähr): „Gravelord“, „Gruesome Twosome“ (hat da noch jemand „Gorgar“ von HELLOWEEN im Ohr?), „Strike the Earth“, „Rats in the Walls“, Vile Temptress“, „Metal Frenzy“, „Thunder Road“, „Outlaw“, „Booze Control“, „Fury Road“.

SPEED QUEEN


Danach spielen die mir unbekannten SPEED QUEEN aus Belgien und schon haben wir eine weitere Perle, die sich zu entdecken lohnt. Sänger Thomas ist an keine Klampfe gebunden und daraus resultiert, dass er sich als Frontschwein ausschließlich um seinen Gesang und die Animation der Fans zu kümmern braucht. Beides macht er übrigens ganz hervorragend… ein guter Frontmann hat nicht nur Charisma (check), eine geile Stimme (check), sondern zieht die Leute auch am Nachmittag auf seine Seite (check). Das bereits gut gefüllte B58 ist jedenfalls ganz auf seiner Seite und die Fäuste fliegen regelmäßig in die Luft, wenn er es möchte. Dazu kommt, dass die Musik einfach grandios ist! Schneller Heavy / beinahe Speed Metal wird einfach genial gezockt und die uns noch unbekannten Songs sind einfach geil. Dazu spendiert man uns auch zwei Cover-Songs, bei denen dann richtig die Post abgeht: „Doctor, Doctor“ und „Nice boys (don’t play Rock’n’Roll)“. Genial ist, dass Sänger Thomas bei einem fetten Instrumental nicht hinter der Bühne verschwindet, sondern sich in die erste Reihe stellt und seine „Partners in crime“ nach allen Regeln der Kunst abfeiert. Die Band wirkt so unglaublich jung (optisch), dass ich denke, dass die noch gar keinen Alkohol trinken dürfen, dennoch sehe ich den Bassisten nach der Show mit einem Bierchen durch das B58 stratzen. Stay drunk… In Deutschland wird er 100%ig nach seinem Ausweis gefragt, wenn er sich ein Bier kauft, da bin ich mir sicher… Alter hin oder her, nicht umsonst haben sie einen Songs namens „Kids of Rock’n’Roll“ im Gepäck… SPEED QUEEN ist eine Band, die ich im Auge behalten muss!

Nach dem Gig bin ich so heiß auf die Scheibe der Jungs, dass ich doch übelst enttäuscht bin, dass die erste EP der Band erst am 08.04.2017 erscheint und somit keine CD oder gar Schallplatte von SPEED QUEEN in meine Tasche wandert… dafür habe ich endlich das „Lizard Rider“ (BOOZE CONTROL) und BLACKSLASHs „Sinister Lightning“-Vinyl auf dem Plattenteller rotieren, während ich diese Zeilen in die Tasten klappere.

SKULLWINX


Als nächstes kommen SKULLWINX auf die Bühne und kredenzen und die epische Seite des Speed Metal und auch wenn die Band an den Instrumenten und Gesang absolut topp ist, packen mich die Songs heute nicht so wirklich… Keine Ahnung, woran es liegt, aber der Gig läuft leider an mir vorbei, wenngleich ich die Band auf den üblichen Kanälen gerne weiterverfolgen möchte. Vielleicht wirken schon die ersten Bierchen, aber höchstwahrscheinlich habe ich einfach mehr Bock auf zackigen Heavy Metal, als auf geschichtsträchtigen Epic Metal.


Setlist (ohne Gewähr): „Hero Overture“, „Siegfried“, „Hydra“, „Carolus Magnus“, „The Stymphalides“, „For Heorot“, „Horses of Diomedes“, „Tryst of Destiny“, „Attila The Hun“, „The Relic“, „Hammer of the gods“.

BLACKSLASH


Auf BLACKSLASH freue ich mich ganz besonders, denn bereits vor knapp einem Jahr hat die Band mich absolut begeistert und auch heute bin ich hin und weg. Die fünf Jungs haben es einfach drauf, keine Frage. Auf der Bühne agiert die junge Band so hochprofessionell, aber gleichzeitig mit so viel Spaß, dass es einfach ein Genuss ist, sich die Show anzuschauen. Heavy Metal mit hardrockigen Einflüssen, extrem geilen Melodien und Riffs wird uns gegeben und die Fans genießen es. Alec am Bass haut so mächtig rein, dass dieser abraucht, aber man schiebt keine Panik (außer Alec vielleicht), sondern überbrückt das Päuschen, bis ein neues Instrument gefunden wird, mit „We’re not gonna take it“-Singspielchen. Die Twinleads von Daniel und Chris sind zum Zungenschnalzen und Sänger Clemens ist live (und auch auf Platte) ein großartiger Frontmann. Somit ist es kaum verwunderlich, dass der Auftritt zu einem der umjubelsten des Abends gehören dürfte. Neben vielen bekannten Songs hat man aber auch zwei Schmankerl in Petto: nach der Einladung zu diesem Festival hat man sich hingesetzt und gleich mal die entsprechende Hymne geschrieben, die man heute uraufführt und man spendiert uns auch noch einen weiteren neuen Song, der ordentlich Dampf macht und für das nächste Album einiges erwarten lässt. Nach dem Genuss des überaus unterhaltsamen Gigs, der auch wieder klassische Posing-Elemente im Sinne der SCORPIONS oder ACCEPT enthält, ist auch klar, warum die Band mittlerweile auf einigen coolen Festivals gebucht wird…


Setlist (wie immer ohne Gewähr): „Wild and Free“, „Lucifer’s Reign“, „Empire Rising“ (HAMMERSONG!), „Edge of the World“, „Rock’n’Roll“, „Steel Held High“, „It’s got to be love“ (RANDY-Cover) und „Stellar Master“.

STEEL HELD HIGH-ALLSTARS


Es gibt sechs Bands und sieben Gigs… da bekommt man nur hin, wenn sich was ganz besonderes ausdenkt! Die STEEL HELD HIGH-ALLSTARS schicken sich an, die Fans mit Coverversionen bekannter Heavy Metal-Hits zu verwöhnen. Das Besondere an diesem Auftritt: die Songs wurden noch nie zusammen gespielt, eine geplante Probe ist ins Wasser gefallen und die Bandkonstellationen wechseln bei beinahe jedem Song. Wir bekommen Bandmitglieder von BLIZZEN, BLACKSLASH, BOOZE CONTROL und SKULLWINX zu Gesicht, die uns mit Songs wie „Thor (The Powerhead)“ (MANOWAR), „Ace of Spades“ (MOTÖRHEAD), „Angel Witch“ (ANGEL WITCH), „Tooth and Nail“ (DOKKEN) oder „Holy Diver“ (DIO) verwöhnen. Bei diesem Auftritt muss nicht alles stimmen und das tut es auch nicht, aber es ist für alle auf und vor der Bühne eine echte Riesengaudi.


Für den Fall das das Festival von nun an in schöner Regelmäßigkeit die Heavy Metal-Fans nach Braunschweig locken sollte, würde ich mir wünschen, dass diese ALLSTARS-Idee eines der Trademarks wird.

BLIZZEN


BLIZZEN durfte ich schon einmal in Hamburg erleben und wie auch damals hauen die Jungs mich um! Da haben wir wieder eine Band, die unglaublich wichtig für die Szene ist, denn sie macht alles richtig: grandiose Songs, großartige Attitüde und eine tolle Show. Unter anderem hämmert die Band (ihr wisst schon… ohne Gewähr… der Alkohol wirkt, daher unvollständig…) „Masters of Lightning“, „Genesis reversed“, „Strike the Hammer“, „Bestride the Thunder“, das JUDAS PRIEST-Cover „Metal Gods“, „Gone wild“, „The Beast is on your back“ oder „Timemachine“ in die immer noch hungrige Fanschar, die diesen Gig zu Recht abfeiern, denn die Qualität ist schon beeindruckend und auch wenn alle anderen Bands klasse waren, legt man hier einfach noch eine Schippe drauf. Ich steh‘ auf die Band und hoffe, dass ein neues Album irgendwann das Licht der Welt erblickt, welches die Qualität der Vorgänger hält oder gar toppt.

Tja, Lemmy sagte einmal: „If you think you are too old to Rock’n’Roll… then you are“. Nach BLIZZEN fühle ich mich eindeutig zu alt für Heavy Metal und schweren Herzen verlassen wir recht spontan das erste STEEL HELD HIGH, auch wenn das bedeutet, dass wir uns ALPHA TIGER nicht mehr anschauen können. Wenn ich von der gebotenen Qualität des Tages mal ausgehe, dürfte die Fans noch ein echter Knaller erwartet haben, aber leider ohne uns. Sorry.

Im Großen und Ganzen kann man diesen Tag nicht genug abfeiern, denn die Bandauswahl war extrem genial und die Umsetzung des Festivals dank des hotel666 Metalclub e.V. spitzenmäßig. Die terminliche Konkurrenz zum HELL OVER HAMMABURG scheint dem Festival ebenfalls nicht geschadet zu haben und ich würde mich in der Tat freuen, wenn das umtriebige Hotel dieses Festival in dieser Form weiterführen würde. Up the irons und Applaus! (chris)