INTERVIEW

MOSAIC :: Traditions. Legends. Mysticism. in amtosphärischem Black Metal

Auf MOSAIC bin ich durch Zufall gestossen und sie haben mich gleich begeistert. Dann kam relativ passend, zügig darauf ihr Auftritt auf dem Party.San 2016 (Bericht hier). Das hat meine Begeisterung noch gesteigert. Jetzt grad erschien ihr Debüt-Album (Review hier), ein atmosphärisch schwarzmetallisches Gesamtwerk zum Thema Winter, und in dem Zusammenhang wollte ich Bandleader Inkantator Koura ein paar generelle Fragen stellen, die er gerne beantwortet hat.

AMBOSS: Moin Moin! Wie geht es? Gut ins neue Jahr gekommen?
Inkantator Koura: Grüße! Ja wir sind sehr gut reingekommen, am 30.12. haben wir schon damit angefangen und im kleinen internen Kreis das Jahr verabschiedet und dann am 31.12. das ganze sehr ruhig und urig ausklingen lassen.

AMBOSS: Erzähle doch mal bitte ein wenig zu MOSAIC, für die Leute die die Band noch nicht kennen.
Inkantator Koura:  Mosaic ist mein Gespinnst, geboren zwischen den Jahren 2005/2006 – zunächst um meinem Schaffen und musikalischen Fundus einen Namen zu verleihen. Während der Aufnahmesession zu der ersten Demo wurde das Ganze aufgrund der andersartigen Ausrichtung als das restliche Material in Alchemyst umgetauft. Es bestanden jedoch fortan beide Projekte nebeneinander, bis im Herbst 2013 Alchemyst ad acta gelegt wurde und der Fokus seitdem wieder auf MOSAIC liegt.
MOSAIC ist meine Welt, es spiegelt meine Sicht auf die Dinge wieder – wie ich Sachen sehe, schaffe und begreife.

AMBOSS: Traditions. Legends. Mysticism. Das sind wohl sowas wie MOSAICs Eckpunkte. Was bewegt dich an dem Thema und wie arbeitest du das auf? Welche Traditionen sind dir wichtig?
Inkantator Koura:  Das sind die Pfeiler richtig. Daraus besteht die Welt – meine Welt. Bei MOSAIC werden eben diese ohne jegliche Einschränkung miteinander verwoben. Ob es Sujets der klassischen Mythologie sind, oder der nordischen; alchemistische Ideen oder regionale Sagen, Legenden oder Brauchtum – alles wird zu einem großen MOSAIC zusammengesetzt – bis das gesagt ist was ich sagen will.
Alle Traditionen sind wichtig, sie bestimmen das Jahr und den Alltag. Sicher sind dies überwiegend christlich geprägte Traditionen – welche man nach über tausend Jahren auch schlecht leugnen , verdrängen oder vergessen kann – wir leben nun mal in einer solch geprägten Kultur, jedoch sind dies meist adaptierte heidnische Bräuche – in welchen schlicht das Personal durch Heiligenfiguren ersetzt wurde – der Kern und die Idee dahinter ist dennoch so althergebracht wie eh und je.

AMBOSS: Worauf kommt es dir bei einer guten Black Metal Scheibe an, in Bezug auf die Aufmachung, die Musik und eventuell die religiöse Ausrichtung.
Inkantator Koura:  Wichtig ist, dass alles eine geschlossene durchdachte Einheit bildet – und nicht wahllos zusammen gewürfelt wirkt – wenn dann noch gutes Songwriting auf einen Hauch Innovation trifft – müsste man eigentlich eine sehr gute Scheibe in den Händen halten.
Die Religiöse Ebene ist jeder Formation selbst überlassen, davon lasse ich mich nicht beeinflussen ob eine Platte gut oder schlecht ist – sie muss in sich schlüssig sein – mehr braucht es nicht.

AMBOSS: Auf dem Party.San 2016 ist mir die Bühnendeko mit den Korngaben und den Schädeln sehr positiv aufgefallen. Was genau wird damit symbolisiert und machst du das alles selbst? Ich habe gelesen, dass du mit Kvlt&Knochen „zusammenarbeitest“.
Inkantator Koura:  Also die Dekoration erarbeite ich größtenteils selbst, oder wie bei der Samhain Celebration habe ich diverse Helfer – die mich dabei unterstützen. Was dabei entsteht ist stets Jahreszeit abhängig – ich schaffe mir damit meine Welt auf der Bühne – gleichzeitig pflegt man dadurch Brauchtum und Tradition.
Das ich mit Kvlt&Knochen zusammenarbeite stimmt. Er hat uns die Tierschädel graviert, welche drei Knochenständer zieren.

AMBOSS: Wie bist du an Kvlt&Knochen gekommen und wie läuft diese Zusammenarbeit ab? Sprecht ihr ab, was ihr auf der Bühne präsentieren möchtet oder passen seine Arbeiten zufällig genau ins Raster?
Inkantator Koura: Ich habe ihm damals einfach kontaktiert und er war begeistert von der Idee etwas gemeinsam zu schaffen. Sehr gut war, dass er Mosaic schon kannte und auch selbst Ideen hatte wie so etwas aussehen könnte. Wir haben dann gemeinsam das Konzept entworfen und dann wurde es umgesetzt. Die Schädel stammen größten Teils aus meinem Besitz. Die vier Wildschweinschädel stehen zunächst für jedes einzelne Bandmitglied der Livebesetzung – diese wurden mit von mir gestalteten Pflanzensiegeln graviert und aufgeladen. Die Tria principia spielt dabei eine ebenso große Rolle wie die Sternzeichen der einzelnen Mitglieder. Nach der Gravierung wurden sie noch über mehrere Tage in einem Kräutersud geweiht und letztendlich kam es zur Montage der Ständer. Momentan überarbeiten wir das Ständerkonzept und hoffen, es auf der diesjährigen Samhain Celebration präsentieren zu können.

AMBOSS: Die einzelnen Kapitel der Neuauflage von „Old Man´s Wyntar“ tragen Namen die nach alter deutscher oder einer verwandten Sprache klingen. Da bin ich absolut kein Fachmann. Kannst du mich da etwas aufklären?
Inkantator Koura: Es sind mittelhochdeutsche Worte die du da liest. Damit versuche ich den Bruch mit dem Hier und Jetzt einzuleiten – und das Tor zur alten Welt zu öffnen, Nostalgie zu versprühen und den Hörer schon einmal darauf einzustimmen – was er gleich hören wird.

AMBOSS: Wodurch lässt du dich bei deinen Texten inspirieren? Ich habe da Gedichte von verschiedenen Schreibern im Booklet gesehen.
Inkantator Koura:  Ich lasse mich viel von deutscher Lyrik inspirieren. Georg Trakl dabei an erster Stelle –  dunkle Melancholie mit gar bitteren Zügen – dann Joseph von Eichendorffs – blumige Romantik  – weiter über die Leiden des jungen Werther von Goethe – oder auch Werke von Christian Morgenstern.
Daneben lese ich sehr viele mythologische Kompendien und regionale Sagenbücher – woraus meist die Grundideen hervor gehen. Ich liebe es regionale Sagen – neu zu schreiben, umzudeuten und zu chiffrieren – mit Metaphern die vielleicht nur ich verstehe – welche aus einem anderen Kulturkreis kommen oder was auch immer – die Wege sind nicht eindeutig – sie sind impulsiv – bis das Mosaik fertig ist.
Weiterhin ist die bildende Kunst für mich sehr wichtig – oft beschreibe ich einfach was ich sehe und lass dies in die Texte einfließen. Ein Song besteht im Grund nur aus einer Beschreibung wie eine Pflanze wächst, wenn man dies aber nicht weiß, liest man es auch nicht heraus.

AMBOSS: Auch das Bild des „Old Man Winter“ fiel mir direkt auf, sieht aus wie aus einem Märchfilm aus den ´50ern. Entstammt das einer bestimmten Sage? Oder siehst du den „Old Man Winter“ so?
Inkantator Koura:  Ja das war die Intention. Ich liebe die alten Märchenfilme, sei es von der DEFA oder auch die sowjetischen – oder noch ältere Filme. Diese hatten allein durch Ausstattung und Kostüm eine ungemeine Mystik inne.
Der „Old Man Winter“ ist ja eine Figur wie sie in sehr vielen Kulturen vorkommt – sei es der Weihnachtsmann, Knecht Ruprecht, St. Nikolaus, Väterchen Frost etc pp. und das könnte man noch allgemeiner betiteln mit Grimnir oder Odin/Wotan – welche wiederum Basis für neuere Figuren waren wie beispielsweise Gandalf oder sogar Dumbeldore… alles ist miteinander verwoben – und das ist das Faszinierende – was ich mir auch mit MOSAIC nutzbar mache.


AMBOSS: Das „Old Man´s Wyntar“ von 2014 war eine EP mit großer Spielzeit. Die neue Veröffentlichung setzt da durch die beiden zusätzlichen Songs noch gewaltig einen drauf. Siehst du die neue Version als Debütalbum an, oder ist es „nur“ eine noch größere EP?

Inkantator Koura: Es ist auf jeden Fall ein Album jetzt. Die Facetten des Winters sind noch lange nicht alle behandelt worden – das neue Kapitel zeigt sich viel introvertierter als die ursprünglichen Kapitel welche viel direkter sind.

AMBOSS: Welcher Black Metal Szene stehst du am nächsten? Ich persönlich stehe grad ziemlich auf die französische. Die meisten Leute halten ja immer noch die norwegische Flagge sehr hoch. MOSAIC allerdings klingt weder norwegisch, noch überhaupt skandinavisch, noch deutsch. Berichtige mich bitte falls ich falsch liegen sollte!
Inkantator Koura: Also ich weiß nicht ob man im Jahr 2017 noch so schubladenartig denken muss. MOSAIC klingt wie ein Mosaik aus Allem und Nichts. Ich selbst pflege Kontakte in viele Szenen – von Kanada bis Griechenland – wenn ich explizit für die OLD MAN’s WYNTAR Szenen benennen müsste – jedenfalls für die „Urkapitel“, dann wäre es die Quebec Szene – von der Art und Weise wie die Lieder geschrieben sind – aber auch die deutsche Neofolk Szene.

AMBOSS: Auf der Bandcampseite von MOSAIC, habe ich mir mal das Merchandise angesehen. Die Sachen wirken immer sehr hochwertig und gut durchdacht. Das scheint dir wichtig zu sein. Wo nimmst du all die Inspiration her? Das Ganze muss doch auch viel Zeit in Anspruch nehmen.
Inkantator Koura:  Ja das ist auch alles sehr durchdacht und kostet auch viel Zeit, aber das Feedback was man durch solche Artikel bekommt ist dies mehr als wert. Ich hole mir sehr viel Inspiration aus alten Büchern, diese sind reich an nahezu vergessenen Bildschätzen und diese arbeite ich dann auf, wandle den Aussagegehalt ab bis er zu dem wird was ich mir vorgestellt habe und das wars dann auch schon.

AMBOSS: In Thüringen ist vor allem im BM-Bereich eine Menge los. Kannst du uns ein wenig in die Szene einführen? Und kannst du mir eventuell noch ein paar gute Bands empfehlen?
Inkantator Koura:  Tja wo soll ich anfangen….
ANAEL – Extreme Occult Metal (mein persönlicher Favorit aus Thüringen)
ORAE – vertrackter Death Metal – eine deutsche Antwort auf Chaos Echoes und Portal, mit einem Hauch Wildhoney von Tiamat
WERIAN – Obscure Psychedelic Blackened Doom
FJOERGYN – haben mit ihrem Album “Monument Ende” – einen packenden Soundtrack zum Weltuntergang geschaffen
NOCTURNAL WITCH: Stumpf ist Trumpf – Heavy Metal Satans Soldiers
HATESPAWN – Old School Death Metal

… ansonsten gäbe es noch Vivus Humare, Wolfhetan, Sanctifying Ritual, Ain, To the Night und Farsot um die Liste jetzt nicht aus allen Nähten platzen zu lassen.

AMBOSS: Ist die Szene bei euch denn eine Einheit mit gegenseitigem Aushelfen oder eher viele Bands die mal was zusammen machen und organisieren?
Ja doch, das kann man schon sagen. Man kennt sich untereinander, schustert sich Auftritte zu, trifft sich auch mal außer der Reihe. Früher war das noch verstärkter – aber heute wo dann jeder schon sein eigenes Leben lebt, ist dies seltener geworden – dennoch freut man sich immer wenn man seine bekannten Gesichter um sich hat und austauscht wie es so läuft.

AMBOSS: Wenn ich das richtig recherchiert habe, spielt ihr nicht besonders viel live. Müssen da bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sein? Oder ist das eine zeitliche Geschichte?
Inkantator Koura:  Also naja in zwei Jahren waren wir jetzt 11mal auf der Bühne und das auch relativ konstant – also wer uns sehen wollte hat dies sicher auch geschafft. Aber es müssen definitiv bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Zunächst spielen wir auf keinen Fall wenn wir selber drauf zahlen müssen, dafür ist die Zeit abgelaufen. Meine Mitmusiker kommen zwar auch aus Thüringen aber wohnen nicht unbedingt um die Ecke – also Sprit und Logie muss definitiv gedeckt sein.
Des Weiteren muss die Veranstaltung wo wir spielen, einen gewissen roten Faden und Konzept haben. Wenn ich Sachen wie „Metalkrach“ – oder „Heidenparty“ lese, bekomm ich schon schlechte Laune – das hat nichts mit Ernsthaftigkeit zu tun und stuft die „eigene Lieblingsmusik“ massiv runter – warum? Versteh ich nicht – brauch ich nicht. Aber sicherlich ist es auch eine Frage der Zeit, ich habe Frau und Kind, und die anderen Mitglieder arbeiten zudem noch in Schichten und so muss man sich immer recht gut organisieren bis ein Konzert realisiert werden kann. Dennoch sehe ich unsere Konzerte als essentiellen Bestandteil von Mosaic an – denn dies wirft immer nochmal ein ganz anderes Licht auf unsere Kompositionen – zumal die Live Versionen auch diverse Facetten aufweisen die eben auf Platte nicht unbedingt notwendig sind. Denn es ist etwas komplett anderes sich live eine Band anzuschauen oder sie in Ruhe zuhause zu genießen. Live muss die Ausstrahlung die Audienz überzeugen können.

AMBOSS: Hast du eine feste Liveband um dich? Die Aufnahmen machst du ja größtenteils alleine.
Inkantator Koura: Ja, das habe ich, drei Mitmusiker unterstützen mich live. Das ist zunächst E.H. von den Eisenachern WOLFHETAN am Schlagzeug – dazu kommt Sulphur von den Nordhäusern AIN an der Gitarre, sowie unser neuestes Mitglied Iskaremus von den Eisenachern INFAUST am Bass.
Gerne erwähne ich auch unseren Livebassist von 2016, das war zunächst Leshiyas von den Gothaern VIVUS HUMARE, mit welchen sich MOSAIC auch den Proberaum teilt. Er ist seit der Refokusierung eigentlich immer das inoffizielle zweite Mitglied von MOSAIC gewesen und hat eben auch auf einigen Aufnahmen mitgewirkt, am Schlagzeug oder eben Bass. Leider fällt er berufsbedingt jetzt für einige Zeit aus, aber mal schauen, ganz wird er aus dem Mosaic Universum sicher nicht verschwinden.
Und daneben hatten wir noch Pi:1T 5r von den Gothaern FARSOT, welcher 2015 unser Live-Drummer war und 2016 am Live-Bass aushalf. Auch ihn zähle ich zum essentiellen Mosaic Universum.
Ich spiele schon seit längerem mit der Idee eines weiteren Livemitglieds, welches meine Gitarrenparts übernehmen soll – damit ich mich mehr auf den Gesang konzentrieren kann – aber bis jetzt ist da noch nichts spruchreif – zumal es die Probe und die Livesituation zunehmend erschweren würde. Aber wir werden sehen was die Zeit bringen wird.
Bei den Aufnahmen behalte ich mir immer das Recht vor alles alleine machen zu können, am Schlagzeug geht dies natürlich nicht – weil ich das Instrument nicht beherrsche – aber bei allen anderen Instrumenten dann schon.
Aber auch hier kann der Bandname Programm sein, bei unserem neuesten Song „Silver Nights“ hatte ich nicht gerade wenig Gastmusiker geladen um meine Vision realisieren zu können.

AMBOSS: Wie hast du den Auftritt auf dem Party.San empfunden? Für mich euer erster Gig und ich war geplättet. Sind Festivals dein Ding oder spielst du lieber kleine Gigs?
Inkantator Koura: Ja schwierig zu sagen. Ich glaube MOSAIC hätten auf der großen PSOA Bühne überhaupt nicht funktioniert. Im Zelt dagegen konnten wir genau die Atmosphäre schaffen die wir wollten – etwas dämmrig, der Nebel bleibt stehen, die Bühnendeko wirkte genau richtig in Szene gesetzt – ja das war ein sehr guter und knackiger Auftritt dort! Wenn ich aber  Festivals zukünftig spielen sollte, dann entweder wieder auf einer kleineren Nebenbühne, oder als Rausschmeißer nach dem Headliner – bei purer Dunkelheit – anders kann ich mir Mosaic auf Festivals nicht vorstellen.

AMBOSS: Gibt es noch bestimmte Festivals oder andere Veranstaltungen, wo du mit MOSAIC gerne spielen würdest?
Inkantator Koura: Schwierig….. gerne mehr im Ausland – aber ansonsten haben wir deutschlandweit ja letztes Jahr so gut wie alle relevanten Festivals bespielt – Under the Black Sun wäre noch eine Option – ansonsten bleibt da nicht mehr viel im Festivalbereich was mich reizen würde.
Ich mag eher so kleine DIY Geschichten, mit viel Herzblut und einer gewissen Andersartigkeit, beispielsweise in ausgefallenen Locations – sowas hat viel mehr Charme und passt auch besser zu MOSAIC.

AMBOSS: Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören dir…
Inkantator Koura: Danke für das Gespräch und Interesse

MIRA BILITAS NATURAE
(hendrik)