LIVEBERICHT

HAMMER OF DOOM XI :: 11 is one louder

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Live in Würzburg in der Posthalle am 18. und 19.11.2016

u.a. mit THE SKULL, PRIMORDIAL, UNIVERSE217, LORD VICAR…
Fotos und Text: © Chris
Fotogallerie: a Face in the Crowd

Wow, die 11. Auflage des HAMMER OF DOOM war eine herrlich emotionale Angelegenheit für mich. Da ich meine Konzert- und besonders Festivalberichte als persönliche Reiseberichte erachte, können alle, die nicht auf mein persönliches Geschwurbel und emotionale Freudentänze stehen, gleich weiter runter scrollen, um zu sehen, was die Bands abgeliefert haben.

Sonst: willkommen in meiner Welt. Zum ersten Mal seit 18 Jahren fahre ich getrennt von meiner Yoko Ono zu einem Festival… hätte langweilig und verstörend sein können, ist es aber nicht. Manchmal ist man sich selbst genug, was eine interessante Erkenntnis ist; dennoch freu ich mich wie Bolle, als meine Süße abends pünktlich zu THE SKULL zu uns stößt. „Zu uns“ heißt, dass die größte Überraschung des Festivals die Tatsache ist, dass Sven und Karo (Ván Records) sich auf den Weg nach Würzburg gemacht haben! Es tut so gut, die beiden endlich mal wieder zu sehen und ihnen etwas Zeit zu stehlen. Aber auch viele andere Freunde und Bekannte ploppen nach und nach auf und das Gefühl, „zu Hause“ zu sein, wird überwältigend. Dazu kommt, dass es sich seit einigen Jahren sowieso immer gut anfühlt, im November zum HAMMER OF DOOM zu reisen; zum fünften Mal komme ich in den Genuss dieses feinen Festivals (ich weiß, das ist weniger als 50 Prozent und nix zum Angeben…) und es war immer dufte, wenn ich auch anmerken möchte, dass das diesjährige Line up für mich persönlich nicht ganz so stark ist, wie in den letzten Jahren. Aber ihr wisst: alles subjektiv.

Wie bereits im letzten Jahr gibt es am Freitag vier handverlesene Bands und von der Menge her ist das wirklich ausreichend, wenn man bedenkt, dass viele von uns noch arbeiten mussten bzw. eine elendige Arbeitswoche in den Knochen haben.

MONASTERIUM

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Das Festival eröffnet MONASTERIUM und die Jungs aus Polen sind ein starker Opener. Epischer Doom Metal wird zelebriert und mir kommen dabei manchmal CANDLEMASS in den Sinn, auch wenn ich keinen Song gefunden habe, der an die wirklichen Großtaten der Band erinnert, aber die Richtung stimmt und vor allem die geilen Soli haben es mir angetan. Das Publikum steckt größtenteils noch im Stau oder steht unter der Dusche, so dass die Halle noch nicht so gut gefüllt ist, wie die Band es verdient; MONASTERIUM lassen es sich aber nicht nehmen und legen eine hohe Spielfreude an den Tag und ernten mehr als Höflichkeitsapplaus.

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CAUCHEMAR

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CAUCHEMAR aus dem schönen und bald völlig von amerikanischen Flüchtlingen überrannten Kanada nehmen die gute Stimmung dankend auf und überraschen mich. Jawoll, denn auf Platte sind sie ganz nett und entsprechend sind meine Erwartungen an den Gig überschaubar. Allerdings geht die Band auf der Bühne ziemlich geil ab! Ihr doomiger Hard Rock / Metal lässt, nicht zuletzt durch den gelegentlichen Keyboardeinsatz, eine spannende Atmosphäre entstehen und die abwechslungsreichen Songs gehen wirklich gut ins Ohr; durch geschickte Geschwindigkeitsvariationen gewinnt der Gig nochmals an Dynamik und es macht Spaß der kurzberockten und mit ordentlich Dekolleté gesegneten Annick bei ihrer Performance zuzuschauen, die sie gesten- und mimikreich unterstreicht, während sie sehr kraftvoll singt. Der Rest der Band ist ebenfalls mit Leib und Seele dabei und mir gefallen die 45 Minuten ausgesprochen gut.

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THE SKULL

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2014 waren ja TROUBLE zu Gast und der Gig hat mich damals wirklich begeistert; dieses Jahr kommt der Rest der ursprünglichen Band vorbei: Eric Wagner und Ron Holzner mit THE SKULL. Das Negative mal vorweg: der Sound ist jetzt ein wenig matschig, wobei er bei den ersten beiden Bands ziemlich gut war. So gehen meines Erachtens der Gesang von Mr. Wagner und die Soli etwas unter, was ich unglaublich schade finde. Wir stellen uns an das Mischpult und dort klingt es etwas besser, wenngleich ich mir etwas mehr Transparenz gewünscht hätte und vielleicht ist Herr Wagner heute auch nicht bei 101%… was ich mangels an Vergleichsmöglichkeiten nicht zu beurteilen wage. Aber wir sind ja nicht bei Wünsch-dir-was und die Band liefert im Endeffekt routiniert und amtlich ab. Und mal ehrlich… wenn Eric „At the end of my daze“, „Assassin“, „The Tempter“ und natürlich „The Skull“ singt, bist du danach glücklich.
Ich bin eigentlich keiner, der sich übermäßig an Reunions begeistern kann, allerdings wäre eine TROUBLE-Reunion im nächsten Jahr auf dem HAMMER OF DOOM eine unglaubliche Sache für mich (mal gucken, ob sich dieses „Gerücht“ jetzt streut…).

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PRIMORDIAL

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Tja, nun muss ich mich outen: Mit PRIMORDIAL habe ich mich in der Vergangenheit nicht tiefergehend beschäftigt, allerdings ist mir DREAD SOVEREIGN ein Begriff und ich durfte sie schon zwei Mal auf der Bühne erleben. Somit habe ich schon erahnt, was mich in Punkto Bühnenperformance von Alan Averill erwartet… und diese Erwartung wird monstermäßig übertroffen. Ich halte Mr. Averill für den geborenen Frontmann, er ist permanent in Bewegung und unterstreicht seine Texte mit viel Theatralik und Gesten, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzuschauen und all das erinnert mich an einen gewissen Bruce Dickinson, dem Alan Averill allerdings in Nichts nachsteht. Das ist ganz großes Kino und für Fotografen eine willkommene Abwechslung, denn naturgemäß gibt es bei Doom-Shows ja eher weniger zu gucken (aber dafür umso mehr zu hören). Musikalisch ist es ebenfalls erste Sahne… die Songs werden mit voller Wucht und Epik zelebriert und dass es sich um eine hervorragende Band handelt, die extrem starke Songs geschrieben hat, war mir vorher bewusst, allerdings ist es immer etwas Besonderes, diese Songs zum ersten Mal live zu erleben und somit hat sich dieser Auftritt als rundum gelungenes Gesamtpaket in mein Hirn gebrannt.

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Man darf dem Organisationsteam des HAMMER OF DOOM herzlich gratulieren, denn der Freitag war wieder ein voller Erfolg, wenn ihr mich fragt: das Licht war super, der Sound überwiegend spitze, aber wenigstens gut; die Getränkeauswahl war (wie immer) erstklassig, das Personal vor und in der Halle absolut nett. Lediglich das Schnitzelbrötchen war kacke.

SAMSTAG

Am Samstagmorgen wird erst einmal der akkurate Hangover gepflegt, als die schreckliche Nachricht die Fans via Facebook erreicht: aufgrund diverser reisebuchungstechnischer Probleme schaffen es SAINT VITUS nicht zum HAMMER OF DOOM! FUCK! Ich darf zugeben, dass ich mich extrem auf die Show mit Scott Reagers am Mikro gefreut habe; aber wenn es um SAINT VITUS geht, haben die armen Jungs und Mädels vom HAMMER OF DOOM wirklich Scheiße am Schuh. Vor zwei Jahren hat es Wino nicht durch die Grenzkontrolle geschafft und man hat trotzdem mit Gastsängern bzw. Dave Chandler einen geilen Gig gerockt, aber diesmal bleibt gleich die ganze Band weg… überwiegend regiert die Enttäuschung, aber man macht niemandem Vorwürfe, schließlich sind wir alle Doomheads und wir sind Leid gewöhnt. Shit happens. Daher finde ich es auch recht großzügig, dass das Organisationsteam allen diesjährigen Besuchern einen 10 Euro-Rabatt für das nächste Jahr in Aussicht stellt… checkt mal die entsprechende Facebook-Seite an. Mein Tipp, falls man SAINT VITUS nächstes Jahr buchen möchte: einfach ein paar Tage vorher einfliegen und beim Aufbau helfen lassen, hehehe. Viel schlimmer, als der imaginäre finanzielle Schaden eines jeden Einzelnen wiegt für mich daher, dass SAMAEL zum Headliner befördert werden… aber dazu später mehr.

Durch die Verschiebung fängt die erste Band NIGHT GAUNT auch nicht um 13.30h an, sondern erst um 14.00h und ich verpasse sie doch nicht komplett, weil ich nicht aus der Kiste gekommen bin; allerdings ist es mir zu wenig, um etwas zu schreiben, außer, dass meine Frau sagt, dass die Band so richtig geil war. Das will was heißen!

IRON VOID

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IRON VOID liefern genau die Mucke, die ich brauche, um meinen Kreislauf mal wieder normal funktionieren zu lassen: eine feine Mischung aus BLACK SABBATH und SAINT VITUS dröhnt mir entgegen und das geht ins Blut. Genauso wie das Bierchen, welches wider besseren Wissens relativ zügig seinen Weg zu mir findet. Äußerst souverän rockt sich das Trio durch ihren Gig und es macht einfach Spaß, sich von dem grasgeschwängerten Sound durchrocken zu lassen. Schade, dass IRON VOID nicht gleich ein SAINT VITUS-Cover mit eingebaut haben, das hätte ziemlich gut gepasst, wie ich denke.

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APOSTLE OF SOLITUDE

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APOSTLE OF SOLITUDE sind schon ein schweres Brett, liebe Doom-Gemeinde. Ihr letztes Album „Of Woe and Wounds“ hat mich damals extrem begeistert und auch live können sie mich im Laufe der Show immer mehr begeistern, denn zum Ende der Show packen sie zwei unglaublich schwere und zähe Nummern aus, die mich dazu verleiten, mir einen Sitzplatz zu organisieren, die Augen zu schließen und zu genießen. Das ist eine schöne Erinnerung an das Wochenende; diese Entspannung in Verbindung mit den tonnenschweren APOSTLE OF SOLITUDE-Songs… großartig! Der Gig hätte gerne noch etwas länger dauern dürfen.

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UNIVERSE217

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Genau wie bei UNIVERSE217. Nach diesem fulminanten Gig im Hellroom in Kassel, sind wir gespannt, wie die Band jetzt auf der großen Bühne klingt… und sie klingt richtig gut. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie ich ihre Musik kategorisieren kann, aber im Endeffekt ist es auch egal. Die filigrane Gitarrenarbeit von Manos, die mit einem Wimpernschlag in ein fettes Riffinferno umschlagen kann, die Basslinien von Nick zusammen mit dem aktuellen Tourdrummer, die für einen zarten Spannungsaufbau oder grooviges Donnerwetter sorgen und natürlich Tanias unglaubliche Stimme ergeben zusammen mit den durchdachten Songs vielleicht einer der besten Acts des Festivals. Bei keiner Band ist die Dreiviertelstunde so schnell vergangen, wie bei UNIVERSE217. Meine persönlichen Highlights werden wahrscheinlich immer „Undone“ oder der letzte Song „Never“ sein, denn das ist Dramatik pur und einfach nur gute Musik. Das sehen zum Glück nicht nur wir so, sondern ich habe das Gefühl, dass das Publikum zum ersten Mal aus sich herausgeht und richtig laut wird. Klasse Auftritt, der in meinen Augen die Band für noch größere Aufgaben empfiehlt.

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So, mein ausgeklügelter Terminplan sagt mir, dass ich jetzt 85 Minuten Zeit habe, um zu shoppen (wobei ich durch zwei nicht namentlich zu nennende Damen ausgetrickst werde, wenn auch nicht zu meinem Nachteil), meine Mitbringsel in Hotel zu tragen, vielleicht etwas zu futtern und pünktlich zu LORD VICAR wieder vor der Bühne zu stehen. Gesagt, getan. Leider fällt daher die DARK MILLENIUM-Show für mich aus, aber was ich mehr oder minder zufällig beobachte, ist der Umstand, dass nach dem Gig deutlich mehr DARK MILLENIUM-Shirts durch Publikum wandeln, als vorher. Scheint also ein Erfolg gewesen zu sein.

LORD VICAR

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Ich erwähnte bereits, dass ich nicht zwingend auf Reunions abfahre, aber wenn ich mir eine Reunion wünschen würde, wäre es die von REVEREND BIZARRE… das soll aber in keiner Weise meine Liebe zur Nachfolgeband von Kimi Kärki schmälern und auch sein Soloalbum ist ein wunderschönes Album geworden, welches ich euch gerne ans Herz legen möchte. Die Show heute ist demnach etwas ganz Besonderes für mich und ich soll nicht enttäuscht werden. Chritus Linderson ist ein toller Sänger, der die Songs lebt und selten stillsteht; es ist eine Freude, einen Frontmann zu sehen, der richtig Spaß bei der „Arbeit“ hat. Heute ist auch die Feuertaufe des neuen Bassisten und bevor Kimi uns darüber aufklärt, habe ich ihn und sein Bassspiel schon aus dem Fotografen bewundert; gute Verstärkung für Drummer Gareth, möchte man meinen. Die Spielzeit wird nicht ganz ausgenutzt, aber als letzten Song gibt es den Übersong „The Funeral Pyre“… ein Song bei dem ich schon geweint habe und bei dem auch heute Tränen vergossen werden, wenn auch nicht von mir, denn während des Gigs klingt der Gitarrensound etwas übersteuert und ausgerechnet bei den zarten Parts von „The Funeral Pyre“ wiederum zu leise, was mich nicht in die richtige Stimmung gleiten lässt. Als wir Chritus nach der Show über den Weg laufen und meine Frau ihm unter anderem davon erzählt, dass das eine oder andere Tränchen gekullert ist, meint er schlicht und ergreifen, dass sie keine Eier hätte, nur um sich danach kaputtzulachen. Ich denke, dass jeder, der ihn mal kennengelernt hat, weiß, was für ein liebenswürdiger und herzlicher Mensch er ist. Starker Auftritt, einer der feinsten Doom Metal Band, ein Genuss war es auf jeden Fall.

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ANTIMATTER

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Der Auftritt von ANTIMATTER geht bei mir leider etwas unter, da ich nach den Fotos kurz eine rauchen möchte und wir vor der Tür in anregende Gespräche mit Nick und Manos einsteigen und darüber hinaus schlicht und ergreifend die Zeit vergessen. Alles was uns dann noch bleibt, ist (noch mehr) Getränke und der Auftritt des „neuen“ Headliners SAMAEL.

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SAMAEL

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Da ich denke, dass jede Kritik auch irgendwo eine Berechtigung hat, kann ich sagen, dass ich diese Verpflichtung für das HAMMER OF DOOM nicht so recht nachvollziehen kann. Klar, SAMAEL haben einen interessanten Status und in der Vergangenheit einiges geleistet und das HAMMER OF DOOM hat schon immer gerne und zu Recht über den Tellerrand geschaut und hätten SAINT VITUS anschließend noch gespielt, wäre es durchaus zu verschmerzen gewesen, aber als letzte Band ist es leider unfreiwillig eher gewagt. OK, man zelebriert das wahrscheinlich beste SAMAEL-Album „Ceremony of Opposites“-Album und ich möchte anmerken, dass ich auch mit elektronischer Musik keine Probleme habe, aber der neue Sound von SAMAEL und das Gebaren passt meiner bescheidenen Meinung nach nicht wirklich zum Spirit des Wochenendes. Aber… ihr wisst schon… subjektiv. So bleiben wir auch nicht bis zum Schluss, obwohl wir der Musik eine faire Chance geben. Aber unsere Abschiedsrunde ist uns zu wichtig, auch wenn wir nicht alle gefunden haben, bei denen wir uns gerne persönlich verabschiedet hätten.

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ADIEU

Der Trip hat sich also wieder gelohnt, denn es gab tolle Menschen, tolle Musik und ein tolles Festival. Lediglich die Tatsache, dass man noch immer keine Freiwilligen eingestellt hat, die die Fans, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten haben, im Rollstuhl von der Theke vor die Bühne rollern, sollte mal langsam überdacht werden; aber leider gibt es ja keine Zivis mehr.

Tausend Dank an Anja und Olli, die Bands und die coolen Fans. Grüße gehen an alle, die uns mit vielen Gesprächen das Wochenende versüßt haben! (chris)

 

Setlist Hammer of Doom XI - MONASTERIUM

Setlist Hammer of Doom XI – MONASTERIUM

Setlist Hammer of Doom XI - CAUCHEMAR

Setlist Hammer of Doom XI – CAUCHEMAR

Setlist Hammer of Doom XI - PRIMORDIAL

Setlist Hammer of Doom XI – PRIMORDIAL

Setlist Hammer of Doom XI - IRON VOID

Setlist Hammer of Doom XI – IRON VOID

Setlist Hammer of Doom XI - UNIVERSE217

Setlist Hammer of Doom XI – UNIVERSE217

Setlist Hammer of Doom XI - LORD VICAR

Setlist Hammer of Doom XI – LORD VICAR

Setlist Hammer of Doom XI - ANTIMATTER

Setlist Hammer of Doom XI – ANTIMATTER