FILM+HÖRSPIEL

FILM „Der Teufel führt Regie“ (Polizieschi)

Originaltitel: Il Boss

Produktion: Italien, 1973

Blu-Ray-Veröffentlichung: 19.12.2014

Wertung: gut

Regie: Fernando Di Leo

FSK: 18

Darsteller: u.a. Henry Silva, Richard Conte, Gianni Garko, Antonia Santilli…

Genre: Polizieschi

Studio: filmArt

Inhalt:
Lanzetta ist ein geschätzter Auftragskiller in den Kreisen der Mafia. Unter Auftrag seines Mentors und Ziehvaters Don Daniello soll er bevorzugt das ‘kalabresische Pack’ beseitigen. Sein härtester und hartnäckigster Widersacher seit langer Zeit ist Don Cocchi. Dieser will um jeden Preis die Macht an sich reißen und entführt Don Daniellos Tochter. Der einzige Mann dem Daniello in dieser persönlichen Angelegenheit vertraut ist Lanzetta. Sein Auftrag ist klar: Töte Don Cocchi und vernichte alle, die je seinen Namen ausgesprochen haben. Die Situation eskaliert schnell und das Blutbad scheint unaufhaltsam. Die obersten Bosse sehen nur noch eine Chance. Jeder der Beteiligten soll sterben. Nur so kann die Ordnung hergestellt werden. Ein korrupter Kommissar, Torri, wird auf die Angelegenheit angesetzt. Er soll Lanzetta töten…

Fernando Di Leo hat Anfang der 70er eine „Trilogie“ rund um das Mafia-Genre gedreht („Milano Kaliver 9“ und „Der Mafiaboss“, beide mit Mario Adorf), aber man darf getrost mit „Der Teufel führt Regie“ beginnen, denn inhaltlich bauen die Filme nicht aufeinander auf. Ich darf zugeben, dass ich die beiden anderen genannten Filme nicht kenne, aber nach dem Genuss von „Der Teufel führt Regie“ sollte sich das möglichst ändern.

Fernando Di Leo hat einen Mafiafilm bzw. Polizieschi geschaffen, dem zwar etwas der Tiefgang bei den Familien fehlt, aber der durch seine Kompromisslosigkeit und düstere Geschichte von der ersten bis zur letzten Minute exzellent unterhält. Henry Silva als Auftragskiller Lanzetta ist eine Idealbesetzung, denn sein Spiel lässt mich keine Sekunde daran zweifeln, dass er Lanzetta IST, der nichts anderes kennt, als Mord, Tod und tödliche Aufträge. Die Art, wie er im Pornokino gleich zu Beginn des Filmes aufräumt, sucht seinesgleichen und ob Freund oder Feind: wer dem Auftraggeber oder ihm selbst im Weg steht, wird in wenigen Augenblicken die Radieschen von unten bestaunen. Dabei geht man ordentlich brutal zu Werke und ich kann mir gut vorstellen, dass ein Film wie dieser 1973 die Sittenwächter auf die Palme gebracht haben dürfte.

Alice Schwarzer hingegen dürfte auch heute noch bei dem Genuss dieses Filmes hinterzogene Steuergelder kotzen, denn der frauenfeindliche Ton des Filmes ist unglaublich! Die drogensüchtige und nymphomane Tochter von Don Daniello würde wohl nicht auf eine Gartenparty von ihr eingeladen werden… man befürchtet eine brutale Vergewaltigungsszene, aber Rina hat Lust auf Rudelbumsen und Kiffen und schnell ist die Tatsache vergessen, dass man sie entführt hat. Lanzetta ist auch nicht geizig mit Ohrfeigen und misogynen (ja, ich habe bei dem Genuss des Filmes und des Booklets auch meinen Fremdwörterschatz aufpoliert) Taten und Worten, bei denen man sich Anno 2015 schuldig umdreht, um zu checken, ob jemand gesehen hat, dass man das gerade gesehen hat. Die Zeiten waren halt andere…

Der depressiv-verzweifelte Touch des Filmes erreicht durch den Mord an seinem Freund Don Daniello seinen Höhepunkt, aber auch die Unfähigkeit, sich einer Frau hinzugeben oder der Wunsch Rinas, dass er sie lieber töten, als verlassen solle, zeugt von einer düsteren Zeit für die Beteiligten. Dass Rina den Abspann des Filmes nicht mehr erlebt, versteht sich wohl von selbst. Gerade diese dunklen Charakterzüge heben den Film aus der Masse an Mafiafilmchen hervor und machen ihn zu einem durchaus sehenswerten Klassiker ohne Hoffnung.

filmArt haben bei dem sechsten Teil ihrer Polizieschi-Edition geklotzt und nicht gekleckert: der Film kommt in einer Blu-Ray/DVD-Kombo, das Bild ist großartig, der Sound angemessen. Da bei der ersten Kinoauswertung der Film in Deutschland um 21 Minuten gekürzt wurde und mittels einer „eigenen“ Synchronisation eine etwas andere Geschichte erzählt, gibt es sowohl die deutsche Kinofassung, als auch die lange italienische Fassung, die man allerdings nicht neu synchronisieren lies, sondern lediglich deutsch untertiteln. Dazu kommen als Extras einige Trailer und ein informatives Booklet von Pelle Felsch, der sich ausführlich mit Henry Silva beschäftigt, sowie ein Wendecover.

„Der Teufel führt Regie“ ist ein würdiger Vertreter der gut bestückten Polizieschi-Edition und ein Film, den man sich nicht nur als Genre-Liebhaber anschauen sollte. (chris)