FADING RAIN
„Let Silence Begin“
(Dark/Cold Wav)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 07.05.2018
Label: Eigenproduktion/ White Zoo Records
2015 erschien das Debüt der Band, welches auch im Amboss-mag wohlwollend aufgenommen wurde. Mit „Let silence begin“ folgt nun das erste komplette Werk und doch war nicht klar, ob man dieses Kleinod überhaupt veröffentlichen würde. Ihr Sänger Pierpaolo Romanelli, der auch heuer mit seiner kraftvollen und leicht verträumten Stimme überzeugen kann, verstarb im Januar diesen Jahres. Die übrigen Mitglieder entschieden sich letztendlich für eine VÖ und so kann und sollte dieses Album auch als Huldigung und Verbeugung vor Pierpaolo gesehen werden.
Der Italiener verführen den Hörer auf ihrem Zweitwerk mit einer galanten Traurigkeit. Samtene, meist in Ruhe badende Düstersongs bestimmen die Musik. Sehr ruhig und getragen daher auch der Beginn mit dem Titelsong, der ebenso wie das folgende „side by side“ an die Faith-Zeit von The Cure erinnert, obwohl, hier gibt es schon latent aggressive Angebote im Gesang (FIRE) . Einen kleinen Kulturschock beherbergt, dass in seiner Formatierung sehr schräg daherkommende und mit flirrender Akrobatik versehene „Collapse“, welches eher in Richtung Killing Joke geht. „Crystal Tears“ lebt neben einer atmosphärischer Klangstruktur, von einer in sich verborgenen Bedrohlichkeit, welche durch sägende Saiten erzeugt und von beschwörenden, teils Sprachgesang begleitet wird, (der wohl dunkelste Song des Albums) , während „until the new sun“ einen wunderschönen Gitarren Wave Song darstellt. Die Saiten sind bestimmend, gleichwohl verspielt und liefern den perfekten Underground für einen Gesang, der sich extrovertiert über die Melodielinie hebt. „Cut the silence“ beherbergt dann so ziemlich alles, was die Band ausmacht, da ist diese explosive, latent schroffe Seite, da ist diese melancholische Komponente und auch die kühle Ästhetik steht vor dem Ausbruch Pate, während der Song zum Schluss eher implo- als explodiert. Dazwischen immer wieder wunderschöne, gefühlvolle Melodielinien. Mit geschickt gesetzten Tempowechseln erzeugt man zudem einen galanten Spannungsbogen, der vom Gesang her, wie ein Drahtseil begangen wird. Das Fragile stärkt sich aus sich selbst. „Our rusted ways“ ist straight inszeniert, während der Gesang mit Hall versehen die Szenerie in sich aufnimmt und diese kompromisslos raus schreit. Diese Balance zwischen wütender Ekstase und dem harmonischen Klang des Dark Waves ist dem Gesang immanent. Diese ausdrucksstarke Ambivalenz erinnert zuweilen an Kurt Cobain. Das epische Endstück ist in italienischer Sprache gesungen. Die Dunkelheit steht Pate, die Melodie trägt die Vokale und zwischen drin ein bedrückendes, in Geschwindigkeit endendes Chaos… und am Schluss bleibt ein Trauerflor, dessen Reinheit im verborgenen Keller kleiner Clubs mit einer vergossenen Träne den tanzenden Schwarzkitteln entgegen lächelt.
Fazit: FADING RAIN servieren uns einen dunklen Cocktail, welcher mit nostalgischen Spielarten des Genres gemixt ist. Erinnerungen an Joy Division, Cure oder Bauhaus werden wach. Serviert wird das kühle Getränk dann mit einer Prise Dream Pop als Dekoration. Dysthymische Klanggebilde reichen sich die Hand, mit verschnörkelten Dark Pop („until the new sun“), welcher die Band von ihrer leichtfüßigen, verspielt-romantischen Seite zeigt. Insgesamt bleibt „Let silence begin“ aber, auch wegen der Umstände, ein bedrückendes Werk. (andreas)
RIP: Pierpaolo Romanelli