LIVEBERICHT

NORDSTERN FESTIVAL :: Ein gelungener Start eines neuen Festivals

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am 08.+09.07. Markthalle / Stadtpark Hamburg

u.a. mit: Zeromancer, Frozen Plasma, Empirion, Klangstabil, Architect, Slave Republic, VNV Nation, Combichrist, Diorama, ASCII.Disko, Absurd Minds, Blitzmaschine

Info: www.nordstern-festival.de

Fotos: Oliver Garrandt (www.abstrakte-fotografie.de)

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Hamburg 2011 und es ist Juli. Bemerken tut man es spätestens dann, wenn man sich in die alt ehrwürdigen Hallen der „Markthalle Hamburg“ begibt. Leichte Kleidung ist vorherrschend. Im Allgemeinen trägt man schwarz (bis es noch eine dunklere Farbe gibt). Noch kurz vor dem Startschuss des ersten Szenefestivals namens Nordstern in Hamburg, gibt es Tickets an der Abendkasse und sogar mit Glück einen Parkplatz direkt vor der Tür. Die dadurch geweckten Erwartungen, dass noch niemand da wäre, täuschten jedoch. Noch schnell die mittlerweile vom Veranstalter regelmäßig (jetzt das zweite Mal gesehen) gewünschte Spende der Presseleute mit Akkreditierung und glückliche Gästelistenplatzbesitzer für die DKMS abgeben. Eine feine Sache übrigens!!!

Drinnen angekommen, pünktlich wie man sein soll, spielte gerad die erste Band ihr erstes Lied. Also nichts wie rein und die ersten Impressionen einfangen. Wie zu erwarten, war es am frühen Freitag Abend noch nicht sehr voll, so dass man sich gemütlich bis in die erste Reihe begeben konnte, ohne wirklich zu stören. Gestört hat die Band SLAVE REPUBLIC auch nicht. Mir bis zu dem Zeitpunkt recht unbekannt, waren sie nett anzuschauen und haben das gemacht, was man erwartet hat. Gute Arbeit.

Direkt nach kurzer Umbaupause kam dann ein Altmeister der Szene auf die Bühne. Mit dem Projekt ARCHITECT stellte Daniel Myer seine aktuellen Ideen musikalischer Art zu Ambient und Drum&Bass vor. Dafür, dass es eine Onemanshow war, fand ich es sogar sehr gut. Für gewöhnlich holen sonst ja Electro-Formationen, die personell allein aufgestellt sind gern wen als Alibiplayer auf die Bühne. Das war hier definitiv nicht notwendig. Obwohl langsam auch die Temperatur im Saal stieg, ging es noch heißer!

Eine ebenso alte wie bekannte Band stieg in den Ring. KLANGSTABIL ließ sich mal wieder auf die Bretter bitten. Dabei ging einiges ab. Respekt. Die Ansage zuvor sprach von Texten zu Psychotherapie und -analyse. Genau das passte zur Show! Oder war es die Show der zwei, die zu deren Musik und Texten passte? Nun denn, bei gefühlten 35° und steigender Luftfeuchtigkeit war auch den Musikern langsam heiß. Boris May lief Barfuß über die Bühne und hatte zudem mangels Gürtel auch immer wieder mit der zu locker sitzenden Hose zu kämpfen. Dabei waren dies keine Hindernisse sich der nahezu gesamten Bühne zu bemächtigen und legte dabei ein enormes Laufpensum ab.

 


Der nächste Gig, ganz groß von Mark Jackson (VNV) angekündigt, war für mich eher eine Enttäuschung. Groß als Reunion Show angekündigt, war von Show bei EMPIRION leider nicht viel zu sehen. Für mich war die Musik gut und die Lichtshow auch. Aber die Bühnenpräsenz war für mich zu wenig. Die Lichtshow, wie bereits erwähnt und die Musik machen eine gute Disko aus, aber ein Konzertabend stelle ich mir anders vor. Jedenfalls wären die beiden sicher als Aufleger bei der Aftershowparty besser aufgehoben gewesen. An deren Konzept muss hingegen noch etwas gefeilt werden. Gesehen und abgehakt.

 


Denn als nächstes kamen zwei Bühnenprofis zur Arbeit, die für mich das Highlight des Abends bildeten. Im Gegensatz zu seiner Position bei „Diorama“, die erst morgen dran sein sollen, hat Felix Marc sich wahrlich über die Bühne gekämpft. Kaum eine Sekunde verging ohne Bewegung, Tanz oder Gestik, die das Duo bei ihrem Auftritt mit FROZEN PLASMA unterstützt hat. Respekt dafür. Denn bei mittlerweile gefühlten 50° Raumtemperatur einer gut gefüllten Halle und entsprechend mindestens 80% Luftfeuchtigkeit, hatte nicht nur er auf der Bühne mit den klimatischen Bedingungen zu kämpfen. Im Gepäck hatten Sie dafür dann auch neue Songs vom aktuellen Album und einigen Hits ihrer nun mehr fünf jährigen Zusammenarbeit.

Als letztes kam dann der Ersatz für die ausgefallenen „Zeromancer“ auf die Bühne. Geschmack ist nun bei jedem anders, aber ich denke, SONO können da noch nicht den Norwegern das Wasser reichen. Obschon sie einen sehr guten Job machten und als Hamburger noch dazu einen Heimvorteil zu verbuchen hatten, sind sie live nicht so charismatisch wie eben jene ausgefallenen Jungs aus dem Norden. Musikalisch derweil sind sie sicherlich auf einer Höhe. Jedenfalls das, was sie im Projekt SONO vereinen. Brav hat sich natürlich Frontmann Lennart für deren plötzlichen Tausch als Headliner bedankt. Und letztlich, so denke ich, haben sie stilistisch auch von ihrer wesentlich stärker elektronischen Musik besser zu allen anderen Bands gepasst. Dadurch aber war es evtl. aber auch zu eintönig? Nun sei es drum. Weitere Spekulationen würden den Auftritt nur in Frage stellen und das haben sie nicht verdient. Vielen Dank euch.

 


Samstagmittag bei bestem Ausflugswetter im Stadtpark Hamburg angekommen, tat sich vor noch eher mäßig anwesendem Volk das Duo BLITZMASCHINE plus Livedrummer daran, in nur knapp 20 Minuten eine Visitenkarte abzugeben. Spaß hat es gemacht und durch ihre eigene Interpretation des EBM haben sie zur frühen Stunde (14:30Uhr) die ersten Leute zum Tanzen animiert. Was will man mehr?

 


Aus der ebenso an der Elbe liegenden Stadt Dresden kam mit ABSURD MINDS eine Formation an den Start, die seit mehr als 10 Jahren besteht und sich damit einen sehr guten Ruf erspielt hat. Wenngleich mir leider neue Songs unbekannt sind, waren doch Songs aus verschiedenen Zeiten dabei, die den Tanzenden eine kurzweilige Show boten. Besonders als Co-Sänger Nick mit nach vorn kam um Stefan zu unterstützen wurde die Show perfekt. Spielfreude und Bewegungsdrang überzeugten trotz der noch frühen Stunde.

 


Der danach kommende Künstler machte aus meiner Sicht leider wieder alles zunichte, was die beiden Bands zuvor an Stimmung erzeugt hatten. Der aus dem sonnigen Süden Mallorca angereiste Daniel Holc, Alias ASCII.DISCO, war zwar musikalisch echt topp. Allein jedoch für ein Festival ungeeignet. Ähnlich wie schon am Vorabend „Empirion“ war es eine DJ-Show. Wenn das Wort Show denn nicht viel zu weit geht. Zu guter letzt verließ er sogar während des letzten noch laufenden Songs (vom Rechner?) die Bühne und das Abräumen der „Instrumente“ gestaltete sich danach auch sehr, sehr schnell.

 


Zeit für besseres. DIORAMA sollten kommen. Live sind sie immer wieder ein echter Genuss und die Erfahrungen, die ich bisher mit ihnen haben durfte, bestätigten es auch dies mal wieder. Einziger Wehrmutstropfen war der kurz vorher gewesene Regenschauer. Aber wenn es nur das ist, sollte man sich dafür mit dem Gig entschädigt sehen. Allein das Ausdruckspotential des Frontmanns Torben reicht sich zu begeistern. Musikalisch sind die Jungs ebenso wenig zu unterschätzen und sollten daher auch auf keinem Konzertkalender fehlen. Bleibt für Fans nur zu hoffen, dass in diesem Jahr das bereits angekündigte neue Album erscheint.

 


COMBICHRIST waren laut Running Order als nächstes angekündigt. Doch erst wurde man mit einem neuen Opener Intro begrüßt und dann kam Trevor Friedrich (eigentlich Drummer seines Zeichens) mit Mikro und Strumpfmaske auf die Bühne, oder vielmehr über die Bühne. Denn sein direkter Weg führte ihn erstmal quer durchs Publikum (soweit das Kabel eben gereicht hat) und über einen großen Bogen zurück. Was er mit zwei weiteren Musikern, die unter Masken versteckt waren, zu ihrem besten gaben, würd ich mal als eine Hommage an die „Dead Kennedys“ beschreiben. Gerüchten zufolge waren die beiden Mitstreiter aber Joe Letz und Bobby Schubenski, ein Kollege von Trevor bei „Suffer Well“, gewesen.

http://www.youtube.com/watch?v=6Iqkxxu97EQ
Wäre der Link zu dem, was die da von sich gaben. Benannt wurde das Projekt MONKEYS ARE MACHINE GUNS.

Danach dann endlich und das im strömenden Regen kamen COMBICHRIST auf die Bühne. Während Andy sich mit dem Regen arrangierte und das Pressevolk mit der Technik und dem widrigen Wetter kämpfte, waren seine Jungs schon sehr aggro drauf und gaben mehr als nur ihr Bestes. Während schon früh Instrumente durch die Gegend flogen und nach zwei Songs war dann auch der Regen vorbei. Zum Glück für alle Beteiligten und vor allem zur Freude des Publikums. Da bisher keine neuen Songs veröffentlicht wurden, wurde eher mit dem aktuellen Material unterhalten. Und mit einer feschen Biene wie auch einem „femininen“ Roboter.

Schaut euch die Bilder an. Die sagen alles. Zum Schluss war denn auch nicht mehr viel heile. Die Show war in jedem Falle ein dankbarer Ersatz für den abgebrochenen Gig beim Blackfield-Festival vor zwei Wochen.

 


Immerhin sollte es nicht das Ende sein. Denn zum Glück spielen ja alle mit ihren eigenen Instrumenten. Für IAMX war denn auch die Umbaupause reichlich lang. Gefühlte Ewigkeiten später kam für mich musikalisch ein weiterer Leckerbissen auf die Bühne. Warum die Vier oder Chris Corner nebst Verstärkung sich jedoch immer bloß auf so wenig Raum beschränken, ist mir leider noch immer ein Rätsel. Aber das man sich gern bewegt und Bühnenplatz nicht immer bloß reine Deko darstellt, haben diesmal wirklich alle sehen können. Allein der Rowdie, der das verhedderte Kabel des Mikros ein ums andere mal befreien musste tat mir ein wenig leid. Ob derweil die Knieschiene bei Keyborderin Janine Gezang nur zur Zierde war oder sie eine Knieverletzung hatte, lies sich so schnell nicht in Erfahrung bringen. Jedoch waren ihre Turn und Bühneneinlagen alles andere als dadurch behindert. Ob durch „Combichrist“ animiert oder aber einfach die Stimmung auf der Bühne so beeinflussend war, nun denn. Auch hier ging das eine oder andere zu Bruch und die „Combichrist“ Drummer waren als Unterstützung mal eben auf die Bühne gestürmt. Ebenso überraschend für viele Anwesende und auch mich, waren die relativ guten deutschen Sprachkenntnisse von Chris, als er sich noch mal ans Publikum wandte. Wow, was für ein Abend!!! Und er sollte ja noch nicht am Ende sein.

 


Mit tosendem Applaus kam der Headliner des diesjährigen Nordstern Festival auf die Bühne. VNV NATION. Eigentlich braucht man zu denen auch nichts mehr sagen. In ihrer Zweitheimat Hamburg wohlbekannt und den Lesern ist es sicher auch nichts Neues, brachte Ronan Harris seine Einmannshow. Aber es wäre kein Festival mit vielen Bemerkenswerten Randnotizen, wenn nicht auch VNV etwas zum Besten gegeben hätten. Zum einen wurde noch mal offiziell die Welttour bekanntgegeben, dann das neue Album, welches in ca. zwei Monaten erscheinen soll, angepriesen und davon spielte Ronan denn auch noch zwei Songs. Gut.

Die Texte hat er noch ablesen müssen. Aber während bei z.B. „Illusion“ eigentlich jeder Fan selbst hätte das Mikro schwingen können, waren die beiden Songs eben komplett NEU. Ersterer war ein guter Tanzsong, der im schnellen Stile alles zeigte, warum VNV selten auf einer Party fehlen und der zweite Track war eine typische Ballade. Bekanntes Strickmuster und bekannte Tonlage. Für das neue Album wünsche ich mir mehr vom Tanzbaren.

 

Bleibt nach so Wochenende nur noch ein Fazit zu ziehen. Zum einen war es wohl erfolgreich, jedenfalls was die Anzahl der Gäste betraf. Schon vor VNV wurde die Neuauflage für 2012 angekündigt. Musikalisch muss es sich erst noch ein wenig finden. Aber elektronische Musik liegt dabei definitiv im Fokus. Allein DJ-Bands wie „Ascii-Disko“ und „Empirion“ sind zwar schön anzuhören, aber als Livegig nicht so empfehlenswert. Dafür war mit zwei komplett verschiedenen Lokations mal ein anderer Rahmen, als bei den „üblichen“ mehrtägigen Veranstaltungen. Was aber auch dazu führte, dass es keine klassischen Zeltplätze gab. Für die Verweildauer musste man also etwas komplizierter oder teurer vorsorgen, so denn beide Tage angedacht waren. Über eine Nachfrage diesbezüglich weiß ich nichts. Aber der Veranstalter kann dazu in Zukunft bestimmt besser Auskunft geben. Die Pflege der Homepage ließ ebenso zu wünschen übrig. Bei den Bandinformationen waren Verweise auf bereits überholte Alben der Akteure verwiesen oder man wurde wie bei IAMX auf später verwiesen, was noch immer nicht verändert wurde. Die Freilichtbühne indes ist ein echter Gewinn. Vielleicht nicht für Fotografen ohne Teleobjektiv. Für die Gäste, die von nahezu allen Plätzen aus etwas sehen können und die im Gegensatz zur Markthalle besseren Klangqualität. Von der diesmal nicht übertriebenen Lautstärke zum Vortag mal ganz abgesehen. Auch ohne Ohrenschutz ließ sich alles gut bewerkstelligen und hören. Es gibt aber noch so viel an plus / minus, dass es wohl den Rahmen sprengen würde. Auf alle Fälle freue ich mich auf ein Nordstern 2012 am 06. und 07. Juli. Für den Standort soweit im Norden bin ich persönlich sehr dankbar und es bleibt nur noch abzuwarten, welche Bands wir zu sehen bekommen. Bis dahin, alles Gute und wir sehen uns. (oliver garrandt)

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