LIVEBERICHT

ZSK + ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN :: Steht auf und protestiert

ZSK Live am 22.11.2013 im Chez Heinz in Hannover
Support: ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN + ANTILLECTUAL
Text & Fotos @ Michi

 

Selten hat mich in den letzten Jahren ein lupenreines Punk Album so gekickt wie „Herz für die Sache“ der Wahlberliner ZSK in diesem Sommer. Titel wie „Antifascista“, „Viel Glück“ usw. sind wie ein geballter musikalischer Faustschlag in die Fresse. Ob man nun alle politischen Messages bis in die letzte Zeile gutheißen muss, sei mal dahingestellt, aber ich hab so richtig fett Bock auf dieses Konzert.

Das dann auch noch die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN im Vorprogramm spielen macht die Sache noch interessanter, scheiß was drauf, dass hier nicht mehr die originale Besetzung auf der Bühne steht, aber noch einmal ein paar Lieder dieser Legende Live zu sehen ist einfach genial auch wenn es natürlich nicht mehr dasselbe ist seit Konrad K nicht mehr unter uns weilt.

Die Anfahrt zum Chez Heinz gestaltet sich als nicht ortskundiger etwas schwierig aber letztlich ist die Tat vollbracht und als wir ankommen ist der Gig der ersten Band ANTILLECTUAL bereits im vollen Gange. Die Lokalität ist schon sehr ordentlich gefüllt und über Support kann sich die Band nicht beklagen. Ich kann an dieser Stelle leider nichts weiter über die Band berichten denn nach dem Überblick verschaffen, Getränke besorgen und Merchandise sichten ist der Auftritt der Band leider schon vorüber. Aber die Zuschauer sehen zufrieden aus, daher war es wohl auch gut.

Für die nächste Band steht ein Heimspiel an, denn die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN stammen ja auch Hannover Linden. Die aktuelle Besetzung, der Band dessen letztes Album aus dem Jahre 1994 stammt, ist Mirco „Micro“ Bogumil an der Gitarre, Olli an den Drums und Tim am Bass, letztgenannter ist heute aber aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei. Also wird so gespielt wie früher, als Zwei-Mann-Combo.

Alle vorherigen Zweifel über den Auftritt der „halben BRIEFTAUBEN“ sind sofort weg, als die ersten Songs angestimmt werden. „Der Bucklige“ dient als Opener des Gigs und spätestens als „Heute doof und morgen doof“ gespielt wird, ist vor der Bühne der Teufel los. Die Zuschauer geben absolut Vollgas, pogen was das Zeug hält und nutzen sehr fleißig die Bühne als Startrampe zum Diven. Das Feeling ist sofort wieder da, auch die alten Elemente der Band werden wieder konsequent genutzt. Vor allem die kleine Mundtröte die zwischenzeitlich Titel wie „Was ich nicht mag“ unterstützt, sorgt für viel Spaß.

Mirco ist auch sehr redsam und genießt es sichtlich im Chez Heinz derart gefeiert zu werden. So langsam nimmt auch das Klima in der sehr niedrigen Lokalität recht unangenehme Ausmaße an, heiß und stickig ist es geworden. Ein absolutes Highlight, ist die BRIEFTAUBEN Version von „Ich will Spaß“, bei der man ja bekannterweise dem Skinheadvolk auf unterschiedliche Art und Weise den Garaus macht. Passenderweise meldet sich das Publikum dann auch schon mit „Alerta alerta Antifascista“ rufen und verkündet damit schon mal die Vorfreude auf den Auftritt von ZSK. Aber noch ist kein Ende bei dem BRIEFTAUBEN Reigen in Sicht. Eine Hommage an den verstorbenen Konrad K wird mit gleichnamigem Titel dargeboten, „Du brauchst es“ wird sehr textsicher zelebriert und „Vorbei“ und noch ein weiteres Stück besiegeln dann das Ende dieses Auftritts.

Was soll ich sagen, hat tierisch Spaß gemacht dieses Konzert. So viele Liederchen, die ich ewig nicht mehr gehört habe. Seinerzeit waren die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN im Jahre 1992 mein erstes ernst zu nehmendes Livekonzert, allein schon deshalb noch mal besten Dank für all das was wegen euch danach aus mir geworden ist!

Nun aber eine kurze Verschnaufpause an der frischen Luft machen. Ist schon echt eine Herausforderung die Luft im Keller auszuhalten. Doch lange muss man nicht warten, bis sich der Auftritt des Hauptacts abzeichnet!

Die Fläche vor der Bühne ist dann schnell rappelvoll und jede Menge Energie ist bereit befreit zu werden. Dann geht’s los, Licht aus und die inzwischen aus Berlin kommende Band um Sänger Joshi kommt auf die Bühne. Sichtlich energisch geht’s auch gleich zur Sache, man hat sich wohl etwas vorgenommen. Und sofot wird auch ein politischer Gruß versendet mit „Wir haben keine Angst vor euch“, bei dem sofort eine kleinere Pogo Explosion vor der Bühne ausbricht. Schnell verschwimmen die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerfläche, am Spaß aller Beteiligten kann nicht gezweifelt werden. Mit „Herz für die Sache“ wird auch früh ein Titel vom neuen Album dargeboten und vor „Kein Mensch ist illegal“ werden aktuelle politische Geschehnisse wie die Einwandererpolitik aus Europa angeprangert. Generell liegen die deutschen Titel wie „Bis jetzt ging alles gut“ immer besser im Ohr, wohl weil gerade diese Stücke die eingängigsten Melodien vorweisen.

„Alles was wir wollen“ wir dann standesgemäß wieder mit einem Aufruf zum Protest eingeleitet. Aufstehen gegen Nazis und Gewalt steht auf dem Programm und im Publikum lassen die Antifa Flaggen nicht lange auf sich warten. Und wenn wir dann schon mal im entsprechenden Thema sind passen dann auch plakative Titel wie „Punkverrat“ ganz gut und kurze Zeit später kommt dann „Antifascista“, ein Stück, dass der neuen CD maßgeblich zum Erfolg verholfen hat und jetzt auch entsprechend enthusiastisch abgefeiert wird. Beim Pogen wird alles gegeben und wer sich des Divens übt, schaut fast aus wie Spiderman aufgrund der niedrigen Decke. Der Song dient dann noch zum gemeinschaftlichen Aufruf zu einer Antifa Demo in Barsinghausen, wo man gegen eine dort ansässige einschlägige rechte Lokalität protestieren möchte.

Nun folgt eine kleine akustische Session in der sehr stimmungsvoll die Stücke „Und genau da gehen unsere Wege auseinander…“ und  „Was uns noch übrig bleibt“ vorgetragen werden. Ist eine sehr schöne und auch willkommende Abwechslung zu dem zuvor gehörten Stoff. Die Fans zeigen sich hier sehr textsicher und unterstützen die Band auch entsprechend.

Nach dieser akustischen Zwischeneinlage geht es wieder etwas ruppiger zur Sache. „Riot Radio“ bietet den Zuschauern noch mal Gelegenheit zum Sport machen,… alle mal hin hocken und dann auf Kommando aufspringen… gut, kennt man schon von vielen anderen Konzerten, sorgt aber immerhin für etwas Bewegung auch in den hinteren Reihen. Zum Ende erzählt Joshi dann noch ein bisschen aus dem Nähkästchen und hat ein paar Anekdoten aus Hannover parat. Dann noch mal ein bisschen Krach machen und dann ist der Gig dann auch schon zu ende.

Das Fazit des Abends? Nun ja, die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN waren mal wieder sehr lustig und eine tolle Erinnerung an alte Zeiten. Das Konzert von ZSK war wie erwartet gut, an einigen Stellen vielleicht etwas eintönig, aber auf jeden Fall mit einer ordentlichen Portion politischer Message. Macht alle weiter so und lasst euch in eurem Vorhaben nicht unterkriegen!! (michi)

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