INTERVIEW

WELLE:ERDBALL :: Wir haben immer ein ganz klares Konzept


WELLE:ERDBALL gehen am 28.10.11 mit einem neuen Album wieder auf Sendung. Dieses Mal dreht sich im Programm alles um den „Kalten Krieg“. Wie Honey, Alf & Co. auf die Idee dieses Konzepts gekommen sind und wieso dieses Album sich zum großen Teil aus Coverversionen dieser Zeitepoche zusammensetzt könnt ihr im folgenden Interview erlesen. (michi)

 

Hallo vielen Dank , dass ihr euch Zeit für dieses Interview nehmt!
Hallo! Da nicht für… Wir geben relativ gerne Interviews.

 

Mit „Der Kalte Krieg“ steht euer neues Album in den Startlöchern, wie kam es zu der Idee, den Kalten Krieg als Kernthema zu verwenden?
Der Kalte Krieg stand und steht in großem Zusammenhang mit der Deutschen Geschichte und vor allen Dingen auch mit den 80er Jahren. Also der Zeit, in der wir aufgewachsen sind und mit der wir sehr viel verbinden. Weiter hat der Kalte Krieg, auch grad in Deutschland und auch weltweit, sehr viel in den Köpfen der Menschen bewegen können. Dieses spiegelt sich sehr stark in Kunst & Kultur und eben grad auch in der Musik wieder. Lieder wie „Ein bisschen Frieden“/Nicole oder „Feuerwerk“/Stephan&Nina wären heute wohl undenkbar. Wenn die Atombombe schon auf dem Weg ist und der 3. Weltkrieg an die Tür klopf, hat wohl der Mensch auch den Zenith seines kulturellen und qualitativen Ergusses erreicht…. Durch Ängste kann man sehr viel erreichen, solange man nicht resigniert! Und genau dieses Gefühl wollen wir mit der neuen Sendung „Der Kalte Krieg“ dem Hörer wieder etwas näher bringen, bzw. ihn mit dieser Zeitmaschine in die Zeit des Kalten Krieges schicken.

 

„Der Kalte Krieg“ ist nach „Operation Zeitsturm“ das zweite Album, das einem Konzept zu folgen scheint. Braucht man nach so vielen Jahren im Geschäft ab und an einen Leitfaden, der einem den Weg zeigt?
Eigentlich haben wir immer ein ganz klares Konzept bei jeder unserer Sendungen… „Die Wunderwelt der Technik“, wo es um Produkte mit einer gewissen Mystik ging, oder „Chaos Total“, hier ging es um die Philosophie der Mathematik und die Suche nach der Weltenzahl… Es ist uns immer sehr wichtig, ein Konzept und einen Leitfaden zu haben, da wir den Hörer nicht nur unterhalten, sondern ihn auch informieren und ihn in einer von uns erschaffenen Welt willkommen heißen wollen.

 

Hat dich das Thema des drohenden atomaren Holocaust in deiner Jugend selber stark beschäftigt?
Natürlich! Doch hat man immer mehr die Dinge erfahren, die daraus entstanden sind. Also in erster Line NICHT das Geschichtliche (außer in den Nachrichten), sondern eben eher Dinge wie Feindbild: Russe, die Angst vor der Atombombe und resultierend daraus dann z.B. Dinge wie den Mauerfall, die Wende und die Wiedervereinigung. Komisch, dass das Gefühl dieser Zeit so schnell vergangen ist… und dass epochale Dinge wie z.B. der 11.09.2001 eben so gut wie nichts hervorgebracht haben, außer die absolute Überwachungswelt.

 

Kennt die gute Nicole eure Version von „Ein bisschen Frieden“? Wenn ja, was hat sie dazu gesagt – wenn nein, was denkt ihr würde sie sagen?
Sie würde sich wahrscheinlich an gute, alte Zeiten gerne zurückerinnern. An Zeiten, in denen man noch mit guten Texten etwas bewegen konnte, OHNE mit Floskeln und „Lets make Party“ in die Charts zu kommen.

 

Wird dieses Album für euch selber als ein vollwertiges gesehen? Schließlich sind nicht sehr viele komplett neue Stücke zu hören, viele Covers und Remixe!
Es ist definitiv ein vollwertiges Album! Darüber hinaus auch eine der besten Sendungen, die das Funkhaus je verlassen hat. Die vielen Coverversionen tun hier keinen Abbruch, weil wir eben NICHT die Lieder wie „Fade to grey“, „Sweet dreams“ oder „Das Model“ adaptiert haben, sondern eher unbekannte Lieder, oder Songs, an die man sich niemals rantrauen würde in einem klaren Konzept und in dem Welle:Erdball-Komos zusammenfassen.

 

Im Song „Deutsche Liebe“ besuchst du alle möglichen Ziele in Deutschland, nur Hannover lässt du aus? Kannst du uns sagen wieso?
Ich bin ja fast ein Hannoveraner und habe auch längere Zeit in Hannover gelebt. Hier geht es vielleicht etwas um diese kulturelle Wüste, die ich in Hannover finde und welche nach und wahrscheinlich auch durch die EXPO2000 noch schlimmer geworden ist. Eingefleischte Hannoveraner werden mir am Beispiel Bahnhofs-Passarelle wohl sofort recht geben. Also nichts gegen die Einwohner, sondern eher eine kleine Enttäuschtheit meinerseits über das Aussehen dieser Innenstadt.

 

Wo wir schon bei Hannover sind muss ich eine Frage stellen, die mich länger beschäftigt. Honey, du als alter Szene DJ in Hannover und Umgebung, was ist aus der Disco Szene  geworden? Ich denke da an die 90er im Index, Twillight oder der legendären Music Hall… wo sind diese Zeiten hin?
Das ist wirklich eine gute Frage! Das Hannover Publikum besteht ja mind. zu 50% aus Studenten oder angesichts der Innenstadt auch aus Menschen, die nicht lange in Hannover leben. So ändert sich dieses Publikum halt auch ständig, so dass man Angebote für diese Szene auch immer wieder neu erfinden müsste.

Und nach denen von Dir genannten Dingen ist es auch recht schwer, das noch zu toppen.

Doch sehe ich, vielleicht auch durch Sachen wie den „Ballsaal der Finsternis“, wieder etwas Licht am Horizont.

 

Ihr seid aktiv mit Welle Erdball, Homo Futura, Funkhausgruppe, The Girl And The Robot … eure Energie ist ja schier unendlich, wo kommen all die Inspirationen für so viel Musik her?
Wie es die Pflicht eines Bäckers ist, tagtäglich neue, gute und leckere Brötchen zu backen, so ist es doch an uns als Künstlern, einen großen „output“ zu haben. Und solange es fließt und Spaß macht, sollte man es auch fließen lassen. Obwohl es eigentlich gar nicht so sehr um die Inspiration oder die Vision geht… das hat und kann wohl jeder?! Es geht nur darum, was davon möglich und umsetzbar ist. In der Verwirklichung liegt die eigentliche Herausforderung!

 

Wie hättet ihr reagiert, wenn euch jemand vor 20 Jahren erzählt hätte, was bis 2011 aus Welle:Erdball geworden ist?
Ich hätte ihm wohl prophylaktisch erst mal die Fresse poliert!

 

Hat sich an der Arbeitsweise etwas geändert zwischen „Frontalaufprall“ und „Der Kalte Krieg“? Oder ist die Herangehensweise immer noch die Selbe?
Natürlich nicht! Wir haben uns zum Glück in dieser Zeit sehr stark weiterentwickelt. Im Hinblick auf die neue Sendung ist dieser Weiterentwicklung am stärksten bei Dingen wie Gesang, Konzept und Produktion zu erkennen. Mittlerweile haben wir ja auch absolut unseren „Stil“ erkannt, ge- und erfunden… und auch dieser anfängliche Mikrokosmos wurde in den letzten Jahren in alle Richtungen erweitert. Indessen gibt es ja auch schon genügend Künstler, die sich auch uns inspirieren lassen und sogar Lieder von Welle:Erdball covern. Das heißt ja nun wirklich, dass wir etwas Neues und Eigenes erschaffen haben und darauf sind wir natürlich auch schon etwas stolz!

 

Wie schaut euer Terminkalender für die nächste Zeit aus… Touren, neue Bandprojekte?
Aktuell befinden wir uns in der Tournee zur neuen Sendung „Der Kalte Krieg“, welche Ihren offiziellen Auftakt am 21.10.2011 in Hannover im Emil-Meyer Musik-Zentrum hat. Nach der Konzertreihe ist dann schon 2012… Weiter auf dem Plan steht dann ein kommenden Album „Tanzmusik für Roboter“, wahrscheinlich auch die Veröffentlichung des Filmes „Operation: Atahualpa“ und weitere Projekte.

 

Zum Ende möchte ich wissen, welche Frage ihr in einem Interview niemals gestellt bekommen möchtet?
„Warum gibt es Welle:Erdball nicht mehr?“

Vielen Dank für dieses Interview und bleibt so wie ihr seid!.