INTERVIEW, TOP THEMA

REPTYLE :: Zurück In Die Zukunft

Die Bielefelder Formation veröffentlicht mit „Decrypt the Void“ (-> Review lesen) ein wundervolles Goth-Rock Werk. REPTYLE gehen dabei zurück zu ihren eigenen Wurzeln, um einen Sound zu kreieren, der dann zukünftig für blühende Landschaften im Goth Rock sorgen dürfte. Zudem wird es ab sofort auf dem Olymp des Goth Rocks ein wenig enger. Wem das zu viel Pathos ist, kann gerne mal in den Titelsong rein hören. (andreas)
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Nun aber zum ersten Teil des Interviews:

Erstmal Gratulation zu einem ganz besonderem Werk! Habt ihr nach dem Ausstieg eures langjährigen Sängers daran geglaubt?

Keule: Vielen Dank für das Kompliment! Deine Frage lässt sich nicht mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Von den neuen Songs waren wir schon sehr überzeugt und haben den Großteil bereits vor mehreren Jahren im Studio eingespielt und vorgemischt. Aber umso länger die Suche nach einem neuen Sänger gedauert hat, umso mehr hat man sich natürlich Gedanken darüber gemacht, wie und wann die neuen Songs eigentlich finalisiert und veröffentlicht werden können. Als Kai dann Ende 2019 als neuer Frontmann dazugestoßen ist, war nach den ersten Proben schon klar, dass er super zu uns passt und mit seiner stimmlichen Vielfalt die neuen Songs nochmal auf eine höhere Ebene befördern kann. Nach den ersten Studioaufnahmen waren wir überwältigt und davon überzeugt, dass die neue Platte sowohl durch das Songmaterial als auch durch Kai`s Gesangslinien eine Art „Blaupause“ für ein REPTYLE-Album werden kann, was sich dann für uns auch so bestätigt hat.

 

Das faszinierende für einen langjährigen Fan ist, dass es euch gelingt, das Neue perfekt ins Alte zu integrieren und dabei weder Wurzeln noch neue Blüten scheut. Darf man Reptyle noch mit Reptyle vergleichen?

Keule: Und schon wieder vielen Dank für die Blumen! Unsere Wurzeln scheuen wir nicht, im Gegenteil – auf dem neuen Album haben wir uns bewusst wieder „Back to the roots“ bewegt. Mit dem Vorgänger „Night and the river“ hatten wir uns in eine eher rockigere Richtung entwickelt, und bereits kurz nach dem Release haben wir festgestellt, dass uns unsere alten Scheiben vom Songmaterial und der Atmosphäre her eigentlich besser gefallen, auch wenn sie natürlich damals schlechter produziert waren. So haben wir das musikalische Steuer wieder etwas rumgerissen, das erste dazugehörige Resultat ist unsere „Hibernation“ Split 7″-Single mit THE HOUSE OF USHER, welche Ende 2019 veröffentlicht wurde. Noch deutlicher wird diese Entwicklung allerdings auf dem neuen Album, der Titelsong „Decrypt the void“ basiert übrigens auf Fragmenten des (ur)alten Songs „Summers fading“, den wir vor über 20 Jahren auf den ersten Konzerten live gespielt, aber nie im Studio aufgenommen haben.

 

Welchen Einfluss hatte die Corona Pandemie und die meist damit verbundene Tatsache, dass die Songs nicht mal live ausprobiert konnten?

Kai: Wie jedem anderen Künstler hat uns die Pandemie einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir hatten sogar noch das Glück, dass wir letztes Jahr im Herbst bei der Autumn Moon Fan Edition wenigstens einmal zusammen die Bühne entern konnten. Viele geplante Konzerte sind abgesagt oder mehrfach verschoben worden. Das gemeinsame Proben fiel leider auch für eine lange Zeit flach, so dass wir jetzt dabei sind den „Rost“ abzuschütteln.

 

Es fällt auf, dass in Songs wie „Decrypt the void“ oder „A dreary night unknown“ ein wenig David Bowie Einzug gehalten hat, wie steht ihr zu diesem Vergleich?

Kai: Da fühlt man sich sehr geschmeichelt, denn David Bowie war ein großartiger Künstler und Sänger. Da ich ihn persönlich aber nicht zu meinen musikalischen Favoriten zähle, war ich bei diesem Vergleich doch sehr überrascht. Ich denke, ähnlich wie in der Musik von David Bowie findet man bei uns auch dieses gewisse dunkle und sehnsuchtsvolle Element.

Könnt ihr ein wenig über die Entstehungsgeschichte von „Decrypt the Void „erzählen? Hat es im Endeffekt geholfen, nicht von Live-Konzerten „gestört“ zu werden?

Keule: Ja und nein. Natürlich konnten wir uns mangels Gigs auf die Fertigstellung der neuen Songs sowie auf die Studioaufnahmen konzentrieren. Auf der anderen Seite ist es natürlich immer hilfreich, bei Gigs neue und vielleicht noch nicht 100%ig finalisierte Songs in die Setlist einzubauen, um zu schauen, in wieweit die Songs live funktionieren und wie sie beim Publikum ankommen. Davon ab lieben wir es, live zu spielen, da man hier direkte Reaktionen vom Publikum erhält. Sowohl bereits während der Gigs als natürlich auch beim persönlichen Austausch danach, am liebsten begleitet von ein paar Kaltgetränken.

 

Kai übernimmt gleich die Texterei, wie ist der Einfluss seiner Texte auf die Musik und wie ändert sich das Songwriting anhand von anders gearteter Lyrik?

Keule: Bei uns wurde die Musik schon seit Bandgründung zuhause komponiert, also noch ohne entsprechende Lyrics. Auf das Songwriting haben seine Texte also keinen Einfluss. Erst wenn dann die ersten Rohfassungen im Proberaum angespielt werden, geht für Kai die Arbeit los.

Kai: Die Lieder des Albums waren ja instrumental schon fertiggestellt. Ich habe mich intensiv mit ihnen beschäftigt, um die passenden Gesangsmelodien zu entwickeln. Erst wird die Melodie ausgearbeitet, bei der sich aber meistens schon die thematische Grundidee der Lyrics herauskristallisiert. Wenn die Melodie passt, setzte ich mich an das geschriebene Wort, um es in einen sinnhaften Einklang mit den Melodien zu bringen.

 

Am 28.10 steht in der Turbinenhalle Oberhausen ein ganz besonderes Konzert an. Ihr supportet Fields of the Nephilim. Besondere Vorbereitungen oder heißt es einfach „genießen“?

Keule: Das ist für uns natürlich ein Höhepunkt unserer bisherigen Karriere, da Fields of the Nephilim uns musikalisch sehr beeinflusst haben. Wir bereiten uns generell auf jedes Konzert so gut wie möglich vor, aber dieser Support-Gig ist natürlich etwas spezieller, daher wird die Vorbereitung durchaus intensiver als sonst, wie vielleicht bei einer Fußballmannschaft vor einem wichtigen Derby.
Um also Deine Frage zu Beantworten: Erst die Arbeit, dann der Lohn ??

 

Als ich euch den ersten Teil der Fragen schickte, war dies die letzte Frage. Der 28.10. war Datum des Release und sollte mit dem Konzert gebührend gefeiert. Wie enttäuscht seid ihr, dass das Konzert verschoben wurde und könnt ihr evtl. ein wenig über die Gründe erzählen?

Keule: Natürlich ist die erneute Verschiebung schade (Gründe kennen wir derzeit übrigens noch nicht), aber man sollte sich nicht zu sehr über Dinge ärgern, die man selbst nicht beeinflussen kann. Davon ab – bis zum Mai 2022 ist es auch nicht mehr sooo lange hin, und da wir ja auch beim NEW WAVES DAY 2022 auftreten werden, spielen wir innerhalb von 6 Wochen 2 x in der Oberhausener Turbinenhalle – das hat doch auch was?

 

Die Band:
Kai Roarside (Vocals)
Keule (Gitarre)
Slash (Gitarre)
Dead (Bass)
Gerwin Spalink (Drums)

Discografie:
2000: Monochrome (Demo, Eigenvertrieb)
2001: …Till Life Do Us Part (Demo-EP, Eigenvertrieb)
2002: Descent to Heaven (Demo, Eigenvertrieb)
2011: Corruption E.P. (EP, Équinoxe Records)
2004: A High and Lonely Place (Album, Sonorium)
2007: Consequence (Album, Équinoxe Records)
2014: Night and the River (Album, Équinoxe Records)
2019: Apolysis (Demo, Eigenvertrieb)
2019: Hibernation (Split-Single mit The House of Usher, Equinoxe Records)
2021: Decrypt the Void (Equinoxe Records)