PINK TURNS BLUE
„Black Swan“
(Melancholic Post Punk / Dark Wave)
Wertung: Empfehlung!
VÖ: 28.02.2025
Label: Orden Records
Webseite: Homepage / Facebook / Bandcamp
Mit „Black swan“ veröffentlichen PINK TURNS BLUE ihr mittlerweile 12tes Studioalbum. 1985 gegründet und gleich mit dem Debüt einen Meilenstein deutscher Wave-Musik gesetzt, war es doch ein steiniger Weg, bis man über eine Reunion und dem genialen „Tainted“-Album weitere Meilensteine setzte. „Black swan“ setzt die Tradition fort und insgesamt setzen PTB sich selbst ein Denkmal, es ist nicht das Erste und sollte wohl auch nicht das Letzte sein. Zu gut ist im Gesamtbild diese Musik, zu genial und zum Nachdenken anregend die Texte. Alte Fans verfallen schnellstens kompletter Ganzkörpergänsehaut und genießen mit Rotwein bewaffnet die dunklen Klänge, bzw. decken sich damit an diesen dunklen Tagen damit zu. Sollte morgen die Welt untergehen, nimm neben deinem gerade gepflanzten Apfelbaum mit deinem Kinde platz und genieße.
Es ist ja so, dass man als langjähriger Fan eine besondere Erwartung an so ein Album hat, es sollte zumindest an „Tainted“ reichen und auch meine 80er Seele irgendwie berühren. Bereits bei den vorab veröffentlichten Singles konnte man davon ausgehen, dass auch „Black Swan“ ein großartiges Album wird. Mittlerweile erkenne ich auch Strukturen, die ein wenig an PTB Ende der 80er / Anfang der 90er erinnern.
Das wundervolle „Follow me“ eröffnet das grandiose Werk. Die Melodie ist betörend, der Text führt verwegen zu Dante und der Song endet mit den Fragezeichen erzeugenden Worten: „You need to have faith in divine comedy. You need to let go give up thinking come with me. (So) Follow Me“.
Auch das folgende „Can’t do without you“ brilliert mit einer gradlinigen Melodie, die hier etwas härter daherkommt, bevor im Gesamtkontext sich doch eher eine getragene Stimmung mit leicht poppigem Charme bahn bricht, was auch an dem Text zu liegen scheint, in dem Mic hörbar mit sich ringt, um nicht der Verzweiflung allein die Zügel zu überlassen. Ein Song gegen die Spaltung der Gesellschaft. Die zweite Singleauskopplung „Dancing with ghosts“ beeindruckt mit einer feingliedrigen Melodielinie, die sich schleichend um die Gehörgänge windet.
„Fighting for the right Side“ ist ein kämpferischer Song, der im Mittelteil allerdings eher schwelgerisch als kämpferisch daherkommt. Auch Mic lässt seine Stimme nicht in aggressive Gefilde triften, sondern erzählt seinen Kampf, wie ein Vater diesen seinem Sohn erklären würde.
Ich weiß gar nicht genau warum, aber vom ersten Ton an, hat mich „Why can’t just we move on“ gepackt. Evtl. liegt es an dieser bittersüßen Melodielinie, die sich fast demütig vor der Harmonie verneigt. Die Gitarren sind irgendwie introvertiert und balancieren diesen wehmütige Klangkosmos perfekt. Es folgt das getragene, in Ruhe badende Titelstück. Jedenfalls auf dem erstem Ohr zelebriert sich dieser Song in düsterster Tragik. Erst wenn die Details an die Oberfläche dringen, erkennt man eine leicht unterdrückte Wut im Saitenspiel, welches gar ein wenig zwischen Shoegaze und Garagenrock pendelt. „Like we all do“ nimmt dann reichlich Geschwindigkeit auf und dürfte live durchaus mal eine Pogofraktion vor der Bühne entstehen lassen. Irgendwann muss die unterdrückte Wut auch mal raus, hier ist der perfekte Zeitpunkt. „Please don’t ask me why“ hat dieses düster-kühle Intermezzo. Nebenan lugt die Tragik aus allen Poren und küsst sanft die Muse der Romantik.
Mal abgesehen davon, dass „I can read your name in the stars“ ein wunderschöner Titel für ein Song ist, der in fast jedem Genre irgendwie funktioniert, glänzt dieser galant inszenierter Song mit fast zarten Saiten und einem Atemhauch voller Gefühl. Der Gesang vertieft in der Ambivalenz zwischen verträumt-abwesend und intensiv. Dieser Balanceakt der Stimme ist der perfekte Begleiter der Texte.
Als Finale gibt es das nachdenkliche „Stay for the night“. Es könnte ein Song über Versöhnungssex sein, ist aber wohl so gemeint, dass man das Gehörte in trauter Zweisamkeit verarbeitet und ganz evtl. am Morgen danach die erste Schritte für eine bessere Welt macht, in der wir in Frieden, Sicherheit und Freiheit (weiter) leben können. Für den Moment des Hörens dieser Musik ist unsere Erde trotz aller Krisen ein besserer Ort.
Fazit: Ich bin sprachlos, angesichts dieses in traditionellem Schwarz verfassten und inszenierten Werkes. PTB haben sich erneut selbst übertroffen und sie gehören zu den ganz wenigen Bands, wobei der Rezensent ohne Vergleiche auskommt, da die Band mittlerweile für sich selbst steht. PINK TURNS BLUE ist ein Qualitätsmerkmal. Jeder Song für sich ein Kleinod der dunklen Musik. Im Gesamtgefüge ist es fast gar nicht möglich, die vollständige Elegie des Werkes mit Worten zu umschreiben. Unbedingte Kaufempfehlung und schnell Tickets für die (bereits teils ausverkauften) Konzerte sichern. Die Speerspitze des dunklen Waves hat als funkelnder Diamant die Schmiede des Post Punks verlassen. (andreas)
Deutschland-Konzerte
04.04.2025 – Hamburg, Fabrik
05.04.2025 – Münster, Gleis 22
11.04.2025 – Leipzig, Moritzbastei
12.04.2025 – Köln, Gebäude 9
25.04.2025 – Stuttgart, Club Cann
26.04.2025 – Hannover, Musikzentrum
09.05.2025 – Rüsselsheim, Das Rind
10.05.2025 – Bochum, Langendreer
16.05.2025 – Bremen, Tower
17.05.2025 – Berlin, Lido
23.05.2025 – Nürnberg, Club Stereo
24.05.2025 – München, Feierwerk