INTERVIEW

FERNDAL :: Mit einem Klassikfudament zum Black Metal

Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum (-> Review) machen FERNDAL aus dem Münsterland auf sich aufmerksam, indem sie mit fundierten Klassikkenntnissen dem Black Metal Sound einen eigenen Stempel aufdrücken. Doch mal wieder was anderes, als die allermeisten Bands den Genres. Die besondere Note, die man bei anderen vergeblich sucht, findet mal hier. Grund genug, die sympathische Band um Komponisten und Texter Sorathiel (Bass und Gesang) und Lestaya (Violoncello) mit ein paar Fragen zu löchern. (eller)

 

Ihr habt kürzlich euer Debüt veröffentlicht und kommt grad mit frischen Eindrücken vom DARKTROLL FESTIVAL zurück. Wie war der Gig dort und die Rückmeldung vom Publikum für euch?

Sorathiel: Für uns war der Gig wirklich fantastisch. Mit unserer Performance können wir zufrieden sein und die Stimmung war super. Wir haben am Samstag als erste Band gespielt und glücklicherweise waren tatsächlich schon viele Leute auf den Beinen, die uns super unterstützt haben. Die Rückmeldung war entsprechend gut – auch wenn es wahrscheinlich eher selten ist, dass jemand auf die Leute zugeht und ihnen sagt, dass er sie richtig schlecht fand.

 

Die Band existiert ja erst seit etwas mehr als einem Jahr. Wie habt ihr euch zusammen gefunden, zumal man u.a. zwei Bandmitglieder von EÏS kennt und die dort doch schon ausgelastet sein müssten?

Abarus: Ich bin der letzte im Bunde, der noch hinzugestoßen ist. Bei Alboin war es wohl die Lust, einfach mal wieder Schlagzeug zu spielen, was er ja zuvor über einige Jahre (zumindest öffentlich…) nicht mehr tat. Ich selbst bediene zwar auch bei Ferndal mein Standardinstrument, genieße aber sehr die Abwechslung zu EIS, da die Rangehensweise Songs zu kreieren sowie Spielweise sich in beiden Bands stark unterscheiden. Schon in der Vergangenheit habe ich gern in zwei Bands mitgewirkt, und so musste ich nicht lange überlegen, als Alboin mir an einem Grillnachmittag vom damals noch namenlos aus der Taufe gehobenen Projekt „Ferndal“ berichtete.

 

Wie kamt ihr auf den Bandnamen und was steckt dahinter?

Sorathiel: In der Anfangsphase dauerte es einige Zeit, bis die Band ihre Ausrichtung und ihr Profil bildete. Daher war es schwierig, einen Namen damit zu verknüpfen, der eine feste Bedeutung hat. Deshalb wollten wir von Anfang an keinen englischen oder deutschen Namen, bei dem jeder sofort ein bestimmtes Bild von der Bedeutung hat. Wir hatten mehrere Ideen von alt- und mittelhochdeutschen Worten und haben uns schließlich für dieses altsächsische entschieden. Das „Höllental“ ist als Vorstellung von einem Ort sehr abstrakt und für Interpretation offen. An diesem Ort kann man verschiedene Szenarien spielen lassen, wie wir es in dem Text zum Song „Ferndal“ getan haben oder wie man es etwa auf unserem Albumcover sieht.

Einflüsse aus der Klassik sind in eurer Musik unverkennbar eingewoben. Gibt es da auch einen beruflichen Background in der Band? Oder ist Klassische Musik einfach ein Hobby?

Lestaya: Es ist mein Beruf, ich habe Cello studiert und arbeite als klassische Musikerin. Sorathiel und ich haben uns auf einer Orchesterakademie kennengelernt, für ihn ist es Hobby geblieben.
Das ist einfach die Grundlage von FERNDAL, dass wir zwar Black Metal Songs schreiben, aber das aus einer anderen Richtung angehen.

Sorathiel: Wenn man ein klassisches Instrument lernt, dann hat man wie im Metal die Möglichkeit, immer tiefer in diese „Szene“ einzutauchen. Es gab eine Zeit, in der ich dort viel gemacht habe, aber der Scheidepunkt zur Professionalität ist immer das Musikstudium. Das habe ich dann doch sein gelassen, um etwas Vernünftiges zu machen.

 

Wer ist verantwortlich für das Schreiben der Songs oder macht ihr dieses am Ende gemeinsam?

Lestaya: Sorathiel und ich schreiben die Songs; in der Gestalt, wie sie auf dem Album erscheinen, haben aber meistens alle ihren Anteil. Das liegt jetzt beim ersten Album eben auch daran, dass wir keinerlei Erfahrung hatten, sprich: Wir haben Songs geschrieben, die dann keiner so spielen konnte, das betrifft Gitarren und Drums. Die Arbeit am Material für das zweite Album ist schon wesentlich einfacher, wir haben viel gelernt. Alleine die Tatsache, dass Alboin nach Klick spielt, war mir völlig unverständlich – letztlich geht es jetzt auch gar nicht anders wenn wir die Orgel Samples haben, aber man muss die Songs eben daraufhin anpassen, wenn man es sonst gewohnt ist, frei zu spielen. Das war alles am Anfang sehr ungewohnt, mittlerweile geht es.

 

Gibt es aus eurer Sicht grundsätzliche Unterschiede bei der Herangehensweise beim Schreiben von Songs wie eure mit den Einflüssen Klassischer Musik im Vergleich zu einem „normalen“ (Black) Metal Song?

Lestaya: Kann ich nicht sagen – ich hab ja noch nie einen „normalen“ Metal Song geschrieben! Ungelebtes Leben war mein Versuch, einen sehr simplen, stereotypen BM Song zu schreiben. Das Konzept ist aber nicht ganz aufgegangen.

 

Frage an Sorathiel: Welche Art klassicher Musik bzw. welche Komponisten magst du besonders bzw. haben dich beeinflusst?

Sorathiel: Auf dem Album kann man eigentlich nicht sagen, dass da der Einfluss eines oder einzelner Komponisten hörbar wäre. Das „klassische“ an den Songs ist eher die Herangehensweise an Musik. Persönlich haben mich sehr früh wohl besonders barocke Komponisten beeinflusst, von denen Johann Sebastian Bach für mich einer der vollkommensten ist. Erst als ich anfing, in Orchestern zu spielen, habe ich auch insbesondere die Romantik entdeckt. Primär von diesen beiden großen Stilen ist – neben europäischen Volksliedern – meiner Meinung nach die Musik auf unserem Album inspiriert. Auf dem zweiten Album wird noch mehr dazu kommen.

 

Eine Frage an Lestaya: Was macht das bei euch benutzte Violoncello so faszinierend und passend für die Kombination mit Metal?

Lestaya: An sich ist das Cello wahnsinnig vielseitig, aber im Black Metal trägt vor allem der melancholische Klang – im Orchester gehört das Cello wohl auch zu den Instrumenten, die mit am treibendsten sein können, aber in einer Metal Band geht das völlig unter, gegen den Druck von E-Gitarren komme ich nicht an, das wirkt einfach nicht. Aber als Gegenpol, als glättende Komponente und zugleich als weiteres harmonisch tragendes Instrument funktioniert das hervorragend. Es ist wohl ein bisschen das, was viele Black Metal Bands mit cleanem Frauengesang versuchen, womit ich persönlich mich sehr schwer tue.

 

Mit „Arntor“ von WINDIR habt ihr eine kreative Coverversion auf dem Album. Warum dieser Song und hattet ihr noch andere in der Auswahl?

Lestaya: Spontan hatten wir den Todeswalzer geplant. Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, wie das zu arrangieren wäre, hatte auch schon angefangen, aber das hat nicht so funktioniert wie ich das wollte. Das hatte auch etwas mit den Synthesizern zu tun, an denen ich mich aufgehängt habe beim Abhören. Das Arntor Arrangement haben Sorathiel und ich dann zusammen gemacht, eine erste Aufnahmesession ist leider schief gelaufen aus verschiedenen Gründen, dann hatten wir argen Zeitdruck und ich brauchte sehr schnell sehr gute Musiker, die das mit einer kurzen Probe alles so live einspielen können, innerhalb von anderthalb Stunden. Noten habe ich vorher raus gegeben, glücklicherweise haben sich 2 Dozenten der Musikhochschule Münster bereit erklärt und mit 2 weiteren sehr guten Cellostudenten haben wir das dann so hinbekommen. Für so etwas braucht man wirklich sehr, sehr gute Leute mit viel Kammermusikerfahrung, weil es nicht möglich ist, zu schneiden. Jeder Take klingt völlig anders.

Das Album ist auch auf Vinyl erhältlich. Seid ihr große Vinyl-Fans oder wer hatte die Idee?

Sorathiel: Wenn einer bei uns Vinyl-Fan war, dann am ehesten Alboin. Ich hab vor unserer LP lange keine Schallplatte mehr gehört, habe mich aber in der Hinsicht überzeugen lassen. Die konkrete Idee zur Vinyl-Ausgabe des Albums kam von Einheit und Black Megalith, den beiden Labels, die uns da begleiten. Mir – wie vielen anderen auch – gefällt die Vinyl-Version wesentlich besser als die CD. Wie viel davon aber an dem Tonträger oder an dem anderen Mastering liegt, kann wahrscheinlich nur ein wirklicher Enthusiast sagen.

 

Ein paar Mal konnte man euch schon live sehen. Mit welcher Band würdet ihr gerne mal spielen und was habt ihr dieses Jahr noch geplant?

Lestaya: Dieses Jahr ist im Herbst noch was in Planung, zusammen mit unseren Kollegen von Fjoergyn. Da ist aber noch nicht alles konkret, wird aber hoffentlich bald ankündbar! Das wird Oktober/November sein.
Ich würde extrem gerne mal mit Skálmöld spielen, der Band verdanke ich persönlich sehr viel – ohne Skálmöld hätte ich wohl nicht wieder angefangen, Musik zu machen. Ansonsten sehr gerne mal mit Mistur oder Cor Scorpii, die ich für fantastische Musiker halte.

 

Gibt es darüber hinaus schon einen 5-Jahres-Plan für die Eroberung der Metallandschaft?

Sorathiel: Wir haben im Moment genügend Material für ein zweites Album. Die Sommerpause von Konzerten wollen wir dazu nutzen, das zu veredeln. Und dann werden wir in den nächsten 5 Jahren hoffentlich noch die eine oder andere Veröffentlichung in die Metallandschaft pflanzen!

 

Und zum Schluss noch eine Frage an alle: Welche Alben würdet ihr den Lesern empfehlen?

Skálmöld – Med Vaettum, Horn – Turm am Hang und alles von Mistur (Lestaya)
Helheim – Heiðindómr ok mótgangr, Galar – De Gjenlevende, Solefald – Norrøn Livskunst, würde EIS für mich jetzt als eigene Band zählen? (Sorathiel)