INTERVIEW, TOP THEMA

EDEN WEINT IM GRAB :: Mitternächtliche Schauergeschichten


Das neuen Album von EDEN WEINT IM GRAB ist Teil 2 der „Geysterstunde“(Review hier lesen) und passt sich nahtlos an den Vorgänger an, ist sogar noch einen Schritt besser vom Songwriting. Geisterhafte und spirituelle Geschichten werden musikalisch metallisch bis romantisch dargeboten und transportieren Grusel, Morbidität und Skurrilität nahezu in Perfektion. Tracks mit Ohrwurmcharakter sind ebenso dabei wie gesprochene Geschichten – gruselige versteht sich 😉 Alle sin allem ein guter Grund, die Band näher zu beleuchten. Songwriter und Bandgründer Alexander Paul Blake stand für ein paar Fragen zur Verfügung. (eller)

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„Geysterstunde II“ hat mich ja noch mehr begeister als „I“. Meine Lieblingstracks sind gleich die ersten Drei, aber nicht nur die. Besonders „Nachtexpress nach nirgendwo“ ist ein Kracher. Woher kam z.B. die Idee zu diesem Song?

Alexander Paul Blake: „Zunächst einmal vielen Dank! Es ist so, dass wir versucht haben, wie schon bei ‚Geysterstunde I’ viele bildhafte Themen auch musikalisch entsprechend umzusetzen. Bei ‚Nachtexpress nach nirgendwo’ schwebte mir vor, eine rasante Zugfahrt in einem Geysterzug auch musikalisch zu spiegeln, weshalb der Song für unsere Verhältnisse recht schnell und ruppig geworden ist. Es ist mal wieder eine neue Facette im EwiG-Kosmos, da es uns reizt, unsere Grenzen ständig zu erweitern. Wir haben versucht, einerseits ein Album zu schreiben, das ‚Geysterstunde I’ stilistisch und vom Flair her ähnelt, andererseits aber probiert, in puncto Songwriting, Texte und Produktion den nächsten Schritt zu gehen. Wir empfinden das Album als noch reifer, durchdachter und zwingender – und bis auf wenige Ausnahmen haben uns bislang glücklicherweise alle zugestimmt.“

 

Was hört ihr so für Musik, dass dabei (ich zitiere eure Plattenfirma:) „schwermetallische Schauerromantik“ herauskommt?

APB: „Die Bezeichnung kommt eigentlich von uns 😉 Innerhalb der Band hören wir sehr unterschiedliche Musik und sind keineswegs auf Metal oder Gothic beschränkt. Ich finde es wichtig, musikalisch offen zu bleiben, damit man sich nicht im Kreis dreht. Daher kommt die große Vielfalt in unserer Musik. Es gibt aber keine bestimmte Band, bei der wir uns alle einig wären oder der wir gar bewusst nachfolgen. Wir versuchen, mit EwiG einen eigenen Kosmos zu erschaffen und ich hoffe, man hört allen unseren Kompositionen jene EwiGe Handschrift an. Wichtig ist aber nicht nur der musikalische Aspekt, sondern auch der lyrische, da ich immer bemüht bin, Texte zu schreiben, die poetischer, bildhafter und anspruchsvoller sind als der Metal-Durchschnitt. Da kommt der Dichter und Literaturwissenschaftler in mir durch 😉 Und so ein leichter Bezug auf die (Schauer-)Romantik ist ja auch in vielen Texten erkennbar. Das mag wenig zeitgemäß sein, entspricht aber tiefen Sehnsüchten in mir.“

 

„Ein Wiegenlied in Angst-Moll“ würde ich meiner Tochter nicht unbedingt vorspielen 🙂 Wie sieht das bei euch aus, schon eigene Familie im Hintergrund? Was sagen die oder eure Freude zu den gruselig morbiden, romantischen Texten und der Musik?

APB: „Ich denke, unser privater Hintergrund spielt für die Musik von EwiG keine Rolle. Wir haben ja bewusst alle Pseudonyme gewählt und schlüpfen im Kontext von EwiG in Rollen, um Kunst und Privatleben zu trennen. Man soll unsere Musik genießen, ohne sich über die Hintergründe der Akteure Gedanken zu machen oder mich als Texter persönlich in den Texten suchen. Ich denke, das lässt sich nicht verallgemeinern, aber unser Umfeld schätzt zu großen Teilen, was wir tun und merkt, dass wir es ernst meinen. Doch dass wir unsere Kunst ernst nehmen, schließt natürlich aus, dass es viel schwarzen Humor in den Texten gibt und nicht alles so ernst zu nehmen. ‚Ein Wiegenlied in Angst-Moll’ wäre ein gutes Beispiel dafür, denn es ist doch eine sehr humoristische Weise, sich dem Subjet Albträume anzunehmen.“

Woher nimmt Du die Energie, EwiG, dein Soloprojekt und Winter Solitude Productions immer wieder kreativ und zeitlich zu managen?

APB: „Das sind ja längst nicht alle Hochzeiten, auf denen ich tanze 😉 Ich brauche es einfach, mich kreativ in verschiedener Hinsicht auszuleben und fühle mich nicht wohl, wenn ich nichts zu tun habe. Es ist wie ein Zwang, immer wieder neue Songs zu schreiben und etwas zu erschaffen. Ich habe oft das Gefühl, dass dies meine Aufgabe in dieser Inkarnation ist und ich gar keine andere Wahl habe. Ich habe glücklicherweise einen riesigen Ideenpool, auf den ich zugreifen kann und bin in der Lage, Dinge relativ schnell zu erledigen.
Das Alexander-Paul-Blake-Soloprojekt existiert übrigens nicht mehr. Das Ganze wurde ja zu einer Band verwandelt, die Aethernaeum heißt und auch schon ein Album namens ‚Wanderungen durch den Daemmerwald’ veröffentlicht hat. Wir arbeiten derzeit am Nachfolger. Und Winter Solitude Productions ist ja zum einen einfach die nötige Instanz, um die eigenen Bands zu vermarkten und deren Merchandise an den Mann und die Frau zu bringen, zum anderen aber auch ein Studio. Wir sind gerade dabei, dieses auszubauen und vermehrt auch für andere Bands zu öffnen. Wer mit uns zusammenarbeiten möchte, möge sich nicht scheuen, uns über www.wintersolitude.de zu kontaktieren.“

 

Mittlerweile habt ihr euch fest mit Geige und Cello erweitert. Der nächste logische Schritt?

APB: „Ja, irgendwie schon. Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, dass dies der noch fehlende Mosaikstein war, um die Band noch besonderer zu machen. Es gibt uns musikalisch mehr Möglichkeiten und macht auch auf der Bühne mehr her. Und überdies sind Meyster Melicus und Kalila Karussell auch persönlich eine große Bereicherung. Ich kann glücklicherweise behaupten, dass wir alle auch außerhalb der Band eine gute Freundschaft pflegen und uns alle auch fernab der Konzerte und Proben treffen. Das ist nicht selbstverständlich. Ich hoffe, diese Konstellation wird noch lange harmonieren.“

 

Zu „Die Jenseitsflugmaschine“ gibt’s ein Video. Videos sind ja recht aufwendig zu machen, z.B. gibt’s bei euch auch jede Menge gute Requisiten zu sehen, dazu die Nachbearbeitung. Habt ihr das kostengünstig erstellen können?

APB: „Ja, glücklicherweise. Rainer ZIPP Fränzen, der Regisseur, ist nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein Fan und Supporter der Band, weshalb es ihm eine Herzensangelegenheit war, nach ‚Moritat des Leierkastenmanns’ das nächste Video mit uns zu drehen. Er hat unheimlich viel Zeit investiert. Nicht nur in den Dreh und Schnitt, sondern auch in den Bau der Flugkapsel, die auf seinem Dachboden aus Schrottteilen entstanden ist. Wir waren höchst fasziniert. Auch Transylvania Boucké hat uns selbstlos unterstützt mit dem Bau der Flugmaschine und den tollen Klamotten, die im Video zu sehen sind. Es ist wie so oft, in Zeiten knapper Budgets wäre vieles nicht möglich ohne den unermüdlichen Einsatz von wahren Idealisten.“

10 Jahre nach eurem Debüt gibt’s wieder was neues von euch. Wie lautet euer Zwischenfazit im Rückblick auf diese lange Zeit?

APB: „Es gab ja auch in den letzten Jahren regelmäßig neue Veröffentlichungen 😉 (Anm. d .A.: Frage schlecht formuliert, zugegeben 😉 ) EwiG war ja die ersten Jahre ein reines Soloprojekt von mir. Wenn ich die Anfänge mit der heutigen Zeit vergleiche, ist die Band nun in jeglicher Hinsicht sehr viel professioneller, musikalisch besser und einfach viel weiter. Das ‚früher war alles besser’-Gefühl stellt sich bei mir daher nicht ein. Ich wusste damals ja nicht einmal wirklich, was ich tat, sondern habe mir mit dem Debüt ‚Traumtrophäen toter Trauertänzer’ selbst erst beigebracht, Musik zu produzieren. Der Sound erscheint mir im Nachhinein als ganz schön dürftig, aber vom Feeling her finde ich die Songs nach wie vor interessant. Es war einfach der nötige erste Schritt, um diese Reise zu beginnen. Ich glaube, wir wären heute aber nicht mehr in der Lage, das Album zu reproduzieren, da wir viel größere Möglichkeiten in puncto Songwriting, Instrumentation und Produktion haben. Da reduziert man sich ja nicht wieder künstlich. Daher haben wir auch darauf verzichtet, ‚Traumtrophäen …’ zum zehnjährigen Jubiläum für die aktuell erscheinende CD-Version neu aufzunehmen. Es wäre wohl so anders geworden, dass sich die Geister daran geschieden hätten. Daher habe ich es nur neu gemastert, meine Erinnerungen an die damalige Zeit ausführlich im Booklet festgehalten und sechs Bonus-Tracks spendiert, die ich teils selbst schon vergessen hatte 😉 Ich denke, das ist eher im Sinn der Fans.“

 

Live seit ihr auch recht aktiv. Wie geht’s da in den nächsten Monaten weiter?

APB: „Wir wären gerne noch mehr aktiv an der Live-Front! Für dieses Jahr stehen noch vier Gigs an, insbesondere freuen wir uns auf unser Release-Konzert am 14.9. in der Wabe Berlin, wo wir ein sehr ausführliches Set spielen werden und Molllust, Munarheim und Stimmgewalt im Vorprogramm haben. Wir hoffen, dass sich nächstes Jahr dann noch einige Festival- und Einzelshows ergeben und eine Tour wäre auch mal schön. Ansonsten widmen wir unsere Zeit nun erstmal wieder dem nächsten Aethernaeum-Album, das 2015 erscheinen soll. Ihr hört also bald wieder von uns!“