Live im Badehaus in Berlin am 28.01.2017
Text & Fotos: © Chris // Fotogalerie: a Face in the Crowd
Das sollte ein denkwürdiger Tag werden, schließlich werde ich vier fünftel von GRIFTEGÅRD treffen, mit denen ich im November 2015 auf Tour war und mit denen mich schon eine jahrelange Freundschaft verbindet. Die komplette Gefühlsduselei werde ich euch ersparen, aber es ist wunderbar, dass ich diese Menschen kennenlernen durfte. Love you guys!
Emotional aufgepeitscht schauen wir uns im Badehaus um und ich denke, es ist ein wirklich geiler Club. Sehr roh, aber liebenswürdig. Im späteren Verlauf wird sich auch noch herausstellen, dass der Sound in dem langen Raum wirklich spitze ist, was beiden Bands heute Abend zugute kommen wird.
Als Opener fungiert heute, wie auch auf der ganzen Tour, THE ORDER OF ISRAFEL. Nachdem ich sie beim 2015er HAMMER OF DOOM erleben durfte und nach dem Genuss der neuen Scheibe „Red Robes“, bin ich mächtig gespannt, wie die Band in einer lauschigen Location klingt… sie klingt hervorragend!
Die Band um Tom Sutton spielt einen beinahe einmaligen Mix aus altem Doom Metal und Doom Rock, gepaart mit großartigen Twinleads und mehrstimmigen Chören, und wäre das nicht schon geil genug, haben sie mit Tom noch einen Sänger der wirkliches Wiedererkennungspotential besitzt. Er prägt die Songs, die nach einer Mischung aus BLACK SABBATH, TROUBLE, epischen Schwedenstahl und einer skandinavischen Kauzigkeit klingen und gibt ihnen die ganz besondere THE ORDER OF ISRAFEL-Note, die die Band in meinen Ohren unverwechselbar macht. Allerdings trägt auch besonders Staffan an der Gitarre und zuständig für die Backingvocals und genialen doppelstimmigen Chöre maßgeblich dazu bei, dass der eine oder andere staunend vor der Bühne verweilt und sich dem Sound hingibt. Patrick (b) und Hans (d) treiben die Band bei den schnelleren Stücken ordentlich an und kreieren den Doom-Groove, wenn die Bremse getreten wird.
Es ist spannend zu sehen, dass die Band bereits am ersten Abend der Tour so gut zusammenspielt, denn zumindest ich entdecke keine Fehler; was wohl daran liegt, dass ich ein Fan bin und nicht danach suche und denke, dass Perfektion der Tod des Rock’n’Roll wäre. Aber an der Eingespieltheit des Quartetts erfreue ich mich umso mehr. Leider befürchte ich mitten im Gig, zu betrunken für brauchbare Fotos zu werden und muss einen kurzen Schlenker an die Bar machen, wo es einen unglaublich guten Kaffee gibt. Kleiner Tipp meinerseits: wer mal im Badehaus zu Gast ist, sollte sich einen Kaffee gönnen!
YEAR OF THE GOAT haben nicht immer Stabilität im Line up an den Tag legen können, aber die aktuelle Aufstellung ist nicht von schlechten Eltern. Neben Pope am Mellotron, Don (aka Lord of the Rings) an der Gitarre und Fredrik am Schlagzeug (der bei „Vermillion Clouds“ bestimmt viel Spaß an den Drumfills hat) ist es natürlich Thomas, der mit seiner Stimme verzaubert. Ich möchte meine eigene Tradition aufrechterhalten und schreibe auch diesmal wieder, dass Thomas ohne Zweifel einer der besten Sänger aller Zeiten sein dürfte. Das ist so und das bleibt so. Die beiden „Neuzugänge“ im Ziegenstall sind Joona am Bass und Jonas an der Gitarre, beide zuletzt bei GRIFTEGÅRD aktiv. Besonders Jonas hat einen relativ schweren Stand, hat Per Broddesson doch eine ganz besondere Art zu spielen und das Debütalbum „Angels‘ Necropolis“ auf seine ureigene Weise geprägt. Ich darf allerdings vorgreifen und sagen, dass Jonas heute einfach großartig ist.
Das Besondere an der Band, neben dem unglaublichen Gesang und den wunderbaren Songs, ist sicherlich die Tatsache, dass sie mit drei verdammt starken Gitarristen spielt. Es ist einfach eine Wonne, die drei zu beobachten, wie sie vollkommen synchron spielen, bis einer von ihnen ausbricht und die schönsten Leads spielt. Da wiederum kann man erleben, dass Thomas als Sänger nicht nur eine Alibi-Gitarre um den Hals trägt, sondern ein wirklich großartiger Gitarrist ist, der bei einigen Leads seine Gitarre zum Singen bringt. Ganz großes Occult-70s-Psychedelic-Doom Rock-Theater, meine Freunde.
Die Songsauswahl ist extrem gelungen, denn jede Single, EP und die beiden Alben werden berücksichtigt und die Songs sind so ausgewählt, dass das Konzert einen wahren Sog entwickelt. „The key and the gate“ macht den Anfang, gefolgt von „Vermin“. Ich muss zugegeben, dass ich das zweite Album der Band „The Unspeakable“ sehr geil finde, aber dass man mit „Angels‘ Necropolis“ 2012 einen absoluten Meilenstein der progressiv-okkulten-Rockmusik eingespielt hat. Ich finde einfach alles auf dem Album sensationell und es sollte einen absoluten Ausnahmestatus in der Musikwelt innehaben. Dementsprechend erfreut sich mein Herz und meine Seele an „Spirits of fire“ und dem Übersong „Angels‘ Necropolis“. Seit dem ich diesen Song das erste Mal gehört habe, bin ich jedes Mal wieder der Überzeugung, dass es der ausgereifteste Okkult-Prog-Song seit den späten Siebziger Jahren ist; an diesem Song ist einfach alles perfekt. Ich genieße den Song einfach und lasse die Musik und die Botschaft durch mich hindurch strömen. Ich versuche zwar relativ erfolglos IRON MAIDEN-mäßige „Aaah-Aaah-Aaaah“-Chöre anzustimmen, aber das wird sich schon noch etablieren.
Anschließend kommt mit „Song of Winter“ der neuste Song der Band auf die Bühne und wer die 7“ noch nocht sein Eigen nennt, sollte zuschlagen. „Song of Winter“ ist ein wunderbarer Doom-Chanson, der im Original (genau wie die B-Seite „Strange shadows“) von Francois Hardy stammt- Es ist erstaunlich, wie die Band sich den Song zu Eigen gemacht hat. „Pillars of the south“, „Of darkness“, „Black Sunlight“, „Vermillion Clouds“ und „For the King“ erhöhen das Glücksgefühl der Fans vor der Bühne kontinuierlich und es wird immer wieder deutlich, was für eine großartige Band auf der Bühne steht. Das ist nicht nur subjektives Gesabbel, weil man die Jungs kennt; wer nicht erkennt, was da auf der Bühne abgeht, hat einfach nur keinen Plan. Pope, der gerne auch die unterhaltsamen Ansagen übernimmt, vervollständigt mit seinem Mellotron und den Backingvocals den speziellen Goat-Sound, denn auch wenn drei Gitarren auf der Bühne stehen, regieren die Feinheiten.
Mein persönlicher Hit der Band wurde ja bereits gespielt, aber gemessen an der Reaktion der Fans ist der offizielle „Hit“ der Band eindeutig „This will be mine“, bei dem ordentlich Feedback vom Publikum kommt. Großartig! Als letzten Song des Abends spendiert man uns „Riders of Vultures“ und es ist ein großer Song, der durch seinen manischen Schlussteil wirklich ein tolles Abschiedsgeschenk für die Berliner Gäste ist.
Zugaben gibt es keine, denn um 23.00h beginnt schon das nächste Event im Badehaus, so dass der Raucher- / Backstagebereich für eine Lesung gesperrt wird, aber man kann sich wunderbar an der Theke mit neuen und alten Freunden unterhalten und den Abend wirklich herzlich ausklingen lassen.
Solltet ihr die Möglichkeit haben, die Bands auf Tour zu erwischen, lasst es euch nicht entgehen, denn beide Bands sind etwas ganz Besonderes! (chris)
28.01.17 Berlin, Badehaus (DE)
29.01.17 Osnabrück, Bastard Club (DE)
30.01.17 Hamburg, Hafenklang (DE)
31.01.17 Wiesbaden, Schlachthof (DE)
01.02.17 Arnhem, Willemeen (NL)
02.02.17 Bristol, Exchange (UK)
04.02.17 Oldenburg, MTS Records (DE)
06.02.17 Olten, Coq D’Or (CH)
07.02.17 Milano, Magnolia (I)
08.02.17 Munich, Backstage (DE)
09.02.17 Vienna, Viper Room (AT)
10.02.17 Leipzig, Westwerk (DE)
11.02.17 Siegen, Vortex (DE)