Live im Sinners in Bremen am 20.04.2013
Eigentlich war der Tag für 24 Stunden Party und gute Laune reserviert. Schließlich haben sich Kathi, Michi, Jens und ich schon lange auf dieses Steuner-Wochenende gefreut. Dass es mit der guten Laune nicht durchgehend funktioniert hat, liegt einzig und allein am SV Werder, der sich wieder einmal (wie bereits seit Mitte Januar) in einer desaströsen Form präsentiert. Nach jedem Spiel darf ein anderer die magischen Worte sprechen: „Wir schämen uns…blablabla…bei den Fans entschuldigen…blablabla…“ Hätte eine der Bands des Abends eine solche Leistung abgeliefert, wären die sehr freundlichen Besucher zu Hirnfressern mutiert und hätten die Band um die Ecke gebracht.
Aber der Rockabilly ist dem Kick des SV Werder zum Glück Lichtjahre voraus. Leider haben wir ROSEMARY′S TRIPLETS verpasst bzw. bekommen noch die letzten Töne zu hören, aber für eine fachkundige Meinung reicht es leider nicht. Nächstes Mal, Jungs!
Zuerst müssen wir ja auch ausgiebig im Sinners umherlaufen und uns mit Tom, unserem Army of Zombies-Kollegen und Besitzer dieses geilen Etablissements unterhalten. Er ist zwar immer auf Achse, aber der kleine Plausch war sehr nett. Und endlich haben wir es mal geschafft, bei ihm reinzuschauen. Ich darf sagen, dass das Sinners ein sehr schöner Laden ist, gute Raumaufteilung, lecker Bar und eine in die Ecke gebaute Bühne. Dazu ′n bisschen Licht und, was ganz wichtig ist, ein toller Sound! Daher darf ich allen Rockbillys, Psychos und Rock′n′Rollern dringend empfehlen, diesen Club im Auge zu behalten, denn neben verteufelt guten Bands bekommt man auch eine familiäre Atmosphäre vom Eingang bis vor die Bühne. Sehr geil.
Der Gig ist die Geburtstagsparty für / von Platte, der nun wirklich weiß, wie man feiert. Als zweite Band des Abends hat er sich 56# ALLEY CHAPS geschnappt und die legen richtig gut los. Der Sound ist irgendwo zwischen Rockabilly und Rock′n′Roll und Surf angesiedelt und vor allem der Gitarrensound ist ziemlich geil. Hell und sägend, beinahe Surf-Style. Die Songs sind unterhaltsam und animieren die Leute zum mitmachen, wenngleich die Band es nicht schafft, die Fans zum Explodieren zu bringen. Den kleineren Bands tut es immer gut, wenn man geschickt mal eine Coverversion einstreut und heute Abend kommen wir in den Genuss einer richtig guten Version von „Rebel Yell“. Mir hat die Band Spaß gemacht und ich fand den Gig sehr unterhaltsam.
Als nächstes kommen meine Lieblings-Holsteinbillys auf die Bühne: TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS. Meine persönlichen Headliner und eine meiner Lieblingsbands der letzten Jahre (Danke, Michi!). Tom Toxic erzählt mir vorher, dass ihnen ganz schön die Muffe geht, weil sie das erste Mal seit 6 Monaten wieder gemeinsam auf der Bühne stehen und die Proben auch nicht stattgefunden haben, weil sie sich gerade um ihr drittes Album kümmern. Allerdings kann man diesen Fakt nicht erkennen, während sie auf der Bühne stehen und eine gute Stunde feinsten Rock′n′Roll zelebrieren. Der Einstieg mit „Start frei“, „Das ist Rock′n′Roll“ und „Holsteinbilly“ ist genial, macht er doch unmissverständlich klar, wo′s hingeht, bevor man mit „Keine Zeit, Mama“ zeigt wo man herkommt. „Kreaturen der Nacht“ ist dann einer der „anderen“ Songs, die eine andere Stimmung verbreiten, genau wie „Straßenkreuze“. „Geh mir aus den Augen“ schließt sich nahtlos an „Kreaturen der Nacht“ an und anschließend kommt die JOHNNY CASH-Huldigung „Folsom Prison Blues“…genial wie immer! „Ein Leben (voller Rock′n′Roll)“ ist der wahrscheinlich flockigste Singalong, den die Bande sich jemals ausgedacht hat und sorgt umgehend für gute Stimmung und Tänzerinnen vor der Bühne. Nach der Hymne aller Kuttenträger (vereinigt euch!) („Die alte Kutte“) bekommen wir einen neuen Song vom bald erscheinenden Album: „Vielleicht lag es am Whisky“. Das dürfte quasi der dritte Teil der „Alkohol-Trilogie“ werden und reiht sich thematisch nahtlos zwischen „Jack und Jim“ und „Bruder Alkohol“ ein. Guter Song! Danach kommt mit „Total verrückt“ einer der schönsten und unpeinlichsten Liebessongs, bevor man erkennen muss, dass das Leben ein Glücksspiel ist. „Engel“ wird wohl nie auf einer Platte erscheinen, weil das RAMMSTEIN-Management Angst hat, dass man den harten Hunden das Wasser abgräbt, aber zum Glück (oder leider?) hat sich Stephen King noch nie bei den Holsteinbillys gemeldet und untersagt, dass „Christine“ gespielt wird. Da Mr. King aber ein eingefleischter Rock′n′Roll-Fan ist, würde es ihm sicher nur Freude bereiten. Ich glaube mich erinnern zu können (ich wurde da gerade wieder nüchtern und das verwirrt mich immer ein bisschen), dass der „Hot Rod Rebell“ als letztes Geschoss über die Ziellinie jagt.
Ich hätte der Band noch stundenlang zuschauen und -hören können, aber alles hat ein Ende. Man konnte die Bühnenabstinenz nicht erahnen und gemerkt hat davon niemand was, denn die Band war sehr gut eingespielt, wenn man mal davon absieht, dass Tom sich zwischendurch mal in der Setlist verguckt hat und erst wieder auf den Pfad der Tugend gebracht werden musste, hahaha. Aber das Besondere an TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS ist die Tatsache, dass alle vier Musiker echte Charaktere sind. Also wirklich Musiker, die du auf allen Bühnen dieser Welt wiedererkennen würdest und sowas funktioniert nur, wenn du echt bist. Es ist ein Genuss, Harley am Bass zu bestaunen, wie die Finger über das Griffbrett fliegen und den Rhythmus zu genießen. Ich möchte auch gar nicht wissen, wie viele Fans hoffnungslos in Sweet Babydoll verliebt sind…aber zum Glück sind die Rockabilly-Fans durch und durch gesittete Menschen, sonst müsste sie sich die Verehrer wohl mit ′nem Stock vom Leibe halten. So ein bisschen verliebt bin ich ja auch, aber weniger in die tolle Drummerin (nicht persönlich gemeint, ich bin schon verheiratet!), sondern vielmehr in die geniale Sologitarre von Danny Danger. Wenn er zum Rock′n′Roll-Solo ansetzt, bekomme ich ′n Erpelparka. Ich liebe die Art, wie er die Solos rockt. Tom ist heute sehr aktiv und mit seinen vielen Ansagen extrem unterhaltsam und sympathisch. Von den Texten, über den Gesang bis hin zum Gitarrenspiel sitzt heute (fast) alles. Nur einmal greift er beim Text irgendwie daneben, aber das muss man nicht so ernst nehmen. Das ist Rock′n′Roll!
Jau, der Gig war echt gut und Michi meint, dass sie jedes Mal besser werden. Jens ist ebenfalls der Meinung, dass wir es mit einer verdammt guten Band zu tun haben und Kathi und ich sind sowieso hin und weg. Es gibt eine Handvoll Bands, die ich mir hundertmal angucken würde und TOM TOXIC & DIE HOLSTEIN ROCKETS sind definitiv eine davon.
Unverschämter Weise leert sich nun das Sinners deutlich und zu wenige Menschen erleben den Auftritt von BLUE ROCKIN′. Die Band und das Amboss-Mag sind keine Fremden, denn Michi hatte seinerzeit die CD „Deep from the Heart“ besprochen und ein schönes Interview mit ihnen geführt. Mir selbst war die Musik bisher nicht geläufig, aber Live haben sie mich echt Freude bereitet. Der Rockabilly mit einer kleinen Psychobilly-Note kommt richtig geil und unterhaltsam wie ein Jacky-Cola zum Chillen. Absoluter Pluspunkt ist der rauhe und markante Gesang von Joe Tedesco. Zusammen mit den guten Songs kommt man einer guten Zeit verdammt nahe, zumal man es schafft, einen recht abwechslungsreichen Gig hinzulegen und so ordentlich Unterhaltungswert für′s Geld bietet.
Ich werde demnächst meine Hausaufgaben machen und mich eingehender mit BLUE ROCKIN′ und 56# ALLEY CHAPS beschäftigen, damit ich demnächst auch mal erzählen kann, welche Songs sie gespielt haben. Aber was ich ohne Vorkenntnis sagen kann, ist, dass beide Bands live sehr gut rüberkommen und wer die Chance hat, sie sich mal anzuschauen, sollte davon Gebrauch machen. Gute Unterhaltung für Ohr und Tanzbein.
So, dann ist auch schon Feierabend. Aber die Halle hat sich stark geleert, die Bands sind mit Abbau und im Backstage beschäftigt und wir vier müssen warten, bis um Viertel nach Vier unser Zug fährt. Während wir so da sitzen, Musik hören, Kathi und ich alkoholische Getränke zu uns nehmen und andere schon mal ein Nickerchen einlegen, kommt Tom und vertreibt uns die Zeit mit lecker Pfefferminzschnaps aus der Pulle. Das war lecker, aber dass einem nach „zuviel“ davon das Arschloch zuklebt, kann ich bedenkenlos glauben.
Irgendwann ist es Zeit zum Aufbruch und (to cut a long story short) nach 24 Stunden auf den Beinen kommen wir zu Hause an. Es war ein (überwiegend) geiler, aber richtig anstrengender Tag mit Freunden, den ich gerne schnellstmöglich wiederholen möchte.
Danke an Tom P., Tom T., Babydoll, Harley, Danny und die ganzen netten Leute, mit denen wir gequatscht und eine gute Zeit gehabt haben. You fuckin′ rule! (chris)
Weblinks:
Sinners
Tom Toxic & Die Holstein Rockets
Blue Rockin′
56# Alley Chaps
Rosemary′s Triplets